Hat nicht wohl jeder zu der einen oder anderen Zeit seiner Lebensfreude durch ein frohes Lied Ausdruck verliehen? Vielen Menschen ist dieses Singen bekannt, das aus einem ausgeglichenen, harmonischen Bewußtseinszustand heraus entsteht. Für den Christlichen Wissenschafter aber ist Singen weit mehr als nur ein Ausdruck überschäumender menschlicher Lebensfreude. Die Worte der Wahrheit freudig zu singen und sie zu verstehen sind für ihn die Mittel, unharmonischen Gedankenzuständen entgegenzutreten.
Die Christlichen Wissenschafter lernen gerade dann Lieder der geistigen Freude und Dankbarkeit zu singen, wenn sich in ihrem Leben Entmutigung, Mißerfolg und Unglück aufdrängen wollen. Wenn solche Situationen aufkommen, mögen sie sich sagen: Vergiß das Singen nicht!
Hier mag jemand einwenden, daß es leicht und natürlich sei, aus frohem Herzen zu singen, daß es aber im Widerspruch zu dem allgemeinen menschlichen Empfinden stehe, in Stunden des Kummers und der Sorge ein Lied anzustimmen. Wer sich aber vertrauensvoll um Hilfe an die Christliche Wissenschaft wendet und bemüht ist, sich mit ihrer Lehre vertraut zu machen, wird entdecken, daß sich die trüben Gedanken mit seinem Singen auflösen und nach und nach in das genaue Gegenteil umschlagen: in Zuversicht, frohe Erwartung und innere Freiheit.
Die Christliche Wissenschaft lehrt die Unwirklichkeit von Disharmonie, Kummer und Krankheit, denn diese Irrtümer sind kein Teil von Gottes Schöpfung. Gott erschuf das Weltall, einschließlich des Menschen, völlig gut, harmonisch und vollkommen. Dieses durch die Christliche Wissenschaft gewonnene Verständnis von der Allmacht Gottes, des Guten, und der Unwirklichkeit des Bösen befähigt den Hilfesuchenden, trotz des unharmonischen, materiellen Augenscheins die Lösung aller seiner Probleme vertrauensvoll und freudig zu erwarten.
Diese Gewißheit von dem Sieg des Guten über das Böse macht es dem Christlichen Wissenschafter möglich zu singen. Sein frohes Lied, ein Ausdruck seines Glaubens an Gott, vertreibt die letzten Spuren des Zweifels und der Furcht. Mit Verständnis und Dankbarkeit vermag er freudig die Worte des Liedes Nr. 412 im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft zu singen: „Gefang'ner, auf und sing! denn du bist frei.“ So wird er unterstützt, seinen Weg in die Freiheit zu beschreiten — heraus aus der Knechtschaft der materiellen Sinne — und Furcht, Begrenzung und Krankheit hinter sich zu lassen.
Singen und dankbares Lobpreisen gehen oft Hand in Hand. Es gibt viele Berichte in der Bibel, die uns ganz klar zeigen, daß ein Gesang, ein Lob Gottes, und der Ausdruck der Dankbarkeit in schwierigen Lebenslagen den Weg zur Heilung und Befreiung geöffnet haben. Der Apostel Paulus und sein Freund Silas erlebten die befreiende Wirkung des Singens. In der Apostelgeschichte wird uns berichtet, daß diese Männer Gottes gegeißelt, in das Innerste des Gefängnisses geworfen und ihre Füße gefesselt wurden, aber in der dunkelsten Stunde dieser Erfahrung lobten und priesen sie Gott. Wir lesen (16:25): „Um die Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und es hörten sie die Gefangenen.“
Es empfielt sich, diesen biblischen Bericht zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, wie schnell die Grundfesten des Gefängnisses erschüttert und die Apostel befreit wurden. Als sie freudig Gott Loblieder sangen, geriet das Böse mit seinen Suggestionen des Gefesseltseins ins Wanken. Paulus und Silas hatten durch die Lehren Christi Jesu ein klares Verständnis von der Gegenwart Gottes gewonnen und wußten wie notwendig es war, inmitten von Sorgen, Entmutigung und Anfechtungen zu singen. Kraft ihres Verständnisses von dem Christus, der Wahrheit, konnten sie die Unwirklichkeit des materiellen Augenscheins und die Lüge ihres Gefesseltseins durchschauen. Infolgedessen konnten sie Gott laut loben und sich ihrer Befreiung sicher sein.
Heute können auch wir durch die Christliche Wissenschaft dieses geistige Verständnis erlangen und können wissen, daß Gott gegenwärtig und allmächtig ist, und daß das aggressive Böse daher machtlos sein muß und keine Herrschaft über den Menschen ausüben kann. Können wir dann nicht mit diesem neugewonnenen Verständnis auch unsere Stimme zu Gott erheben?
Einem Zeitungsbericht zufolge war eine Lehrerin mit einer Gruppe von Schulkindern im Gebirge von dichtem Nebel überrascht worden. Die Lehrerin verlor dadurch die Orientierung und die Dunkelheit nahm die Gruppe gefangen. Die Lehrerin forderte die Kinder auf zu singen, und dadurch wurde zweierlei erreicht: die Kinder blieben ruhig, und der Suchmannschaft wurde durch dieses Singen der Weg zu ihnen gewiesen. Alle kehrten wohlbehalten heim.
Wenn uns der Nebel menschlichen Mangels einzuhüllen scheint und das sterbliche Gemüt behaupten möchte, daß wir uns verirrt — unsere mentale Freiheit und unsere Sicherheit in Gott verloren — haben, dann können auch wir gesegnet werden dadurch, daß wir unsere Stimme in Lobgesängen erheben und so unser Verständnis bekunden von Gott als dem Alles-in-allem und vom Menschen als Seinem Bild und Gleichnis, wie die Christliche Wissenschaft lehrt. Unser Gesang sollte ein Frohlocken sein für den erfolgreichen Ausgang unserer Angelegenheiten, einen Ausgang, den wir zwar noch nicht sehen, dessen wir uns aber, gestützt auf unser Gottvertrauen, gewiß sind.
Die Christliche Wissenschaft verhilft uns zu einem klareren Verständnis von Gott und Seiner Widerspiegelung, dem Menschen. Dieses Verständnis verleiht uns jene geistige Energie, die uns zu der erfolgreichen Lösung unserer Probleme führt, in Übereinstimmung mit den Worten der Bibel (1. Chron. 16:27): „Es stehet herrlich und prächtig vor ihm und gehet gewaltig und fröhlich zu an seinem Ort.“
Wir wollen uns immer von neuem sagen: Vergiß das Singen nicht! Das Singen oder Sprechen von Worten der Wahrheit bringt Befreiung. Das Singen mag als eine Art mentalen Staubwischens angesehen werden, und man sollte dies täglich tun. Singen hilft uns, die Suggestionen des sterblichen Gemüts, wie Entmutigung, Furcht, Groll und Kummer, hinwegzufegen.
An dieser Stelle sei besonders auf das Liederbuch der Christlichen Wissenschaft hingewiesen. Dieses Buch enthält eine Sammlung von geistlichen Liedern, durch deren Verse ein jeder von uns Trost und Heilung finden kann. Viele dieser Lieder wurden zweifellos von den Verfassern geschrieben, als diese mit der Ausarbeitung schwieriger Probleme beschäftigt waren oder diese gerade überwunden hatten. Die Kirchenlieder haben wirklich die Fassung von in Musik gesetzten Gebeten.
Unser Liederbuch enthält eine Reihe von vertonten Gedichten, die von Mrs. Eddy geschrieben wurden. In ihrer seeleninspirierten Schönheit und ihrem geistigen Aufbau mögen diese Gedichte dem Gesang der Engel verglichen werden, da sie nichts Weltliches einschließen.
Die folgenden Worte sind dem Vorwort des Liederbuches entnommen: „Die Liebe und Wahrheit, die in den Liedern des Liederbuches der Christlichen Wissenschaft Ausdruck finden, haben vielen Trost und Hilfe gegeben und werden dies auch weiterhin in erhöhtem Maße tun. Verwoben in das Gefüge des ganzen Liederbuches, mit seinen Lob- und Dankeshymnen zum Preise Gottes, ist der Gedanke, der in dem, Täglichen Gebet‘ der Christlichen Wissenschafter enthalten ist:, Möge Dein Wort die Liebe der ganzen Menschheit bereichern... !‘ (Kirchenhandbuch von Mary Baker Eddy, S. 41.)“
Daß unsere verehrte Führerin einen von Herzen kommenden Gesang schätze und seinen heilenden und segenden Einfluß erfuhr, ist aus folgenden Zeilen ersichtlich, die dem Buch „We Knew Mary Baker Eddy“ (1. Band) entnommen sind. Auf Seite 58 berichtet Bliss Knapp die folgende Begebenheit, die sich während eines Besuches, den Mrs. Eddy in seinem Heim machte, ereignete:
„Sie hatte die ganze Nacht hindurch im Gebet über einem Problem wachgelegen und hatte ihren Frieden mit dem Kommen der Morgendämmerung noch nicht erlangt. Kurz vor dem Frühstück setzte sich meine Schwester an das Harmonium und fing an jenes alte Kirchenlied zu spielen und zu singen: ,Freud' bringet uns der Morgen‘. Mein Vater, der Mitglied des örtlichen Kirchenchores war, stimmte in den Gesang ein, und das Singen brachte soviel geistige Erleuchtung zum Ausdruck, daß Mrs. Eddy mit einem strahlenden Gesicht aus ihrem Zimmer trat; das Lied hatte ihr Erquickung und eine Antwort auf ihre Gebete gebracht. Sie erinnerte sich auch an dieses Ereignis, denn sie schrieb meinem Vater:, Singen Sie wieder das alte geistliche Lied, auf das ich mich auf der ersten Seite dieses Briefes bezog — und singen Sie es in dem Geist, den Sie in N. Hampshire hatten, als Sie es dort vor Jahren sangen.‘ “ Ein Teil des Gesangs, auf den hier Bezug genommen wird, ist in dem Lied Nr. 425 im Liederbuch enthalten.
Haben wir nicht alle schon wunderbare Beweise von Gottes Gegenwart und Güte erlebt? Laßt uns doch sogleich damit anfangen, von Herzen dafür dankbar zu sein und ein Loblied für Gottes Güte anzustimmen. Alle Menschen werden schließlich den inneren Drang fühlen, in diesen Gesang einzustimmen, und in dem Maße wie sich alle hierzu zusammenfinden, werden wir uns jenem Tag nähern, an welchem ein Triumph- und Lobgesang den vollständigen Untergang des Bösen ankündet.
Wenn der Verfasser seine persönlichen Probleme ausarbeitet, so nimmt das Singen dabei einen breiten Raum ein. Oft hat er die Erfahrung gemacht, daß ihn schon während des Singens Frieden und Heilung überkamen. In schweren und in glücklichen Stunden gilt ihm daher die Mahnung — und sie sollte uns allen gelten — Vergiß das Singen nicht!
In „Wissenschaft und Gesundheit“ beschreibt unsere Führerin den Tag, wenn aller Irrtum zerstört sein wird (S. 568): „Ein lauterer Gesang, süßer als er je zuvor zum hohen Himmel emporgedrungen ist, steigt nun klarer und näher zu dem großen Herzen Christi auf, denn der Ankläger ist nicht da, und Liebe läßt ihre ureigne und ewige Weise erklingen.“
Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken, und lobsingen deinem Namen, du Höchster, des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen... Denn, Herr, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Geschäfte deiner Hände. Herr, wie sind deine Werke so groß! Deine Gedanken sind so sehr tief. — Psalm 92:2–6.
