Man hört zuweilen Fragen wie die folgenden auftauchen: „Hilft Beten wirklich?“ und „Kann man beten lernen?“
Die erste Frage wird eindeutig in der Bibel beantwortet, einer Schatzkammer an Berichten über erhörte Gebete, wie Gebete um Errettung aus Gefahren, um Gesundheit, Schutz, Führung, Vergebung, Herzensfrieden, Versorgung, Weisheit und Stärke.
Die zweite Frage findet ihre zustimmende Antwort in „Wissenschaft und Gesundheit“ von Mary Baker Eddy. Es ist von Bedeutung, daß Mrs. Eddy dem Thema „Gebet“ das ganze erste Kapitel widmet. Gebet ist wahrlich eine allzeit offene Tür, durch die wir Gott so nahe kommen können, daß in Seinem Licht alle Erdenschatten vergehen. Es ist wirklich kein Problem zu kompliziert, keine Angelegenheit zu geringfügig, daß sie nicht im Gebet vor Gott gebracht und eine Lösung gefunden werden könnte.
Warum aber scheint Beten bisweilen nicht wirksam zu sein? Weil wir nicht verstehen, wirksam zu beten. Es ist notwendig, daß wir unser Denken über die materielle Auffassung hinaus zu der Tatsache erheben, daß das Universum, einschließlich des Menschen, geistig und vollkommen ist, daß Gott es durch alle Ewigkeit hindurch in vollkommener Harmonie erhält und immer erhalten hat.
Ein bezeichnendes Gebet dieser Art ist das des Elisa für seinen Diener, der die mächtige Feindesmacht fürchtete. Elisa bat Gott nicht, die feindlichen Heerscharen zu vernichten, sondern er betete, daß die Augen seines Dieners sich der geistigen Tatsache öffnen mögen, daß die göttliche Macht auf ihrer Seite und stärker als das feindliche Kriegsheer war (siehe 2. Kön., 6. Kapitel).
Um einen Goliath zu vernichten, bedürfen wir eines David, das heißt, wir bedürfen eines Bewußtseins, das Gottes Macht versteht und vertrauensvoll ihre Wirksamkeit beansprucht. David sowohl wie Elisa begegneten dem Feind, der feindseligen Anmaßung des sterblichen Gemüts, mit dem vollen Ausmaß des geistigen Verständnisses, das sie zu der Zeit hatten. Dieses Verständnis, das sich in Glauben, Vertrauen und Wissen ausdrückt, ist uns allen von unserem himmlischen Vater verliehen.
Der Mensch schließt alle rechten Ideen und Eigenschaften in sich; Verständnis ist eine dieser Eigenschaften. Darum laßt uns wachsam sein und weder anderen noch uns selbst geistiges Verständnis absprechen, denn damit sprechen wir uns und anderen die Möglichkeit zu geistigem Fortschritt ab. Gott wäre nicht allumfassende Liebe, wenn er von uns Gehorsam verlangte und uns nicht befähigt hätte, gehorsam zu sein. Obwohl dieses individuelle Verständnis uns auch in einer besonderen Lage gering vorkommen mag, so entbindet uns das niemals von unserer Pflicht, es anzuwenden.
In dieser Hinsicht gibt uns Jesu Gleichnis von den Talenten, die ein Mann seinen Knechten anvertraute, eine Lehre. Der Mann lobte diejenigen Knechte, die ihre Talente gewinnbringend angelegt hatten. Aber er tadelte den Knecht, der es aus Furcht unterlassen hatte, mehr zu tun als nur das eine Talent an einem sicheren Ort zu verbergen, als böse und faul. Es ist ein metaphysisches Gesetz, daß das Gute, das wir anwenden, sich unaufhaltsam entfaltet.
Wenn wir uns in scheinbar großer Bedrängnis demütig und vertrauensvoll für uns selber oder für andere an das Prinzip wenden und dabei die uns in der Christlichen Wissenschaft gegebenen Wahrheiten anwenden, damit unsere Augen die göttliche Liebe und ihre Allmacht schauen, wird das, was gerade das menschliche Bedürfnis zu sein scheint, in unserer Erfahrung kund. Nichts kann die Macht dieses Gesetzes des Guten, das dem verständnisvollen Gebet zugrunde liegt und die Antwort bereithält, zurückhalten. Das Wirken dieses Gesetzes erfüllt die Wahrheit, daß es keine Forderung neben der göttlichen derung, keine Macht neben der göttlichen Macht gibt, und daher gibt es keine Lage außerhalb der göttlichen Fürsorge.
Wenn wir in einer scheinbaren Notlage verständnisvoll beten, so tun wir damit offensichtlich kund, daß wir nur von Gott Hilfe erwarten. Und doch ist das sterbliche Gemüt allzuleicht geneigt, weiterhin an etwas neben Gott Bestehendes zu glauben. Sehen wir nicht sofort ein Ergebnis, mag sich Furcht einschleichen und sogar Furcht vor der Furcht im Gefolge haben. Zu solchen Zeiten müssen wir uns um so fester an die göttliche Wahrheit klammern, daß Furcht in der Unendlichkeit der Liebe keine Macht und keine Stätte hat.
Auch stellen die vielleicht kritischen Gedanken anderer betreffs unserer Schwierigkeiten und der Mittel und Wege, die wir zu ihrer Behebung benutzen, niemals eine Macht dar, die unsere Gebete kraft- oder erfolglos machen könnte. Ebensowenig können Fehler in der Vergangenheit uns der Liebe Gottes in der Gegenwart berauben, wenn wir uns heute mit einem geistigen Verständnis von dieser Liebe um Hilfe an Ihn wenden. Wir müssen nur bemüht sein, in dem Bewußtsein zu bleiben, das die Vollkommenheit zur Grundlage hat, dann werden unsere Gebete, gleich denen von Jesus, demütige Bezeugungen der Wahrheit sein.
Es ist weise, im Fall einer sich verzögernden Heilung nicht in menschlicher Weise nach der Ursache zu suchen, sondern darauf zu vertrauen, daß Wahrheit unser Gebet oder das eines Ausübers unter allen Umständen erhören wird, indem der Irrtum ans Licht gebracht und zerstört wird. Beharrlichkeit und Geduld, demütiges Vertrauen und völliger Gehorsam schaffen einen Bewußtseinszustand, der sich der Kundwerdung von Gottes Liebe öffnet. Wir können niemals anders als in Seinem Bilde erwachen.
Die Christlichen Wissenschafter beantworten die Frage, ob Beten hilft und ob man es lernen kann, mit einem sicheren und frohen „Ja“. Sie antworten aus Erfahrung, denn sie wissen und verstehen, was Mrs. Eddy meint, wenn sie erklärt: „Man kann Gott verstehen, erkennen und zu jedem menschlichen Bedürfnis in Beziehung bringen“ (Miscellany, S. 238).
Zu einem jeden von uns sagt Gott durch den Mund des Psalmisten: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen“ (Ps. 50:15). Die folgende herrliche Erklärung aus Jeremia gibt uns den Grund dafür an (31:3): „Ich habe dich je und je geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.“
Diese Verheißungen haben nichts von ihrer Lebenskraft eingebüßt. Können wir darum zögern, unser Gottvertrauen zu vertiefen und auszudrücken? Wenn wir dies tun, dann kann jeder erfahren, wie wahr folgende Zeilen aus einem unserer Lieder sind (Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 149):
Verständnisvoll Gebet wird stets erhöret,
Wenn uns das Gottvertrauen nicht gebricht.