„Nichts ist wirklich und ewig — nichts ist Geist —, außer Gott und Seiner Idee. Das Böse hat keine Wirklichkeit. Es ist weder Person, Ort noch Ding, sondern einfach eine Annahme, eine Illusion des materiellen Sinnes.“ So schreibt Mrs. Eddy auf Seite 71 ihres Buches „Wissenschaft und Gesundheit“.
Es spielt daher keine Rolle, welcher Art das Problem auch zu sein scheint, das Böse ist weder eine Person noch ein Ding, sondern eine Unwirklichkeit oder Annahme, die beansprucht, jemand oder etwas zu sein. Diese Illusion wird noch unterstützt durch unsere gegenwärtige Vorstellung von dem Zeugnis der materiellen Sinne. Über diese falsche Vorstellung sagt Mrs. Eddy in ihrem Werk „Vermischte Schriften“ (S. 353): „Wenn mich jemand fragt, habe ich eine richtige Vorstellung von Ihnen, so antworte ich, die menschliche Vorstellung ist immer unvollkommen; gib deine menschliche Vorstellung von mir oder irgend jemand auf und finde die göttliche, erst dann hast du die richtige Vorstellung gewonnen — niemals aber vorher.“
Doch wie können wir den menschlichen Begriff um des göttlichen willen aufgeben? Wenn uns Suggestionen der Furcht, des Selbstbedauerns, des Grolls, der Krankheit und Sünde entgegentreten, müssen wir sie als das erkennen, was sie sind — Trugvorstellungen des sterblichen Gemüts. Da wir in einer Gedankenwelt leben, ist das, was wir aus einem Zustand machen, indem wir ihm nachhängen und anderen davon erzählen, alles, was dieser Zustand für uns bedeutet.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß Gott, das göttliche Gemüt, das Gemüt des Menschen ist. Daher wird in dem Verhältnis, wie der göttliche Begriff, die Christus-Wahrheit, unser Denken regiert, die falsche, menschliche Auffassung verschwinden.
Auf diese Weise widersteht der Anhänger der Christlichen Wissenschaft den hypnotischen Täuschungen des materiellen Sinnenzeugnisses und beginnt, das Böse in seinem eigenen Denken zu überwinden, indem er die Suggestionen von Eifersucht, Empfindlichkeit und Selbstbedauern zurückweist.
Eine Mutter war eines Morgens sehr beunruhigt über ihren zweijährigen Sohn, der hohes Fieber hatte. Der Vater wollte dem Jungen ein materielles Heilmittel geben. Die Mutter, eine Christliche Wissenschafterin, erkannte an, daß auch der Vater das Recht hatte, über die Art der Behandlung für das Kind zu entscheiden, doch sie bat ihn liebevoll, er möge ihr mehr Zeit geben, um für das Kind zu beten. Ihr Wunsch wurde respektiert.
Auf dem Wege zu ihrem Zimmer überkam die Mutter eine große Furcht. Doch in Erhörung ihres Gebets: „Vater, was soll ich tun?“, kamen ihr die folgenden tröstenden Worte des Propheten Jesaja in den Sinn (45:11): „So spricht der Herr, der Heilige in Israel und ihr Meister: Fraget mich um das Zukünftige; weiset meine Kinder und das Werk meiner Hände zu mir!“ Sie erkannte nun, daß weder die Zeit, das sterbliche Gemüt noch der Körper, sondern das göttliche Gemüt den Menschen regiert, und daß sie vor die Aufgabe gestellt war, den göttlichen Begriff von dem Kind zu finden.
Die Mutter machte nun Gebrauch von ihrer gottverliehenen Vollmacht über jeden Gedanken, der in ihr Bewußtsein eintreten wollte, indem sie die Frage stellte: „Ist dieser Gedanke göttlich oder menschlich?“ Lautete die Antwort „menschlich“, dann wies sie die Suggestion zurück; lautete die Antwort jedoch „göttlich“, nahm sie die Engelsbotschaft an.
Als sie so fortfuhr, ihr eigenes Denken von jeder materiellen Suggestion frei zu halten, berührte plötzlich eine kühle kleine Hand die ihre, als der Junge auf seinem kleinem Dreirad an ihr vorbeifuhr. Er war aus seinem Bett geklettert und war vollständig geheilt.
Die Mutter war dankbar, den Beweis erbracht zu haben, daß der Weg des Heilens in der Christlichen Wissenschaft darin besteht, beharrlich „außer dem Leibe zu wallen und daheim zu sein bei dem Herrn“ (2. Kor. 5:8). Sie erkannte in vollerem Maße, welch eine unwiderstehliche Macht der göttliche Begriff — der Christus, die Wahrheit — im individuellen Bewußtsein darstellt.
Die Hohenpriester und Schriftgelehrten mögen in gewissem Grade erkannt haben, daß Christus Jesus von der Person weg- und zu Gott hinschaute, denn Lukas berichtet, daß sie zu ihm sagten (20:21): „Wir wissen, daß du aufrichtig redest und lehrest und achtest keines Menschen Ansehen, sondern du lehrest den Weg Gottes recht.“ Dann, als wollten sie ihn auf die Probe stellen, fragten sie: „Ist's recht, daß wir dem Kaiser den Schoß geben, oder nicht?“
Jesus, der die Gegenwart und Macht des Christus im Bewußtsein lehrte, sagte (Joh. 8:31, 32): „So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ So werden auch wir in dem Maße, wie wir erkennen, daß wir in Wirklichkeit die Kinder Gottes sind, erfahren, daß wir von jeglicher falschen Vorstellung frei sind und Herrschaft über diese haben.
Unsere Führerin erklärt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 259): „Wenn man seine Schlußfolgerungen in bezug auf den Menschen von der Unvollkommenheit anstatt von der Vollkommenheit herleitet, kann man ebensowenig zu der wahren Auffassung oder zu dem wahren Verständnis des Menschen gelangen und sich ihm nachbilden, wie der Bildhauer seine Linien nach unvollkommenen Vorbildern vollkommen gestalten oder wie der Maler die Gestalt und das Gesicht Jesu malen kann, während er den Charakter des Judas im Gedanken trägt.“ Und sie fügt hinzu: „Die Begriffe des sterblichen, irrenden Gedankens müssen dem Ideal alles Vollkommenen und Ewigen Raum geben.“
Wir sollten uns fragen: „Wieviel Macht gestehe ich dem Bösen als Person, Ort oder Ding zu?“ Die Antwort sollte lauten: „Keine“, denn jeder von uns muß die falsche Vorstellung vom Menschen für die wahre aufgeben, für die Identität des Kindes Gottes. Den Christus, die göttliche Idee, zu finden und zu demonstrieren, das ist unsere individuelle Aufgabe.
