Die Christliche Wissenschaft wird nicht mehr als eine „neue“ Religion angesehen, als ein kurzlebiges Wunderkind, das bald in Vergessenheit gerät. Beinahe ein Jahrhundert ist Vergangen, seit Mary Baker Eddy das ewig wirkende Christus-Prinzip erschaute, das in der Heiligen Schrift verzeichnet und erläutert ist, und seine heilende Berührung in ihrer eigenen Erfahrung verspürte. Sie hatte seit ihrer Kindheit die feste Überzeugung von Gottes grundsätzlicher Güte gehegt und hatte während menschlicher Heimsuchungen, die eine weniger tapfere Natur wohl überwältigt hätten, daran festgehalten.
Siechtum, der Verlust ihrer liebsten Nächsten, Armut in den frühen Stadien ihres Wirkens und später ungetreue Schüler, Verfolgungen vonseiten der Kirche, der Presse und der Ärzteschaft — all diesem stellte sich Mrs. Eddy mit gelassenem Mut und unermüdlicher Hingabe an ihr Ziel. Denn nach dem unabweisbaren Beweis der stets verfügbaren Macht Gottes, den ihre Heilung ihr erbracht hatte, war es ihr klar, daß sie diese kostbare Offenbarung mit der ganzen Menschheit teilen mußte. Zur gehörigen Zeit wurde es ihr klar, daß die Kirche Christi, Wissenschafter, gegründet werden mußte, um das ursprüngliche Christentum mit seinem verlorengegangenen Element des Heilens wiederherzustellen, der gleichen Heilmethode, die Christus Jesus vor Jahrhunterten ausübte.
Die Anhänger der Christlichen Wissenschaft sind jetzt gleich großen Heerscharen, und es gibt Zweigkirchen Der Mutterkirche, Der Ersten Kirche Christi, Wissenschafter, in Boston, Massachusetts, in vielen Teilen der Welt. Warum? Weil Heilungen geschehen, Heilungen von Schwierigkeiten aller Art. Durch das Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ wird den ernsten Suchern die Macht Gottes verständlich gemacht. In diesem Buch legt Mrs. Eddy die göttlichen Regeln für die Demonstration der Religion dar, die sie mit dem Namen Christliche Wissenschaft bezeichnete.
Als Ergebnis der Lehren der Christlichen Wissenschaft wird oft das Leben ihrer Anhänger völlig umgestaltet. Die Erfahrung eines Mannes, mit dem die Verfasserin persönlich bekannt ist, mag als Erläuterung dienen. Seit Jahren hatte dieser Mann sich damit gebrüstet, daß er nicht an Gott glaube und daß niemand seine Ansicht durch Bibelzitate ändern könne, da er die Bibel nicht als Wahrheit anerkenne. Er lästerte, frönte dem Rauchen und Trinken, und sein Geschäft war beständig in solchen Schwierigkeiten, daß in seinem Heim oft Mangel und Not herrschten. Auf Grund seiner Unwilligkeit, sich mit seinen Freunden und Verwandten, die Christliche Wissenschafter waren, auf Erörterungen einzulassen, hielten diese unseligen Zustände lange Zeit an. Dann begann er plötzlich aus eigenem Antrieb das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft zu lesen, und das Licht dr Liebe erleuchtete sein Leben. Seine falschen Gewohnheiten verschwanden, sein Geschäft blühte auf, und das Beste war, daß seine ganze Lebensauffassung sich vollständig änderte. Er begann, die Kirche Christi, Wissenschafter, zu besuchen. Er liebte es, von Gott zu sprechen und mehr über Ihn zu lesen und zu lernen. Seine Freunde wunderten sich und sagten von ihm: „Er ist ein anderer Mensch geworden,“ und das war in der Tat der Fall.
Tausende haben ähnliche Erfahrungen gemacht wie dieser Mann; sie sind von Krankheiten geheilt worden, die die Ärzte als unheilbar erklärt hatten, oder sind aus Sünde, Furcht, Haß, Neid, falschen Begierden und Armut herausgehoben worden. Die Christliche Wissenschaft hat ihren segensreichen Einfluß jetzt lange genug auf die Menschheit ausgeübt, so daß mehrere Generationen aufgewachsen sind, die seit ihrer Kindheit nichts anderes als ihre hilfreichen Lehren gekannt haben. Eltern, die Christliche Wissenschafter sind, folgen dem im fünften Buch Mose gegebenen Rat mit Bezug auf Gehorsam gegen Gottes Gebote (11:18, 19): „So fasset nun diese Worte zu Herzen und in eure Seele und bindet sie zum Zeichen auf eure Hand, daß sie ein Denkmal vor euren Augen seien... Und lehret sie eure Kinder, daß du davon redest, wenn du in deinem Hause sitzest oder auf dem Wege gehst, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst.“
Was ist nun die Stellung jener Frau, durch deren Leben selbstloser Liebe all diese Segnungen sich beständig weiterentfalten? Mrs. Eddy machte es während ihres Erdenwallens unmißverständlich klar, daß sie keine persönliche Verherrlichung suchte oder erwünschte. Sie zog sich vom öffentlichen Leben zurück, nahm die Besuche von Hunderten von Menschen, die sie zu sprechen wünschten, nicht an und verwies jene, die der körperlichen Heilung bedurften, wegen Behandlung an ihre Schüler. Viele Jahre lang widmete sie sich gänzlich der Klärung und Vervollkommnung der schriftlichen Erklärungen ihrer Religion und dem Studium der Bedürfnisse der wachsenden Kirche.
Mrs. Eddy wandte das Denken ihrer Nachfolger von ihrem persönlichen Selbst als Führerin hinweg in ihrer Botschaft „Message to The Mother Church for 1901“ (S. 34): „Gehorcht aufs genaueste den herrschenden Gesetzen und folgt eurer Führerin nur insoweit, wie sie Christus nachfolgt.“ Die Tatsache, daß die Kirche fortfährt zu wachsen und daß beständig neue Anhänger ihrer Lehren gewonnen werden, obgleich Mrs. Eddy seit über vier Jahrzehnten nicht mehr persönlich unter uns weilt, ist ein Beweis dafür, daß die Christliche Wissenschaft nicht auf Mrs. Eddys Persönlichkeit gegründet wurde. Dies ist gerade das, was sie wünschte.
Dennoch scheint es wichtig, darauf hinzuweisen, daß die gegenwärtige Generation Christlicher Wissenschafter, die zeitlich so weit von den Gründungstagen unserer Bewegung entfernt ist, sich fragen muß, ob sie liebevolle und wirkliche Anerkennung für das Leben und den Charakter dieser großen Frau empfindet, die die Wissenschaft des Christus entdeckte, die der Meister demonstrierte, und die sie für alle Zeiten verfügbar machte.
Die Angehörigen der Verfasserin wurden während jener Tage Anhänger der Christlichen Wissenschaft, als Mrs. Eddy zurückgezogen in „Pleasant View“, Concord, New Hampshire, lebte. Die Verfasserin war noch ein sehr kleines Mädchen, dennoch erinnert sie sich sehr wohl der tiefen Ergebenheit der Christlichen Wissenschafter jener Tage für ihre Führerin, ihres großen Interesses an jeder ihrer Botschaften, die sie durch die Zeitschriften erreichte, und ihres augenblicklichen Gehorsams gegenüber ihren Bitten an die Mitglieder ihrer Kirche. Die Verfasserin erinnert sich, daß diese frühen Arbeiter gehorsam waren, selbst wenn sie zuzeiten die Bedeutung einer neuen Satzung, die Mrs. Eddy für das Handbuch Der Mutterkirche geschrieben hatte, nicht voll verstanden. Sie wußten, daß sie guten Grund dafür hatten, der geistigen Schau ihrer geliebten Führerin zu vertrauen, da sie während all der Jahre Zeugen des wunderbaren Wachstums ihrer Kirche gewesen waren. Sie sahen sie gelassen die Stürme des Hasses überstehen; sie sahen sie eine gerichtliche Einmischung in ihr Privatleben erdulden und bösartige Versuche, ihre Mission zu verdrehen und ihren Charakter völlig falsch darzustellen, ertragen. Diese frühen Christlichen Wissenschafter liebten ihre Führerin mit einer Treue und Hingebung, die nicht persönlich war, die jedoch ein gewisses Maß verständnisvoller Einsicht in das von ihr gelebte Leben und die Liebe, die sie verkörperte und veranschaulichte, in sich schloß.
Es ist nicht genug, gelegentlich seine Dankbarkeit für Mrs. Eddy und ihr Werk zum Ausdruck zu bringen. Es ist nur richtig, dankbar für Segnungen zu sein, aus welcher Quelle sie auch stammen mögen, aber von jenen, die echte Anhänger der Christlichen Wissenschaft sein wollen, wird mehr verlangt. Ein tiefgehendes Studium des Lebens Mrs. Eddys wird den Christlichen Wissenschaftern helfen, die treibenden Beweggründe ihres Lebens zu erkennen — eine vollständige Selbstaufopferung und eine Liebe, die groß genug war, die ganze Menschheit zu umfassen. Diese und andere geistige Eigenschaften befähigten sie, die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft zu empfangen und den Mut und die Ausdauer aufzubringen, andere diese Wissenschaft zu lehren, obgleich es bedeutete, als Entgeld dafür ein Leben der Verfolgung und des Mißverstandenwerdens auf sich zu nehmen.
In einer von Feindseligkeiten und beständigen Kriegsdrohungen zerrissenen Welt können wir viel, sehr viel, von Mrs. Eddys Art lernen, sich zu jenen einzustellen, die sich ihre Feinde nannten. Bei verschiedenen Anlässen sagte sie, daß sie keine Feinde habe, und sie weigerte sich, jene zu hassen, die sie haßten. Sie vergalt niemals Böses mit Bösem und sie weigerte sich, selbst die Erinnerung an persönliche Heimsuchungen zu bewahren. „Ein wirklicher Christlicher Wissenschafter“, erklärt sie in „Miscellaneous Writings“ (Vermischte Schriften, S. 294), „ist etwas Außerordentliches, ein Wunder in der Welt des sterblichen Gemüts. Mit selbstloser Liebe schreibt er die lebendige, fühlbare Gegenwart — die Macht und Hoheit! — der Güte auf das Herz der Menschheit und überträgt sie in das Buch der Wirklichkeit.“
Wenn jeder von uns dahin gelangt, Mrs. Eddy gebührend zu schätzen, indem wir lernen, die echten Christlichen Wissenschafter zu sein, die sie in dem eben zitierten Absatz beschreibt, so werden wir fähig sein, ihre liebevolle Einladung anzunehmen, über die Lehren der Liebe nachzudenken. Sie schreibt (ebd., S. 207): „Lernt ihren Zweck verstehen; trinkt mit mir — in der Hoffnung und dem Glauben, worin das Herz dem Herzen begegnet, zum gegenseitigen Segen — von dem lebendigen Wasser des Geistes meines Lebenszweckes: — der Menschheit die reine Erkenntnis der anwendbaren, wirksamen Christlichen Wissenschaft einzuprägen.“
    