[Hiermit bringen wir die erste der fünf Ansprachen, die bei der Versammlung im Erweiterungsbau Der Mutterkirche am 10. Juni 1959 gehalten wurden. Der Abdruck der zweiten Ansprache erscheint im nächsten Monat.]
Auf Antrag unserer geliebten Führerin, Mary Baker Eddy, beschloß am 12. April 1879 eine kleine Gruppe von ernsthaften Christlichen Wissenschaftern, „eine Kirche zu gründen, die den Zweck haben sollte, die Worte und Werke unsres Meisters in Erinnerung zu bringen und dadurch das ursprüngliche Christentum und sein verlorengegangenes Element des Heilens wiedereinzuführen.“ So lesen wir im Handbuch Der Mutterkirche von Mrs. Eddy (S. 17).
Wenn wir die Bedeutung der großen Offenbarung unserer Führerin richtig einschätzen, wird es uns klar, daß diese erste organisatorische Maßnahme — wie die vielen anderen, die noch folgen sollten — das unmittelbare Ergebnis ihrer engen Verbindung mit Gott war. Sie war damals und sie blieb auch weiterhin eine Führerin, die Gottes Ruf folgte, indem sie die christlich-wissenschaftliche Bewegung gänzlich nach Gottes Weisung gründete.
Achtzig Jahre sind seit jenem denkwürdigen Ereignis verstrichen, eine kurze Zeitspanne innerhalb der Weltgeschichte; doch trägt die unsrer Führerin von Gott übertragene Aufgabe von Jahr zu Jahr größere Frucht. Im Vergleich zu anderen Religionsgemeinschaften steht die Kirche Christi, Wissenschafter, erst ganz am Anfang ihres Wirkens, obwohl bereits über 3200 Zweigkirchen und Vereinigungen den Erdkreis umspannen. Wir müssen zugeben, daß diese Zahl eine sehr beträchtliche Leistung darstellt, die für uns alle eine Quelle der Stärke und Zuversicht sein kann, wenn wir das große Werk fortführen, das unsre Führerin so gut begründet hat.
Seit den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung ist Mrs. Eddy der einzige von den großen religiösen Führern der Welt, der die heilende und erneuernde Mission des Meisters in ihrer Ganzheit angenommen und zu einem wesentlichen und unerläßlichen Bestandteil seiner Kirche gemacht hat. Ja sie betätigte und bewies mit außerordentlichem Erfolg seinen unsterblichen Ausspruch: „Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue“ (Joh. 14:12) — und sie erwartete von ihren Schülern, daß sie desgleichen tun würden.
Die glorreiche Aufgabe der christlich-wissenschaftlichen Kirche ist es, den Menschen die frohe Botschaft und große Freude zu verkünden, indem sie ihnen völlige Erlösung bringt. Im besonderen verkündet sie die Gegenwart und Macht von Gottes Reich durch das Heilen der Kranken und der Sünder, durch Schaffung einer sicheren und unerschütterlichen Verteidigung gegen jeden Anspruch des Bösen — des sterblichen Gemüts — und dadurch, daß sie in der neuen Zunge des wissenschaftlichen und praktischen Christentums zu den Herzen der Menschen spricht. Wie weittragend ist doch diese heilige Mission mit ihren guten Wirkungen und wie allumfassend!
Wenn wir unsere Lehrbücher, die Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von Mrs. Eddy, und die anderen autorisierten Schriften unserer Bewegung anhaltend und hingebungsvoll studieren, und wenn wir das, was wir dabei aufnehmen, anwenden und danach leben, werden wir unseren Teil zu der Aufgabe dieser Kirche beitragen.
Laßt uns das Vorrecht, im Weinberg des Vaters arbeiten zu dürfen, aufs beste benutzen, denn geistige Regsamkeit wirkt erwekkend, erhaltend und erhebend. Eine solche Betätigung läßt uns die Wiedergeburt erleben, auf die sich Paulus bezog, als er von uns schrieb, daß wir uns sehnen „nach der Kindschaft und warten auf unsers Leibes Erlösung“ (Rom. 8:23). Unsere Führerin erklärt in ihrem Werk „Vermischte Schriften“ (S. 15): „Die Wiedergeburt ist nicht das Werk eines Augenblicks. Sie beginnt mit Augenblicken und geht in Jahren weiter; mit Augenblicken der Hingabe an Gott, des kindlichen Vertrauens und der freudigen Aufnahme des Guten; mit Augenblicken der Selbstverleugnung und der Weihe des eigenen Selbst, mit himmlischer Hoffnung und geistiger Liebe.“
Wo immer eine Zweigkirche oder Vereinigung sich befinden mag, sie kann Wohlergehen und Fortschritt widerspiegeln und ihren Zweck erfüllen, die Christliche Wissenschaft dem empfänglichen Denken im Gemeinwesen zu bringen; und sie wird dies voll und ganz tun können, wenn ihre Mitglieder tätig sind in dem, das des Vaters ist. Wir alle kennen die Definition von „Kirche“, die unsre geliebte Führerin auf Seite 583 von „Wissenschaft und Gesundheit“ gibt:
„Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht.
Die Kirche ist diejenige Einrichtung, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt, und die das Menschengeschlecht hebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zur Demonstration der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt.“
Für Fortschritt in den Angelegenheiten der Kirche ist die regelmäßige Anwesenheit aller Mitglieder bei den Gottesdiensten erforderlich. Außerdem ist eine gute metaphysische Unterstützung notwendig, damit die Sonntagsgottesdienste tröstend, heilend und erneuernd und die Mittwochabend-Zeugnisversammlungen lebendig und inspirierend wirken können. Wenn wir jeden Tag ernstlich für unsere Zweigkirche und die Sache der Christlichen Wissenschaft beten, werden wir die Erfüllung der Verheißung Gottes erleben: „Also soll das Wort, so aus meinem Munde geht, auch sein. Es soll nicht wieder zu mir leer kommen, sondern tun, was mir gefällt, und soll ihm gelingen, dazu ich's sende“ (Jes. 55:11).
Laßt uns beharrlich daran festhalten, daß die Liebe uns stets mit allem, was wir gerade brauchen, ausreichend versorgt. Die göttliche Liebe kann keinen Mangel kennen. Sie umfaßt die immer gegenwärtige, nie endende Versorgung und erhält sie aufrecht. So werden auf Grund der ernsten Arbeit der Mitglieder die Bedürfnisse einer Zweigkirche befriedigt, wodurch Gott verherrlicht wird.
Unsre von Mrs. Eddy eingeführten Lesezimmer geben uns eine weitere wunderbare Gelegenheit, die Botschaft der Christlichen Wissenschaft unsern Mitmenschen darzubieten. Ein Lesezimmer ist für jedes Gemeinwesen ein Segen; denn das befreiende Wort der Wahrheit wird dort zum Ausdruck gebracht und mit seinen natürlichen Ergebnissen der Wiedergeburt und Heilung betätigt. Dieses Wort der Wahrheit wirkt anziehend, da es alles bietet, was sich das Herz in Wirklichkeit wünschen kann. Laßt uns mit tiefer Überzeugung daran festhalten, daß unsre Lesezimmertätigkeit von Gott regiert wird. Alles, was von der Liebe geleitet wird, wird auch von ihr beschirmt.
Selbstverständlich bedürfen auch die anderen Unternehmungen unserer Kirche unsrer ernsten und vom Gebet getragenen Bemühungen. Wir werden hier, wie überall im Leben, in dem Maße unsres treuen und ehrlichen Bemühens erfolgreich sein. Der Erfolg wird immer im Verhältnis stehen zu unserm Beten und unserm geistigen Verständnis.
Die Christliche Wissenschaft macht ihren treuen Anhängern klar, wie wichtig das geistige Verständnis für die Erfahrungen unsres täglichen Lebens ist. Die Demonstration der Christlichen Wissenschaft erfordert eine enge Gemeinschaft mit Gott, ein entschiedenes Aufgeben des Alten und die Willigkeit und Bereitschaft, das Neue anzunehmen — einzig und allein das, was aus dem Geist geboren ist. Sie fordert von uns, daß wir den Willen Gottes, des Guten, erfüllen, und nicht bloß das Verlangen haben, es zu tun, und sie erheischt zudem ein beharrliches Vorwärtsstreben auf dem Wege, den das göttliche Gemüt uns weist. In dem Maße, wie wir die Sinne zum Schweigen bringen und auf die innere Stimme der Wahrheit lauschen, werden wir den Willen und die Weisheit Gottes erkennen, und dann können wir Sein Wort in die Tat umsetzen.
Eine Zweigkirche oder Vereinigung ist der rechtmäßige Mittelpunkt des geistigen Lebens innerhalb eines Gemeinwesens — indem sie das Bewußtsein des Himmelreichs oder die göttliche Ordnung des Seins fördert. Ja sie erfüllt ihre heilende Mission genau in dem Maße, wie sich ihre Mitglieder mit Arbeiten beschäftigen, die der Wahrheit und der Liebe entstammen. Es ist offenkundig, daß diese Arbeiten erfolgreich vorangehen, wenn sie gestützt werden durch das Gebet des Verständnisses, welches uns befähigt, in zunehmendem Maße zu demonstrieren, daß das Gemüt in seiner Allheit und Vollständigkeit immerdar das Steuer führt und die Angelegenheiten unserer Zweigkirche, ihrer Mitglieder und des gesamten Gemeinwesens regiert, beschirmt und leitet. Die menschlichen Lebensbedingungen werden besser, wenn wir ohne Unterlaß beten und geistige Tatsachen beweisen.
Ich möchte Ihnen von einer kleinen Vereinigung erzählen, deren Mitgliederzahl abgenommen hatte, bis schließlich nur noch ein paar aktive Mitglieder übrigblieben. Sie hatten fest und mutig gearbeitet, um ihren Status als anerkannter Zweig Der Mutterkirche aufrechterhalten zu können, mußten aber schließlich doch einsehen, daß es an der Zeit sei, Schritte zur Auflösung der Organisation zu unternehmen, da sie ihre Wirksamkeit nicht mehr weiterführen könnten.
Bei der Mittwochabend-Zeugnisversammlung, die, wie sie geglaubt hatten, ihre letzte sein sollte, war eine Fremde anwesend, die Zeugnis ablegte für das heilende Wirken der Christlichen Wissenschaft. Am Schluß ihres Zeugnisses sagte sie, daß sie soeben in dieser Gemeinde ein neues Haus gekauft habe und äußerst dankbar sei, die örtliche christlich-wissenschaftliche Vereinigung gefunden zu haben. Sie sagte, sie sei entschlossen gewesen, sich nur da anzukaufen, wo eine christlich-wissenschaftliche Organisation am Orte vorhanden sei, da sie das Verlangen habe, in der Bewegung der Christlichen Wissenschaft aktiv mitzuarbeiten.
Unmittelbar danach hielten die Mitglieder der kleinen Vereinigung eine außerordentliche Versammlung ab. Dieses Zeugnis hatte sie zu der Tatsache erweckt, daß ihre ganze vom Gebet getragene Arbeit nicht umsonst gewesen und daß ein Weiterbestehen der Vereinigung an dem Ort vonnöten war. Sie fühlten sich von frischer Inspiration und rechtem Eifer durchdrungen. Die Wahrheit gab ihnen die Weisung, vorwärtszugehen in Erwartung des Guten. Sie befolgten diese Weisung und hoben ihren Auflösungsbeschluß auf. Von jener Zeit an wuchs die Vereinigung und machte Fortschritte. Zu den Gottesdiensten kamen neue Besucher, und erfahrene Kirchenarbeiter zogen in diese Gegend. Die Vereinigung ist nunmehr eine Kirche mit weit über hundert Mitgliedern.
Dieses inspirierende Erlebnis veranschaulicht die Sicherheit und Fortdauer, die jede christlich-wissenschaftliche Zweigkirche und Vereinigung besitzt, wenn sie im Einklang mit dem göttlichen Prinzip gegründet und fortgeführt wird.
Wenn wir durch Widerspiegelung der Eigenschaften Gottes den Bau der wirklichen Kirche im Bewußtsein aufrichten, wird unsre Zweigkirche gedeihen und ihre heilige Mission innerhalb des Gemeinwesens erfüllen. Mrs. Eddys anfeuernde Worte aus „Wissenschaft und Gesundheit“ weisen uns den Weg (S. 323): ‚Angesichts der unendlichen Aufgaben der Wahrheit halten wir inne — warten auf Gott. Dann dringen wir vorwärts, bis der schrankenlose Gedanke voll Entzücken dahinwandelt, und der unbeschränkte Begriff sich beschwingt, damit er die göttliche Herrlichkeit erreiche.“
 
    
