Im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ schreibt Mary Baker Eddy (S. 298): „Der geistige Sinn, der den materiellen Sinnen widerspricht, schließt Intuition, Hoffnung, Glaube, Verständnis, reife Fülle und Wirklichkeit in sich." Was für eine wunderbare Gabe ist doch dieser geistige Sinn! In seinem ersten Korintherbrief (2:16) bezeichnete Paulus den geistigen Sinn als „Christi Sinn“, durch den die Dinge erkannt werden, die „kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat“ (2:9).
Ein jeder, der auch nur einen Schimmer von Verständnis für die Wahrheiten des geistigen Seins durch das Studium und die Betätigung der Christlichen Wissenschaft erlangt, kann von plötzlicher Erleuchtung und Inspiration berichten, oder auch von einer Eingebung oder Intuition, die ihm in einer gewissen Notlage und bei Überwindung eines schwierigen Problems hilfreich waren. Daher wundert man sich, daß nicht mehr Menschen sich damit befassen, jenen geistigen Sinn zu erlangen, mit dem die geistigen Tatsachen wahrgenommen werden können. Denn dadurch würde man lernen, die materialistische Auffassung von der Schöpfung, wie sie im materiellen Intellektualismus dargelegt wird, zu widerlegen.
Durch Intuition oder geistige Wahrnehmung werden wir von den Beschränkungen des Raumes und der Zeit des sterblichen Bewußtseins befreit. Wir werden uns der Kräfte und Fähigkeiten des göttlichen Gemüts bewußt, der Quelle aller Weisheit und Intelligenz, dem Ursprung aller wahren und vollkommenen Ideen. Mrs. Eddy sagt vom Menschen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 475): „Er ist die zusammengesetzte Idee Gottes und schließt alle richtigen Ideen in sich.“ Somit ist sich dieser wahre Mensch immerdar der vollkommenen Ideenwelt bewußt. Wenn wir uns von allem lösen, was unsere Wesenheit als sogenannte materielle Körperlichkeit ausmacht, und unsere geistige Vereinigung mit unserem Schöpfer erlangen, vermögen wir die leise aber eindringliche innere Stimme der Wahrheit zu vernehmen, die uns führt und uns hilft, Probleme aller Art zu lösen. So ziehen wir „den neuen Menschen“ an (Eph. 4:24), der zu Gottes Gleichnis geschaffen ist.
Ein Christlicher Wissenschafter war einmal in seiner beruflichen Tätigkeit als Leiter eines städtischen Wasserwerkes vor die Aufgabe gestellt, die unzulängliche Trinkwasserversorgung der Stadt kurzfristig in einen ordnungsmäßigen Zustand zu versetzen. Die vorhandenen Quellen gaben nicht mehr genügend Wasser, und man hatte bereits den Bau eines zweiten Wasserwerks an anderer Stelle ins Auge gefaßt, da nach einem geologischen Gutachten das alte Quellgebiet der Stadt weitgehend erschöpft sein sollte. Auf Grund dieses Gutachtens und der Tatsache, daß der tiefere Untergrund des Gebietes stark salzhaltig war, hatte die Landesregierung verboten, bei Brunnenbohrungen in der Gegend ein bestimmtes Tiefenmaß zu überschreiten, da man damit rechnen müsse, auf Sole zu stoßen und dadurch das gesamte Trinkwasser zu verderben.
Die immer schlimmer werdenden Zustände in der städtischen Wasserversorgung verlangten sofortige Abhilfe. Dem Wissenschafter kam nun intuitiv der Gedanke, die vorhandenen Brunnen entsprechend zu vertiefen. Da er bei diesem Unterfangen keine innere Unruhe fühlte und ihn nicht die geringsten Befürchtungen zurückhielten, ließ er auf eigene Verantwortung zunächst einen der vorhandenen Brunnen wesentlich tiefer bohren. Das Wagnis, das ihm bei Mißerfolg Ansehen und Stellung gekostet hätte, hatte ein überraschend günstiges Ergebnis. In entsprechender Tiefe wurde ein Grundwasserbestand angeschnitten, aus dem unter genügendem Druck bestes Quellwasser zutage trat, und aus dem seit der Zeit Stadt und Umgegend mit Trinkwasser reichlich versorgt werden.
Diese Erfahrung und viele andere ähnlicher Art waren dem Wissenschafter Beweis genug, daß das göttliche Gemüt durch das Mittel der Intuition dem Menschen in Zeiten der Not zu Hilfe kommt und ihn heißt, etwas zu tun oder zu lassen, was er sonst normalerweise nicht tun oder lassen würde. Es ist ihm klar geworden, wie notwendig es ist, der inneren Stimme unter allen Umständen zu gehorchen, selbst dann, wenn man dabei möglicherweise der Opposition anderer und dem Zeugnis des materiellen Sinnes entgegenzutreten hat.
Wenn wir die Intuition pflegen und auf die stille innere Stimme der Wahrheit lauschen, werden wir die rechten Ideen in unserem Bewußtsein empfangen, und die Lösung eines Problems wird sich uns enthüllen. Dann dürfen wir nicht davor zurückschrecken, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen, und uns auch nicht scheuen, ganz allein auf dem als richtig erkannten Wege voranzugehen.
Wenn wir den Ruf des göttlichen Gemüts gehört haben und ohne Zögern handeln, werden wir von unerwarteten Seiten Hilfe bekommen. Die zur Verwirklichung unserer Ziele nützlichen Gedanken werden zur rechten Zeit kommen, und die erforderlichen Hilfskräfte werden ganz unerwartet zur Verfügung stehen, so daß die Aufgabe auf die schnellste und möglichst beste Weise gelöst werden kann.
Intuition kommt zur Stillung eines Bedürfnisses, zur Erfüllung eines berechtigten Wunsches oder Verlangens und wird am besten bei zuversichtlicher Erwartung wirksam. Wenn aber Unglaube, Zweifel, Mißtrauen und Befürchtungen die Übertragung stören, dann sind wir nicht imstande, die Stimme des Geistes zu hören.
Die Christliche Wissenschaft offenbart, daß Vorstellungen, die wir beharrlich in unseren Gedanken hegen, in der menschlichen Erfahrung in die Erscheinung treten. Wenn wir uns vor Augen halten, daß im göttlichen Gemüt unendliche Versorgung schon vorhanden ist, daß es also bei Gott keine Probleme gibt, werden wir immer reichlicher mit positiven, aufbauenden und schöpferischen Gedanken gesegnet werden, und das Bewußtsein wird vor dem Eindringen negativer, falscher und niederziehender Suggestionen bewahrt bleiben. Es ist jedoch gut, bei der praktischen Durchführung eines Vorhabens, die aufbauenden Gedanken, die uns kommen, in Anwendung zu bringen. Jede nützliche und wohltätige Erfindung ist zuerst einmal ein inspirierter Gedanke gewesen, und diese Gedanken erscheinen oft zuerst als Einfälle oder Erleuchtungen. Darum ist es weise, auf seine Intuitionen acht zu geben. Die Christliche Wissenschaft ist eine exakte Wissenschaft, die studiert und angewandt werden muß. Je mehr wir sie verstehen und leben, umso mehr erkennen wir intuitiv die besten Möglichkeiten und Wege zum Erfolge und zur Behebung eines Mangels oder Übelstandes.
Diese praktische Religion führt uns fortschreitend zu jenem Standpunkt auf Seiten des göttlichen Gemüts, wo die verdunkelnden und fesselnden Annahmen von Disharmonie — Mangel und Beschränkung — nicht mehr störend auf die sich uns bietenden unbeschränkten Möglichkeiten und günstigen Gelegenheiten einwirken können. Zuversicht, Freude, Glaube und Verständnis begleiten das geistige Wachstum. In dem Maße, wie wir empfänglich werden für geistige Eingebungen und Intuitionen, werden Gelingen und Erfolg in allen unseren menschlichen Angelegenheiten die unausbleibliche Folge sein.