Es gibt niemals einen begrenzten Menschen! Die Heilige Schrift erklärt, daß der Mensch zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffen ist. Sie erklärt auch, daß Gott unendlich ist. Hieraus ergibt sich, daß der Mensch, das Bild und Gleichnis des Unendlichen, ebenfalls unendlich sein muß, d.h., daß er in jeder Eigenschaft unbeschränkt sein muß. Als Ausdruck oder Wirkung der göttlichen Ursache aller Schöpfung ist der Mensch in bezug auf Gesundheit, Zufriedenheit, Tätigkeit und Fülle unbeschränkt. Das ist die Wahrheit, die überall und ewig gegenwärtig ist, unabhängig davon, was das menschliche Bewußtsein von dem Menschen zu halten scheint. Die Christliche Wissenschaft ruft diese Wahrheit nicht erst ins Leben, sondern sie enthüllt sie als gegenwärtige Tatsache — eine Tatsache, die wir nur anzunehmen brauchen, um sie in unsre Erfahrung zu bringen.
Das noch nicht erwachte menschliche Bewußstsein, d.h. das menschliche Bewußtsein, welches das Licht der Wahrheit, wie es in der Christlichen Wissenschaft offenbart wird, noch nicht angenommen hat, glaubt, daß der Mensch in jeder Hinsicht begrenzt sei. Es glaubt, der Mensch sei ein körperlicher Sterblicher, der in bezug auf seine Gesundheit, sein Glück, seine Zufriedenheit, seine Versorgung und seine Tätigkeit überall eingehemmt und begrenzt ist. Da dieser unaufgeklärte, falsche Bewußtseinszustand jene Annahmen als wahr angenommen hat, sieht er überall Begrenzung. Doch diese falsche Vorstellung vom Menschen, dieser begrenzte sogenannte Mensch, ist nicht wirklich noch wahr.
Mary Baker Eddy, die in ihrem Buch „Rückblick und Einblick“ den „menschlichen Begriff“ behandelt, erklärt (S. 67): „Die erste widerrechtliche Kundwerdung der Sünde war Endlichkeit.“ Die erste Kundwerdung der Sünde in dem menschlichen Bewußtsein ist eine Vorstellung von Begrenzung. In dem Satz, welcher der eben zitierten Stelle vorangeht, deutet Mrs. Eddy an, daß die Sünde auch eine Vorstellung der Trennung von Gott einschließt. So kommen wir unvermeidlich zu der Schlußfolgerung, daß eine Vorstellung von Begrenzung nur die Kundwerdung des Glaubens ist, daß der Mensch von Gott getrennt sei — vielleicht von Ihm erschaffen, aber dann losgelassen, um ziellos herumzuirren, etwa wie ein aufgezogenes Weihnachtsspielzeug, das gegen einen Stuhl prallt oder irgendwo auf der anderen Seite des Raumes abläuft. Aber in Wirklichkeit ist der Mensch stets die vollkommene und unbegrenzte Widerspiegelung des vollkommenen und unendlichen Vaters und wird immer von Ihm regiert.
Alle Sterblichkeit und die mit ihr verknüpften Begrenzungen sind nur falsche Annahmen. Es gibt daher eine einfache Art und Weise, sie aus dem Bewußtsein und damit aus der täglichen Erfahrung zu verbannen: nämlich indem man erklärt und sich vergegenwärtigt, daß der Mensch nicht sterblich ist und nicht aus Fleisch, Blut und Knochen besteht, sondern daß er geistig ist und stets geistig gewesen ist, der wahrhaftige Ausdruck vom Wesen Gottes, untrennbar von Ihm, ebenso wie die Sonne und der Sonnenschein untrennbar voneinander sind. Dieses wissenschaftliche Verfahren wird im Buch des Jesaja angedeutet, wo wir lesen (2:22): „So lasset nun ab von dem Menschen, der Odem in der Nase hat; denn für was ist er zu achten?“ Dies könnte in der heutigen Sprache etwa so ausgedrückt werden: „Lasset ab von dem Glauben an die Sterblichkeit. Lasset ab von dem Glauben, daß es Sterbliche gibt, sei es nun du selber oder jemand anders, und ihr werdet aufhören, an Begrenzung, Krankheit, Alter, Eigensinn, Untätigkeit oder Armut zu glauben.“ Wenn wir aufhören, an die Sterblichkeit zu glauben und an ein Getrenntsein des Menschen von Gott, dann werden wir auch die Beschränkungen der Sterblichkeit und der Trennung nicht mehr erleben.
Wenn wir die Annahmen der Begrenzung und der Sterblichkeit aus unserm Bewußtsein ausschließen, sollten wir unser Denken sofort mit der Wahrheit über das wirkliche Wesen des Menschen erfüllen. Jesus spricht von einem unsaubern Geist, der aus einem Menschen ausgefahren war, der aber, als er keine passende Bleibe fand, zurückkehrte und des Menschen Haus oder Bewußtsein leer vorfand. Der Geist suchte sich dann andere sieben böse Geister, und sie zogen miteinander ein, so daß sich der Mensch schließlich in einem schlimmeren Zustand befand als zuvor. (Siehe Luk. 11:26.)
Wenn wir unser Bewußtsein, das „gekehrt und geschmückt“ ist, mit der Wahrheit erfüllen wollen, um die unbegrenzte Natur des Menschen erleben zu können, müssen wir für uns selbst beten. Unsere geliebte Führerin Mrs. Eddy spricht auf Seite 127 ihres Werkes „Vermischte Schriften“ die Bitte aus, daß die Christlichen Wissenschafter täglich für sich selbst beten. Von einem hungrigen Herzen, das Gott um Brot bittet, sagt sie: „Wenn dieses Herz, demütig und vertrauensvoll, die göttliche Liebe ehrlich bittet, es mit dem Brot des Himmels, mit Gesundheit und Heiligkeit, zu speisen, wird es befähigt, die Gewährung seiner Bitte zu empfangen. Dann wird, Seine Wonne‘ es tränken, als mit einem Strom‘, dem Strom der göttlichen Liebe, und großes Wachstum in der Christlichen Wissenschaft wird folgen, eben jene Freude, die das eigene Gute in dem des andern findet.“
Laßt uns also in dieser Art für uns selbst arbeiten, bis unser Bewußtsein so mit Wahrheit und Liebe erfüllt ist, daß wir nichts anderes mehr kennen. Laßt uns erklären, daß wir keine Sterblichen sind, selbst wenn es so scheinen mag. Dann laßt uns daran festhalten, daß wir in unserem wahren Sein der wahrhaftige Ausdruck des unendlichen Gemüts sind. Diese Erkenntnis wird zu einem Gesetz der Vernichtung für jede sterbliche Annahme von begrenzter mentaler Tätigkeit werden.
Als Ausdruck des Gemüts müssen wir auch Liebe ausdrücken, denn sowohl Liebe wie auch Gemüt sind Synonyme für Gott. Als der Ausdruck der unendlichen Liebe werden wir alle Eigenschaften der Liebe ohne Einschränkung besitzen. Wir werden Sanftmut und Güte ausdrücken; wir werden liebenswert und liebevoll sein; wir werden die heilende Macht der Liebe bekunden. Als der Ausdruck des Gemüts und der Liebe werden wir wissen, daß wir auch Wahrheit, Geist, Leben, Seele und Prinzip zum Ausdruck bringen.
Wenn auch alle Synonyme für Gott gleichbedeutend und auswechselbar sind, und ein Christlicher Wissenschafter sie alle liebt, da sie verschiedene Seiten der einen, unendlichen Gottheit darlegen, so mag doch dann und wann einer dieser Namen für Gott uns mehr bedeuten als ein anderer, wahrscheinlich wegen des jeweiligen individuellen Bedürfnisses. So hat der Verfasser bei seinem Forschen nach der Wirklichkeit gefunden, daß der Höhepunkt in seiner Entfaltung auf seiner klaren Erkenntnis beruht, daß sein wahres Sein und Wesen der Ausdruck der Seele ist. Die Seele stellt für ihn die Erhabenheit und Vollständigkeit des Göttlichen dar. Die Seele schließt alles Glück, alle Gesundheit, alle Fülle und Zufriedenheit ein. Sie bekundet Schönheit, Gelassenheit und Zuversicht. Sie ist die Erklärung von der Unendlichkeit Gottes. Als Ausdruck der Seele bekundet der Mensch daher in eben dieser Unendlichkeit all die herrlichen Eigenschaften und Fähigkeiten Gottes.
Wer zu kämpfen hat, möge sich vergegenwärtigen, daß er jetzt schon die Überfülle der Seele, die Harmonie der Seele und die Vollständigkeit der Seele besitzt. Laß ihn die Annahme zurückweisen, daß er Fülle oder Gesundheit oder Harmonie oder Vollständigkeit erst noch erlangen muß. Unsere Führerin sagt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 68): „Die Christliche Wissenschaft stellt Entfaltung, nicht Zuwachs dar; sie bekundet kein materielles Wachstum vom Molekül zum Gemüt, sondern ein Sichmitteilen des göttlichen Gemüts an den Menschen und das Universum.“ Daher sollten wir diese herrlichen Eigenschaften der Seele jetzt als unser eigen beanspruchen, doch nicht als einen persönlichen Besitz, sondern als das, was uns durch Widerspiegelung vollständig zugehört. Wenn wir beständig voll Demut und Hingabe diese gedankliche Arbeit für uns selber tun, so werden wir unser Bewußtsein mit Wahrheit erfüllt finden, und diese Wahrheit wird uns allmählich von jeglicher Vorstellung von Begrenzung befreien. Wir werden in der Tat den unbeschränkten Menschen darstellen.
