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Befreiung, nicht Verdammung

Aus der Dezember 1965-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Sehr eindrucksvoll beschrieb Christus Jesus den Geist und das Wirken des Christus, als er den in der Synagoge Versammelten seinen eigenen Lebenszweck in den Worten des Propheten Jesaja darlegte (Luk 4:18): „Der Geist des Herrn ist bei mir, darum weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen; er hat mich gesandt, zu predigen den Gefangenen, daß sie los sein sollen, und den Blinden, daß sie sehend werden, und den Zerschlagenen, daß sie frei und ledig sein sollen.“ Diese Erklärung umfaßt den Beweggrund und den Leitstern der Ausübung der Christlichen Wissenschaft.

Die ganze Laufbahn des Meisters zeigt, daß er hier mit „Gefangenen“ nicht die Insassen der Gefängnisse meinte, sondern die Gefangenen des Sinnes, die Sklaven der sterblichen Illusionen, daß es Lust in der Materie, Gutes im Bösen gäbe, sowie alle diejenigen, die sich mit den mesmerischen Annahmen von Krankheit, Mangel und Gebrechlichkeit als Wirklichkeiten des Lebens herumquälen.

Der Meister wußte, daß Sünde das Ergebnis des sterblichen Traumes ist, in dem irgendein Argument des Bösen, das Gutes verspricht, die Sterblichen in Versuchung führt und sie veranlaßt, danach zu verlangen. Er wußte, daß Strafe wohl eine Vergeltung für die Sünde, ja sogar ein Abschreckungsmittel dagegen sein kann, daß aber das, was der Sünder für seine Umwandlung wirklich braucht, nicht Verdammung ist, sondern Befreiung durch ein Erwachen aus der Sklaverei des ganzen Sinnestraumes. Die Lehren des Meisters ließen nicht die Schlußfolgerung zu, daß die bloße Verdammung eines Sünders, die Entrüstung über seine Verfehlungen oder seine Bestrafung ihn von geistiger Blindheit und der sich daraus ergebenden moralischen Schwäche heilen würde.

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