Christus Jesus empfahl einst ein Gebet, das jeder seiner Nachfolger demütig überdenken sollte. Als er die Siebzig auf ihre Heilmission aussandte, sagte er zu ihnen (Luk. 10:2): „Die Ernte ist groß, der Arbeiter aber sind wenige. Bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter aussende in seine Ernte.“ Er befahl diesen Männern, die Kranken zu heilen, wo sie willkommen geheißen würden, und zu verkünden, daß das Reich Gottes nahe sei.
Wenn der Christliche Wissenschafter, dem Meister gehorsam, in dieser Weise betet, so weiß er, daß er nicht andere auffordern darf, rege Kirchenmitglieder, eifrige Arbeiter oder Ausüber zu werden, während er selbst in einem weniger verantwortlichen Gemütszustand verharrt. Er betet dieses Gebet in erster Linie für sich selbst. Er läßt den Geist Gottes in sein Herz ein und bereitet sich auf die Aufgabe vor, das Christentum als die große Wissenschaft zu beweisen, die es ist. In seinem eignen Denken läßt er die Sehnsucht reifen, die Kranken und Reuigen, die Bekümmerten und die geistig Hungrigen trösten zu können.
Unser Eifer als Arbeiter in der Ernte der Christlichen Wissenschaft steht in genauem Verhältnis zu unserm tatsächlichen Bewußtsein der wahren Idee vom Sein. Wenn man erst einmal einen Lichtblick von der Substanz der Schöpfung Gottes erhascht hat, die geistig ist und von Gott beherrscht wird, so ist man eifrig bemüht, mehr von diesem Reich des Geistes ans Licht zu bringen. Inspiration und andächtiges Zielbewußtsein beweisen, daß der Wissenschafter den göttlichen Willen in sich wirken läßt. Er weiß, daß nichts anderes wichtiger sein kann als die Aufgabe, der Menschheit die Wahrheit zu enthüllen. Flauheit und Gleichgültigkeit zeigen an, daß der Mensch sich noch in Unwissenheit über die Bedeutung des Erscheinens der Christlichen Wissenschaft in der Welt befindet.
Mary Baker Eddy erkannte die Substanz, Ordnung, Macht und Wirklichkeit des geistigen Himmelreichs so klar, daß ihr Eifer dafür keine Grenzen kannte. In ihren Bemühungen, der Menschheit die Wahrheit zu bringen, schreckte sie vor keiner Aufgabe zurück. Sie kannte die Freude der Arbeit und ihren Lohn. Sie sagt in ihrem Werk „Vermischte Schriften“ (S. 338): „Der Glaube, der durch Werke veranschaulicht wird, das geistige Verständnis, das nicht anders kann als arbeiten und lieben, die Hoffnung, die inmitten des brodelnden Bösen unerschütterlich am Guten festhält, die Liebe, die langmütig und freundlich ist, die Sünde aber nicht vergibt, sie sei denn zerstört — diese sind die einzige Richtschnur, die ich finden konnte, um die Christliche Wissenschaft zu verwirklichen.“
Die Jahresversammlungen Der Mutterkirche erinnern uns lebhaft an die Bereitwilligkeit unserer Führerin, im Weinbarge der Welt zu arbeiten, sowie an ihren Erfolg in dieser Arbeit.
Die Geschichte beweist die Neigung der Mehrzahl, ihre Verpflichtungen leicht zu nehmen und die Wenigen die wirkliche Arbeit verrichten zu lassen, die den Willen Gottes darstellt. Wenn es uns jedoch klarwird, daß jeder einzelne die unerläßliche Verantwortung hat, die Wahrheit aller Dinge zu beweisen, wie es die Christliche Wissenschaft lehrt, beeilen wir uns, dieser Verpflichtung nachzukommen. Niemand kann die Tatsache einfach beiseitesetzen, daß man Gott allein dadurch anbeten kann, daß man auch den Wahrheiten gemäß, die man bekennt, lebt und sie demonstriert. Jeder einzelne muß schließlich seinen Daseinsbegriff von den oberflächlichen materiellen Annahmen gegen solide geistige Wahrheiten austauschen. Er muß die Ernte der rechten Ideen für sich selbst und die Welt einsammeln helfen.
Wahre Gottesverehrung ist wahre Arbeit. Diese Arbeit besteht nicht aus mühsamen Anstrengungen, sondern aus einer tief befriedigenden Wirksamkeit, die reich an Inspiration ist und geistig belohnt wird. Rechte Arbeit erfordert völlige Vergeistigung des Denkens, die geistige Erneuerung herbeiführt und dazu bestimmt ist, uns zu der Erfahrung zu leiten, die uns über den sterblichen Sinn vom Leben erhebt. Die Himmelfahrt Christi Jesu deutet auf das Ziel des Christen hin.
In ihrem Werk „Unity of Good“ (Die Einheit des Guten) sagt Mrs. Eddy über den Wegweiser (S. 11): „Er forderte eine Veränderung des Bewußtseins und des Beweises, und er brachte diese Veränderung durch die höheren Gesetze Gottes zustande.“ Wenige Zeilen weiter unten sagt sie über die göttliche Methode des Meisters: „Für Jesus bedurfte es weder der Zeitläufe noch der Gedankengänge, um zur Tauglichkeit für die Vollkommenheit und ihre Möglichkeiten heranzureifen. Er sagte, das Himmelreich sei hier und im Gemüt inbegriffen; und während ihr sagt: es sind noch vier Monate, und dann kommt die Ernte, sage ich: blicket aufwärts, nicht hinab, denn eure Felder sind schon weiß zur Ernte; und sammelt die Ernte durch gedankliche, nicht materielle Verfahren.“
Um dem Meister gehorsam „eine Veränderung des Bewußtseins und des Beweises“ hervorbringen zu können, muß man verstehen, daß der Mensch, das geistige Ebenbild Gottes ist, ein individuelles Bewußtsein, das die Widerspiegelung des göttlichen Gemüts darstellt. Das wirkliche Bewußtsein ist das wahre Selbst, reif für die Ernte, weil es immerdar bereit ist, in seiner ewigen Vollkommenheit offenbart zu werden. Die Wissenschaft des Christentums enthüllt, daß alle Einzelwesen, alle bewußten Wesenheiten, deutlich verschieden voneinander sind, und daß jede in ihrer bestimmten Selbstheit verharrt und unveränderlich in ihrer Substanz ist. Wenn die wirkliche Wesenheit enthüllt wird, so wird das menschliche Selbst von Sünde geläutert, von Krankheit geheilt, und von der Knechtschaft des Mangels erlöst.
Man erkennt, daß jeder Fortschritt in der Geschichte der wahren Gottesverehrung einen Schritt vorwärts in der Richtung zur völligen Befreiung des menschlichen Bewußtseins von den Täuschungen des körperlichen Sinnes bedeutet. Während der sich entfaltenden Jahrhunderte sind beständig Fortschritte mit Bezug auf die Trennung des irrigen Begriffs von der wahren Wesenheit gemacht worden. Individuell und kollektiv haben sich aufgeklärte Menschen gegen Ungerechtigkeit, Furcht und die Beschränkungen der Materie aufgelehnt und für ihre Zerstörung gewirkt. All diese Auflehnungen trugen dazu bei, die Menschheit zu der Zeit der reifen Ernte zu bringen. Jetzt wird durch die Wissenschaft erklärt, daß das materielle Bewußtsein irrig ist, daß es lediglich die Spreu ausmacht, von der Jesus erklärte, daß sie verbrannt werden müsse, und daß die Ernte die Demonstration des sündlosen, geistigen Menschentums darstellt.
Die alte Methode, die Sterblichen zu vervollkommnen, ist durch die Christliche Wissenschaft überwunden worden, die Schritt für Schritt den sterblichen Sinn vom Selbst gegen den wirklichen austauscht. Wie wir wissen, ist das unsterbliche Selbst schon hier, und der Beweis hierfür wird durch die Gesundheit und Reinheit des Denkens erbracht, die die Wissenschaft demonstriert. Wir haben Erfolg mit unserer Erntearbeit, wenn wir durch das Heilen der Kranken und Sündigen die Macht des wirklichen Selbst über das unwirkliche beweisen.
Der dauernde Erfolg der Bewegung, die unsere Führerin mit ihrer geistigen Arbeit gründete, beruht auf der Teilnahme der Mitglieder ihrer Kirche am Heilungswerk. Die Wissenschaft muß als die demonstrierbare Wahrheit erkannt werden. Unermüdliche Arbeit ist unsere Pflicht, wenn die weitesten Kreise der Welt der offenbarten Ordnung und Harmonie teilhaftig werden sollen, die die Christliche Wissenschaft bietet. Für die Lösung der Probleme unserer Zeit wird das ganze Herz jedes einzelnen Wissenschafters benötigt.
Mrs. Eddy sagt in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 269): „Gott hat die Sichel geschwungen, und Er trennt die Spreu von dem Weizen. Diese Stunde ist im Hochofen der Seele geformt. Ihre Ernteglocken erklingen weltweit, weltbekannt und weltumfassend. Der Weinstock trägt reiche Frucht; die Strahlen des Rechts bringen Heilung mit ihrem Licht.“
