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Unpersönliches Urteil

Aus der April 1964-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Eine Freundin bat uns einmal, Verwandte von ihr aufzusuchen, als wir eine Reise in das Land, in dem sie lebten, unternahmen, und sie zeichnete uns einen Plan, damit wir zu ihnen finden würden. Als es so weit war, daß wir dem Plan folgen mußten, stellten wir fest, daß der Tatsache Rechnung zu tragen war, daß sie um so mehr Anhaltspunkte eingezeichnet hatte, je näher sie beim Aufzeichnen unserer Route der alten Heimat gekommen war. So war der Maßstab immer größer geworden, damit alles Platz hatte.

Das war harmlos und amüsant. Eine persönliche Einstellung zu einem Lageplan ist zwar der Kartographie nicht förderlich, aber dieser Fall zeigt, wie das persönliche Interesse das Urteilsvermögen irreführt. Dasselbe gilt für persönliche Vorurteile. Je näher eine Situation unserer eigenen Interessensphäre rückt, um so wichtiger erscheint sie uns.

Aber oft ist der Einfluß des persönlichen Sinnes viel heimtückischer und schwerwiegender, und manchmal scheint er jede Möglichkeit einer ausgewogenen Entscheidung auszuschließen. Manche Menschen haben das Empfinden, daß sie stets zu sehr verstandesmäßig, andere, daß sie zu sehr gefühlsmäßig urteilen; und es verbindet sich im gleichen Menschen scheinbar nur selten Verstandesschärfe mit Großherzigkeit.

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