In den Anlagen vor dem Gerichtsgebäude saß auf dem obersten Zweig einer hohen Ulme ein Rotkehlchen. Es sang unaufhörlich, obwohl der frühe Morgenverkehr durch alle den Platz umgebenden Straßen dahindrängte. Das Erstaunliche dabei war, daß der liebliche Gesang des Vögleins über all dem Lärm gehört werden konnte. Und wer ihn hörte, hatte ein Glücksgefühl.
Glücklichsein ist wie das Lied des Rotkehlchens. Der lärmende tägliche Betrieb irdischer Probleme, harte Augenblicke der Enttäuschung und unangenehme Unterbrechungen durch Furcht werden von einem Menschen, der die kostbare Eigenschaft der Freude beansprucht, nicht aufgenommen und liegen weit unter seinem Denken.
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science; sprich: kr’istjən s’aiəns., schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 57): „Glück ist geistig, aus Wahrheit und Liebe geboren.“ Gott, der Liebe ist, wird durch Seine göttlichen Ideen zum Ausdruck gebracht, und diese legen mühelos jede Seite Seiner Vollkommenheit dar. Glück, ein Ausdruck der Liebe, kann nicht aufgeschoben werden, noch kann es jemals unausgedrückt bleiben, da Gott immerwährend das Gute darstellt. Wenn das menschliche Bewußtsein die christusgleiche Eigenschaft des Glücklichseins als eine gegenwärtige Tatsache annimmt, sieht es das Glück in einer praktischen Weise offenbart, wie sie für das menschliche Leben äußerst notwendig ist.
Wenn wir auf äußere Ereignisse warten, die uns freudig stimmen sollen, dann schieben wir die Freude auf, da die menschliche Erfahrung die äußere sichtbare Form des menschlichen Bewußtseins ist. Wir sollten dieses Bewußtsein dahin erziehen, daß es nur das aufnimmt, was geistig wahr ist, was gut, rein und glücklich ist. Menschlicher Fortschritt ist das Ergebnis geistigen Wachstums, und unser Dasein wird sich glücklicher gestalten, wenn wir mehr als nach allem anderen ernsthaftes Verlangen nach geistigen Verständnis haben.
Wahrscheinlich sehnt sich jeder nach Glück, und da es eine geistige Eigenschaft ist, ist es jederzeit gegenwärtig. Man braucht nicht darum zu kämpfen, sondern es nur anzunehmen. Die Willigkeit, die Güte des allgegenwärtigen Gottes zu empfangen und Seine Segnungen zu erkennen und zu sagen: „Ich bin bereit und warte darauf, die ganze Güte Gottes zu sehen“, bereitet uns darauf vor, etwas von dem Christus, der Wahrheit, zu erblicken und für ihn in der Weise, die menschlich am verständlichsten ist, empfänglich zu sein.
Glück im Alltag gewinnen wir dann, wenn wir im unendlichen Prinzip, Gott, Befriedigung finden. „Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen“ (Ps. 84:12). An die Möglichkeit von Leid zu glauben, bedeutet, Gottes Gabe, den Frieden, zu verwerfen, denn auf dem Grunde aller wahren Freude ruht der zufriedenstellende Christus, die Idee Gottes, der die Kraft der göttliche Liebe bekundet.
Nichts ist trügerischer als die Annahme, daß Glück und Befriedigung durch Unehrlichkeit, Unaufrichtigkeit oder Selbstsucht gewonnen werden könnten. Wir lernen durch das Studium der Christlichen Wissenschaft, daß sie das wesenlose Gegenteil göttlicher Eigenschaften sind und daher keine Macht haben. Wir können wissen, daß es keine gegenteilige Anziehung gibt, die uns von dem göttlichen Prinzip hinwegführen könnte. Weder Personen noch materielle Bedingungen verleihen uns unser Glück, noch kann es von ihnen umwölkt werden.
Gott verleiht die Eigenschaft des Glücklichseins, und Er erhält sie auch. Zu keiner Seiner Ideen gehören quälende Furcht, quälender Zweifel oder Argwohn, die sich selbst oder einer anderen Idee Enttäuschung oder Unglück bringen könnten. Freudlosigkeit geht von dem Menschen aus, der ihr Raum gibt, und den Übeln dieser Erfahrung wird Einhalt geboten, wenn man anerkennt, daß Gott das einzige Gemüt ist und der einzelne Mensch dieses Gemüt widerspiegelt. „Die göttliche Liebe hat immer jede menchliche Not gestillt und wird sie immer stillen“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 494). Gott allein erfüllt alles Glück und versorgt uns mit allem Guten.
Das göttliche Prinzip drückt sich in ununterbrochenem Guten aus. Im Glück gibt es kein Element des Zufalls. Der Mensch, das Kind Gottes, reicht nicht zu seinem Schöpfer hinauf, um das Gute zu erhalten, er ist selbst der Ausdruck von der Güte Gottes. Wenn wir dies erkennen, werden wir nicht aufgrund eines menschlichen Ereignisses glücklich sein, sondern wir werden — unabhängig von dem äußeren Bild — jederzeit glücklich sein. Geistige Freude ist die im Innern gefühlte Wärme absoluter Gewißheit von der Immergegenwart der göttlichen Liebe, einer Gewißheit von der Gegenwart des zufriedenstellenden Guten.
Wenn es notwendig scheint, im menschlichen Leben nach Glück zu streben, wollen wir an der Tatsache festhalten, daß Gott gegenwärtig ist und sich ständig in unendlicher Güte ausdrückt. Dies wird das sorgenvolle Herz zu einem Gesichtspunkt erheben, von dem aus es die Freude als ein göttliches Recht und Erbe im menschlichen Leben erkennen und akzeptieren kann.
Glück ist eine Eigenschaft des Gebens wie auch des Nehmens. Das Herz, das sich öffnet, um rückhaltlos die Liebe für Gott und Seine Schöpfung auszuströmen, ist auch für die belohnende Erwiderung dieser Liebe offen, die seiner wartet. Wahres Glücklichsein segnet nicht nur den, der es zum Ausdruck bringt, sondern es scheint unverhüllt auf alle und teilt so seine Wärme und Christusgleichheit mit allen.
Wer die geistige Eigenschaft des Glücklichseins beansprucht, findet den befriedigenden sicheren Platz eines erhobenen Bewußtseins. Die falschen Vorstellungen des Bösen können ihn dort ebensowenig erreichen, wie der Verkehr den Vogel berühren konnte.
Saget den verzagten Herzen: Seid getrost, fürchtet euch
nicht! Sehet, euer Gott ... kommt und wird euch helfen.
Alsdann werden der Blinden Augen aufgetan werden, und der
Tauben Ohren werden geöffnet werden; alsdann werden die
Lahmen springen wie ein Hirsch, und der Stummen Zunge
wird Lob sagen. Denn es werden Wasser in der Wüste hin und
wieder fließen und Ströme im dürren Lande. — Jesaja 35:4–6.