In der Bibel lesen wir den inspirierenden Bericht über den mutigen festen Standpunkt, den Paulus einnahm, als der römische Hauptmann, der ihn gefangen genommen hatte, befahl, daß man ihn geißeln und verhören sollte. Als die Soldaten ihn mit Riemen anbanden, um den Befehl auszuführen, sagte Paulus zu einem Unterhauptmann (Apg. 22:25): „Ist's auch recht bei euch, einen römischen Menschen ohne Urteil und Recht zu geißeln?“ Der Bericht fährt fort: „Da kam zu ihm der Oberhauptmann und sprach zu ihm: Sage mir, bist du römisch? Er aber sprach: ja.“
Ein Bibelkommentar erläutert diese Stelle folgendermaßen: „Ein Oberhauptmann, der schon dem römischen Gesetz zuwider gehandelt hatte, indem er Paulus fesseln ließ, entdeckte zu seinem Erstaunen, das er „frei geboren“ (nach engl. Bibelübersetzung) war, d.h., daß er das römische Staatsbürgerrecht durch seinen Vater erlangt hatte, während er selbst, Claudius Lysias, dieses Bürgerrecht hatte erkaufen müssen.“ Gemäß dem biblischen Bericht bewirkte diese unerschrockene Haltung des Paulus das folgende Resultat: „Da traten alsobald von ihm ab, die ihn befragen sollten.“
Die Christliche Wissenschaft ist in die Welt gekommen, um die herrliche Botschaft zu verkünden, daß alle Menschen „frei geboren" sind. Doch wir müssen, wie Paulus, unsere Befreiung von ungerechter Verurteilung für uns beanspruchen. Wenn Paulus zu denen, die ihn gefangen hielten, nichts über die Umstände seiner Herkunft gesagt, noch auf sein Geburtsrecht Anspruch erhoben hätte, so wäre er zweifellos gegeißelt worden, und zwar nicht, weil er solchen Gesetzen und Urteilen unterworfen war, sondern weil er nicht auf seine Befreiung als Römer Anspruch erhoben hätte.
„Doch“, mag hier jemand fragen, „was soll ich tun, um meine Befreiung von den ungerechten Gesetzen der Krankheit, Unzufriedenheit und Begrenzung zu beanspruchen?“ Vor allem sollte er sich fragen: „Kommt diese Disharmonie von einem alliebenden, guten Vater, der nicht imstande ist, etwas hervorzubringen, das das gerade Gegenteil von Ihm selber darstellt?“ Die Antwort ist: „Nein!“ Und dann sollte er erklären: „Da solche Disharmonien nicht von dem allmächtigen, allgegenwärtigen und allwissenden Vater kommen, haben sie keinen Grund, keine Ursache, kein Prinzip und keine Autorität; und ich erhebe Anspruch auf völlige Befreiung von ihnen gemäß dem göttlichen Gesetz.“
Aber was ist Gottes Gesetz? Mary Baker Eddy gibt uns in ihrem Buch „Nein und Ja“ (S. 30) eine sehr definitive und bündige Definition mit den folgenden Worten: „Gottes Gesetz ist in den Worten enthalten:, Ich bin [das] All‘. Dieses vollkommene Gesetz ist stets gegenwärtig, um jeden Anspruch eines andern Gesetzes zurückzuweisen.“ Hierin besteht unsere Autorität! Gottes Gesetz ist eine immer gegenwärtige, allmächtige Kraft und erhält Gottes Schöpfung, wie Er sie erschaffen hat — in einem Zustand geistiger Vollkommenheit.
Es bedarf großer Hingabe und Wachsamkeit seitens jeden Christlichen Wissenschafters, nicht durch mentale Beeinflussung dazu gebracht zu werden zu glauben, daß irgendein sogenanntes materielles oder medizinisches Gesetz Macht habe über seine Gesundheit, und daß eine Krankheit oder ein Unfall ihn zum Krüppel machen oder seine Tätigkeit und sein Wohlergehen beeinträchtigen könne. In ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ gibt Mrs. Eddy uns diese aufrüttelnde Erklärung (S. 380): „Jedes Gesetz der Materie oder des Körpers, das den Menschen angeblich regiert, wird durch das Gesetz des Lebens, Gottes, null und nichtig gemacht. Weil wir unsre gottgegebenen Rechte nicht kennen, unterwerfen wir uns ungerechten Verordnungen, und die einseitige Beeinflussung durch die Erziehung zwingt uns diese Knechtschaft auf.“
Wir hören von allen Seiten von den falschen Gesetzen, mit denen das sterbliche Gemüt die Menschen zu fesseln sucht. Sie erscheinen in Druck in Zeitungen und Zeitschriften, werden über den Rundfunk dem lauschenden Ohr eingeflößt, und sogar dem Auge durch den Fernseher dargeboten. Diese böse Propaganda wird durch die materiellen Sinne übermittelt. Es geschieht gewöhnlich ohne böse Absicht, oft sogar in dem aufrichtigen doch irrigen Bemühen, den Menschen zu helfen.
In der Christlichen Wissenschaft lernen wir, daß der Augenschein der materiellen Sinne nicht als glaubwürdig und gültig angenommen werden sollte. Nur das, was Gott, das Gemüt, uns über die Allgegenwart von Leben, Wahrheit und Liebe mitteilt, sollte als wahr angenommen werden. Laßt uns dessen eingedenk sein, daß die Massenannahmen der Volksmenge Paulus nicht davon abhielten, sein Geburtsrecht auf Freiheit unter dem römischen Gesetz geltend zu machen. Ebensowenig können wir davon abgehalten werden, uns zu weigern, von dem Sinnenzeugnis hypnotisiert zu werden, und unsere Freiheit unter Gottes Gesetz geltend zu machen.
Dank der Offenbarung der Christus-Wahrheit, wie sie in der Christlichen Wissenschaft dargelegt wird, brauchen wir nicht länger in Unkenntnis über unsere „gottgegebenen Rechte“ zu sein. Doch ist es nicht genug, sie zu kennen. Wir müssen kraftvoll und beharrlich Anspruch erheben auf unsere gottgegebene Freiheit von allem materiellen Sinnenzeugnis und allen materiellen Gesetzen. Da Gott, das Gemüt, frei von allem Bösen ist, folgt notgedrungen, daß der Mensch, das Bild und Gleichnis Gottes, ebenfalls frei von Sünde, Krankheit und Tod ist.
Die Verfasserin hatte eine Erfahrung, die ihr diese Wahrheit sehr eindrucksvoll klarmachte. Eines Tages, als sie eine Freundin zu Besuch hatte, mußte sie das Bett hüten, da sie sehr starke Kopfschmerzen hatte. Ihr Gast, eine Christliche Wissenschafterin, hatte für sie die Wahrheit über den Menschen als Gottes Bild und Gleichnis erklärt, und die Verfasserin selbst hatte gebeterfüllt in dem gleichen Sinne gearbeitet. Am Nachmittag hatten die Kopfschmerzen noch nicht nachgelassen; und sie begann, an Paulus und den obenerwähnten Vorfall in seinem Leben zu denken.
Plötzlich wurde es der Verfasserin klar, daß diese Kopfschmerzen gewißlich das Resultat eines ungerechten Gesetzes waren, das sie davon abhalten wollte, sich ihrem Gast und ihrer Familie liebevoll zu widmen. Ebensowenig wie Paulus brauchte sie sich einem angeblichen Gesetz zu unterwerfen, das den Menschen gar nicht regierte. Sie erhob Anspruch auf GGottes Gesetz: „Ich bin das All“ und fand es in der Tat „stets gegenwärtig, um jeden Anspruch eines andern Gesetzes zurückzuweisen“. Sie war geheilt und konnte sich nun freudig ihrem Gast und ihrer Familie widmen.
Später drückte die Verfasserin bei einer Mittwochabend-Zeugnisversammlung ihre Dankbarkeit für diese Heilung aus und besonders für die Inspiration, die sie dadurch empfangen hatte. Gleich nachdem sie gesprochen hatte, stand ein junger Mann auf und sagte, daß er eine ganz ähnliche Erfahrung gehabt hätte. Auch er wäre eines Morgens mit heftigen Kopfschmerzen zur Arbeit gegangen, beängstigt bei dem Gedanken, wie er wohl in solchem Unbehagen den Tag verbringen könnte.
Auf dem Wege kam er an einem Zeitungsstand vorbei, wo die Morgenblätter auslagen. Die Schlagzeilen eines dieser Blätter erregten seine Aufmerksamkeit. Sie lauteten: „Beruft euch auf das Gesetz.“ Zwar bezog sich die Zeitung auf eine industrielle Streitfrage, und forderte zur Geltendmachung eines materiellen Gesetzes auf. Doch diese Worte: „Beruft euch auf das Gesetz!“ weckten ihn auf, und er dachte: „Ja, natürlich, das ist alles, was ich zu tun brauche — nämlich Anspruch erheben auf das Gesetz Gottes, das mir Herrschaft verliehen hat über alles Böse.“ Die Wahrheit, daß er die Widerspiegelung des vollkommenen Gottes war, entfaltete sich ihm immer klarer, während er weiterging, und ehe er sein Büro erreichte, war er vollkommen geheilt.
Wenn man zum ersten Mal eine Zeugnisversammlung der Christlichen Wissenschaft besucht und den Ausdruck der Dankbarkeit für Heilungen und für Schutz vor Unfällen hört, könnte man, wenn man mit der Christlichen Wissenschaft nicht vertraut ist, zu dem Schluß kommen, daß die Zeugnisgeber glauben, sie seien besonders begünstigt und für besondere Segnungen ausersehen, vor allen anderen Menschen — einfach, weil sie sich Christliche Wissenschafter nennen. Doch nichts könnte weiter entfernt von der Wahrheit sein. Tatsache ist, daß ein jeder die Segnungen Gottes empfängt, die doch wahrlich das Geburtsrecht aller sind; aber durch die Christliche Wissenschaft lernen wir, Anspruch zu erheben auf das, was uns von unserem Vater-Mutter Gott verliehen worden ist.
Mary Baker Eddy sagt zu allen Menschen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 227): „Bürger der Welt, nehmt die herrliche, Freiheit der Kinder Gottes‘ an und seid frei! Das ist euer göttliches Recht.“ Laßt uns also alle unsere göttlichen Rechte unter Gottes Gesetz erkennen und immer bereit sein, uns auf das Gesetz zu berufen.