Die Erntezeit des Jahres ist eine Zeit der Freude, eine Zeit, in der wir unsere Segnungen zählen und Gott insbesondere für die Fülle Seines Segens Dank sagen. Die der Erde anvertraute Saat hat wiederum in wunderbarer Weise mannigfaltige Frucht getragen, und das goldene Korn ist in den Lagerhäusern gesammelt worden. Nun wird es vorbereitet für den Verbrauch — wenigstens der größte Teil, doch nicht alles.
Der Landwirt weiß, daß er Samen für eine zukünftige Aussaat zurückbehalten muß; und daher werden die besten Samenkörner für diesen Zweck ausgewählt. Diese werden sorgfältig aufbewahrt, bis die Saatzeit gekommen ist. Dann werden sie ausgesät in die Erde, und die neue Pflanzung wird eine neue Ernte tragen.
Worin besteht unsere jährliche Ernte als Christliche Wissenschafter? Haben unsere Bestrebungen uns einen reichen und zufriedenstellenden Ertrag gebracht, ein Ergebnis, das wir mit dem Empfinden betrachten können, daß wir die sich uns bietenden Gelegenheiten wohl genutzt haben? Wenn das nicht der Fall ist, tun wir gut, uns selbst die Frage zu stellen, welche Art von Saat wir ausgesät haben, und nicht nur das, sondern auch, wie es um die Pflege bestellt war, die wir ihr haben angedeihen lassen — weshalb sie wohl nicht mehr Frucht getragen hat.
Man könnte die Saat, die ausgesät wird, der Dankbarkeit vergleichen, die man im täglichen Leben zum Ausdruck bringt. Denn geradeso wie eine Saat, die zur Frucht heranreift, sich vielfältig vermehrt, so kommt die Dankbarkeit vielfältig zum Ausdruck in den Segnungen, die sie bringt. Wenn wir diese Segnungen auch voller Dankbarkeit empfangen und sie uns in unseren täglichen Angelegenheiten nutzbar machen, sollten wir doch daran denken, daß wir, wie der Landwirt die besten Samenkörner beiseitelegt, uns die größte aller Segnungen, unsere Dankbarkeit gegen Gott, bewahren müssen.
Moses, der große hebräische Gesetzgeber, hatte etwas von dieser Notwendigkeit erkannt, als er seinem Volk den Befehl des Herrn verkündigte (3. Mose 27:30): „Alle Zehnten im Lande von Samen des Landes und von Früchten der Bäume sind des Herrn und sollen dem Herrn heilig sein.“ Mrs. Eddy gibt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“ eine Definition des Ausdrucks „Der Zehnte“, die zum Teil wie folgt lautet (S. 595): „Beitrag; der zehnte Teil: Huldigung: Dankbarkeit.“
Indem wir Gott unsere Dankbarkeit weihen, tun wir einen wichtigen Schritt, der uns zu einer reichen Ernte des Guten führen kann. Diese Dankbarkeit wird sich vervielfältigen in der Heilung von Sünde, Krankheit und Tod, und solche Heilungswerke sind an sich schon Beweise für die höchste Form der Dankbarkeit gegen Gott, die wir zum Ausdruck bringen können.
Manchmal hört man einen Christlichen Wissenschafter sagen: „Ich wünschte, ich könnte die Inspiration wiedererlangen, die ich zu Beginn meines Studiums der Christlichen Wissenschaft hatte.“ Vielleicht hat er seine Samenkörner der Dankbarkeit, den Zehnten, der Gott zugehört, nicht beachtet, und versucht nun, die Christliche Wissenschaft mehr als ein Mittel anzuwenden, um seine persönlichen Wünsche zu befriedigen, statt Gott dadurch zu verherrlichen. In der Apokalypse lesen wir die Ermahnung des Offenbarers an die Kirche in Ephesus (Offenb. 2:4, 5): „Aber ich habe wider dich, daß du die erste Liebe verlässest. Gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke.“
Unsere „ersten Werke“ in der Christlichen Wissenschaft folgen gewöhnlich einem Ausströmen der Liebe und Dankbarkeit gegen Gott für die heilende Wahrheit, die wir erschaut haben. Diese ersten Werke sollten beständig erneuert werden; dann kann nicht von uns gesagt werden, daß wir unsere erste Liebe verlassen haben, unser tiefes Verlangen, Gott in all unserem Denken und Handeln zu verherrlichen. Die Dankbarkeit gegen Gott läßt unsere Liebe zu Ihm immer wieder von neuem erstehen und erhält stets unsere Inspiration.
Oft ist alles, was nötig ist, um eine lang verzögerte Heilung eintreten zu lassen, die geistige Kraft der Dankbarkeit. Wenn wir uns lange und ohne Erfolg abgemüht haben in unserem Bestreben, einen körperlichen Zustand zu heilen, sollten wir die Situation vom Standpunkt geistigen Verständnisses und wahrer Dankbarkeit von neuem durchdenken. Dann werden wir erkennen, daß der Zustand, mit dem wir schon so lange gerungen haben, in erster Linie überhaupt kein körperlicher Zustand ist, sondern ein falscher mentaler Begriff, der sich auf die Annahme gründet, daß irgendeine bösartige Macht in die Harmonie der Gottesschöpfung eingedrungen sei.
Die dankbare Anerkennung der Allheit und Vollkommenheit Gottes berichtigt diesen falschen Glauben, und dann verschwindet das Leiden. Leiden ebenso wie Freude ist ein Bewußtseinszustand, und wenn das Bewußtsein erfüllt ist mit Dankbarkeit, kann es der aggressiven Suggestion des Schmerzes nicht zustimmen.
Eine junge Frau bewies die Macht der Dankbarkeit, Furcht und Leiden zu überwinden. Sie hatte mit einer Herzkrankheit zu kämpfen gehabt, die sie zuweilen fürchten ließ, sie könne jeden Augenblick das Bewußtsein verlieren. Immer, wenn sie von dieser Furcht ergriffen wurde, fing sie sogleich an, ihr Denken mit Dankbarkeit zu füllen.
Sie dankte Gott immer wieder, daß Er ihr Leben war, daß Er gerade den Augenblick und stets bei ihr gegenwärtig war und daß sie Gott angehörte und lebte, um Ihn zu verherrlichen. Sie dankte Gott, daß Sein Reich inwendig in ihrem Bewußtsein und daß daher alles Gute schon bei ihr war. Sie dankte Ihm für ihre Familie, für ihre Freunde, für die Wunder der Natur und für viele andere Segnungen, die, wie sie erkannte, wirklich unzählbar waren. Als sie so Gott ununterbrochen dankte, ließen die Herzanfälle nach, und bald zeigten sie sich überhaupt nicht mehr. Dann erkannte die junge Frau, daß das, was ihr wie eine schwere Prüfungszeit erschienen war, nur eine Zeit des geistigen Fortschritts und des Wachstums in der Dankbarkeit gewesen war.
Unsere Dankbarkeit sollte nicht abhängig sein von dem Augenschein der materiellen Sinne, denn oft machen wir gerade dann die größten Fortschritte, wenn dies am wenigsten sichtbar ist. Wenn der Landwirt seinen Samen der Erde anvertraut, ist er nicht enttäuscht, daß sich die Frucht nicht sofort zeigt. Er weiß, daß jedes kleine Samenkorn zunächst keimen, jeder Sämling seine Wurzeln in den festen Boden ausschlagen und seinen Halm nach oben an das Licht treiben muß, bevor überhaupt ein sichtbarer Beweis seiner Aussaat erscheinen kann. Obwohl das Wachstum während dieser Zeit unsichtbar bleibt, geht es doch die ganze Zeit vor sich.
So sollten auch die Samenkörner unserer Dankbarkeit Keime treiben in den dunklen Stunden, wenn kein Fortschritt sichtbar ist. Wir können Gott für diesen Zeitabschnitt danken, in welchem sich unser Vertrauen zu Ihm entfaltet. Wir können Ihm danken, daß an uns die Forderung ergangen ist, festeren Grund in der Wahrheit zu fassen, von der wir unsere Stärke herleiten. Wir können Ihm sogar danken, daß wir vor die Notwendigkeit gestellt sind, uns hochzukämpfen, empor in das Licht eines größeren geistigen Verständnisses. Und inmitten dieses Ringens können wir Gott danken für die Früchte, die uns durch diesen Vorgang ganz unausbleiblich zufallen werden.
Der Apostel Jakobus erkannte die Bedeutung, die unserer Bereitwilligkeit, die Samenkörner der Dankbarkeit und Liebe zur vollen Frucht heranreifen zu lassen, zukommt, denn er schrieb (5:7, 8): „So seid nun geduldig, liebe Brüder, bis auf die Zukunft des Herrn. Siehe, ein Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erde und ist geduldig darüber, bis sie empfange den Frühregen und Spätregen. Seid ihr auch geduldig und stärket eure Herzen; denn die Zukunft des Herrn ist nahe.“
Unter allen Menschen sollten die Christlichen Wissenschafter die größte Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, denn ihnen ist der vollständigste Begriff von Gott, dem Guten, offenbart worden. Je umfassender unsere Erkenntnis von Gott wird, um so inniger wird unsere Liebe zu Ihm und um so völliger unsere Dankbarkeit gegen Ihn sein. Diese Dankbarkeit wird auf mannigfaltige Art und Weise zum Ausdruck gebracht werden. Wir können Gott still in unserem Herzen danken, wir können Ihm danken in unserem Heim und in unserer Kirche. Wir können Ihm mit Gedanken, mit Worten und mit Taten danken. Wir können Ihm danken mit einem Lobgesang und mit einem stillen, von Herzen kommenden Gebet. Und wir können Ihm unaufhörlich danken in dem Maße, wie wir Seine Güte verstehen und Seine Liebe widerspiegeln, indem wir uns und andere heilen von allem, was dem Guten, von allem, was Gott unähnlich ist.
Kein Christlicher Wissenschafter kann es sich leisten, das Werk des Säens und Erntens um des Reiches Gottes willen zu vernachlässigen. Die Welt hungert nach jedem Samenkorn geistiger Kraft, das wir zur Reife bringen können. Mrs. Eddy, die unermüdlich zum Wohle der Menschheit arbeitete, schreibt in ihrem Werk „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (S. 184): „Ganz gewiß muß das Wort, das Gott ist, eines Tages in der ganzen Welt Ausdruck finden und angenommen werden, denn wer da sät, wird auch ernten. Für die, die geduldig auf das Erscheinen der Wahrheit gewartet haben, bricht der Tag an und läuten schon die Ernteglocken.“ Auch wir können teilhaben an diesem frohen Lied der Ernteglocken, indem wir Gott die Früchte unserer Dankbarkeit darbringen.
