Beim Heilen in der Christlichen Wissenschaft haben wir eine wohlbekannte Regel zu beobachten und zwar, daß wir stets von der Voraussetzung eines vollkommenen Gottes und einer vollkommenen Schöpfung ausgehen müssen. In der Bibel, die, wie Mary Baker Eddy sagt, das Rezept für alles Heilen enthält (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 406), schreibt der Apostel Johannes (1:3): „Alle Dinge sind durch dasselbe [Gott, das Gute] gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.“ Und Christi Jesu Ermahnung war (Matth. 5: 48): „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“
Alles, was wirklich besteht, bringt die vollkommene und ausschließlich gute Natur Gottes zum Ausdruck. So drückt der Mensch, als Gottes Bild und Gleichnis, jetzt und immerdar, Gottes vollständig gute und vollkommene Natur aus. Es ist unerläßlich für die erfolgreiche Ausübung der Christlichen Wissenschaft, daß diese göttliche Tatsache erkannt wird. Daher sollten wir, sobald die Suggestion einer Krankheit, Sünde oder Disharmonie irgendwelcher Art unseren Weg kreuzt, uns unverzüglich an Gott wenden in der Erkenntnis, daß wir nur in dem Maße, wie wir es tun, erwarten können, unsere Behandlung in der rechten Weise zu beginnen. Man geht nicht von Disharmonie aus, wenn man sich Harmonie vergegenwärtigen möchte. Man muß verstehen, was Harmonie ist, mit andern Worten, was Wirklichkeit ist, dann wird das Nichts der Disharmonie ersichtlich. Wenn die Wahrheit fest aufgerichtet ist, dann verschwindet der Irrtum.
So findet man also in der christlich-wissenschaftlichen Arbeit für sich selbst oder andere, daß man die Behandlung nicht mit der Vorstellung eines kranken Menschen beginnen und sie zur Grundlage seiner Arbeit machen kann. Man beginnt vielmehr mit dem vollkommenen Gott als dem Schöpfer und Leben von allem und bemüht sich zu erkennen, daß — weil Gott Alles-in-allem ist — es nichts gibt, das die ewige Harmonie von Gottes vollkommener Idee, dem Menschen, beseitigen, aufheben oder in irgendeiner Weise verändern könnte. Der geistige Mensch ist jetzt — und ist es immer gewesen — unter der Herrschaft von Gottes all-regierendem und unfehlbar vollkommenem Gesetz der göttlichen Liebe. In dem Verhältnis, wie dies erkannt wird, tritt die Heilung in die Erscheinung.
Als Christliche Wissenschafter sehen wir, daß in dem Maße, wie Harmonie für uns die ewige Tatsache des Seins bedeutet, Disharmonie zur Illusion, zur Täuschung wird. Damit zeigt sich, was unsere Arbeit ist. Sie ist die Zerstörung der Illusion; und sie wird vollbracht, indem wir uns fest an den vollkommenen Gott und Seine vollkommene Schöpfung klammern (siehe Wissenschaft und Gesundheit, S. 495).
Der Zweck einer christlich-wissenschaftlichen Behandlung ist, die Illusion zu zerstören. Nichts als der Irrtum — ein materieller Sinn, der, getrennt von dem einen Gemüt, Existenz beansprucht sieht da eine Illusion, wo in Wirklichkeit nur die Gegenwart des Christus besteht. Tatsache ist, daß der Mensch kein Gemüt besitzt, das hypnotisiert werden könnte, und daß er somit nicht zum Opfer dieser Hypnose werden kann.
Der Augenschein der materiellen Sinne zeigt entstellte Bilder des Wirklichen und Wahren, und wir sehen uns oft gezwungen, diesen Augenschein umzukehren und den Menschen in seiner wahren, geistigen Natur wahrzunehmen.
Man mag sich selbst die Frage stellen, wie man am besten den Irrtum aufdecken und den Feind zerstören kann. „Ist es genügend“, fragt man sich, „daß ich Gottes Allheit erkläre — Seine Allmacht und Allgegenwart? Inwieweit ist es nötig, nach dem Irrtum zu graben, nach ihm zu forschen?“ Wir haben es oft durch die Christliche Wissenschaft bewiesen gesehen, daß wir nicht nach dem Irrtum zu forschen brauchen, dennoch mag es nötig sein, unser Bewußtsein zu prüfen, um zu finden, wo wir den Irrtum eingelassen haben — wo wir, infolge von Unwissenheit, Furcht oder Sünde, die Ansprüche des Irrtums als wahr und wirklich angenommen haben. Mrs. Eddy erkannte diese Notwendigkeit und schrieb das Folgende darüber (Wissenschaft und Gesundheit, S. 447): „Um den Anspruch der Sünde zunichte zu machen, mußt du ihn aufdekken, ihm die Maske abnehmen, auf die Illusion hinweisen, dadurch den Sieg über die Sünde erlangen und so ihre Unwirklichkeit beweisen.“
Man mag ein tüchtiger Mathematiker sein und dennoch durch Unachtsamkeit oder Gedankenlosigkeit einen törichten Fehler im einfachen Addieren oder Subtrahieren der Zahlen machen. Die persönlichen Angelegenheiten mögen durch diesen Irrtum beeinflußt werden und es bleiben, bis der Fehler entdeckt wird. Die Tatsache allein, daß der Mathematiker die mathematische Formel kennt, berichtigt den Fehler nicht, bevor er entdeckt ist. Wenn der Irrtum aufgedeckt ist, verschwindet er sofort, sobald die Wahrheit in Erscheinung tritt.
In gewissem Sinne ist es mit uns selbst und unseren mentalen und körperlichen Problemen dasselbe. Wir mögen überzeugt sein, daß wir die Wahrheit über Gott und den Menschen kennen, und in Wirklichkeit tun wir es. Wir mögen glauben, daß wir an dieser Tatsache festgehalten haben. Und doch mag es sein, daß wir bei irgendeiner Gelegenheit die Behauptungen des Irrtums in unser Bewußtsein einließen. Aus Unachtsamkeit wurden sie als wirklich und wahr angenommen. Der Irrtum muß aufgedeckt, die Maske ihm abgenommen und auf die Illusion hingewiesen werden — dadurch wird der Sieg errungen.
Mrs. Eddy sagt (Miscellaneous Writings [Vermischte Schriften], S. 334): „Du mußt den Irrtum als nichts erkennen; dann und nur dann meisterst du ihn mit der Wissenschaft.“ Zuweilen fragt man sich: „Warum kann ich nicht einfach an der Wahrheit festhalten? Genügt das nicht?“ Nein! Der Irrtum bedient sich mesmerischer Mittel, um uns davon abzuhalten, ihn zu meistern. Aber im Augenblick, in dem der Irrtum als das, was er ist, behandelt wird — als eine falsche Annahme — hört er auf zu existieren. Daher scheint der Irrtum um seine Existenz zu kämpfen. Der Irrtum möchte ungestört bleiben. Genau so lange, wie es dem Irrtum gelingt, die Sterblichen dahingehend zu beeinflussen, daß sie ihn zulassen und annehmen, so lange behauptet er, etwas zu sein, mit dem gerechnet werden muß. Der Irrtum muß gehandhabt und als nichts behandelt werden. Dann verschwindet er.
Es ist eine herrliche Lehre, die die Christliche Wissenschaft uns gibt. Durch sie wird Gott, Wahrheit, für uns erkennbar. Dementsprechend wird der Irrtum, der eine kalte, harte Verneinung der Wahrheit ist, als ein Nichts erkannt. Man beginnt, Gott als die einzige Ursache, die einzige Schöpfung, das eine Leben, als Wahrheit, Seele, Geist, Gemüt, Liebe, als das göttliche Prinzip von allem zu erkennen. Diese Wahrheit vom Sein des Menschen wird durch den Christus offenbart, denselben Christus, dessen Macht Christus Jesus in der Zerstörung des fleischgewordenen Irrtums zum Ausdruck brachte.
In dem Maße, wie man diesen Christus als die wahre Natur des menschlichen Seins — des eigenen wahren Seins — annimmt, fängt man an, mehr des Guten in seinen eigenen menschlichen Erfahrungen ausgedrückt zu sehen und zwar auf eine Weise, die man verstehen kann. Man wird aufmerksamer im Überwachen seines Denkens, so daß die Suggestionen des Irrtums nicht mehr eindringen können. Man findet, daß der Christus immerdar gegenwärtig ist. Er ist gerade da, wo der Irrtum, unter welchem Namen auch immer, zu sein scheint. Es ist nicht notwendig dafür zu arbeiten, daß der Christus ins Sein gebracht wird, weil er ja immerdar das eine Göttliche Sein zum Ausdruck bringt. Wir brauchen nur die Illusion zu zerstören, ihre Nichtsheit zu verstehen, und die Gegenwart des Christus wird erkennbar, gerade da, wo er immer gewesen ist und ewiglich sein wird.
Wie gut hat Mrs. Eddy alles, was zu diesem Punkt gesagt werden kann, in folgenden Worten zusammengefaßt (Christian Science versus Pantheism, S. 6): „Schließlich, liebe Brüder, laßt uns fortfahren, das Böse als die trügerische Behauptung, daß Gott nicht allerhaben sei, bloßzustellen und es weiter bekämpfen, bis es verschwindet — jedoch nicht wie einer, der gegen den Nebel schlägt, sondern wie einer, der sein Haupt darüber erhebt und seinen Fuß auf die Lüge setzt.“