Es versteht sich von selbst, daß wir uns einer Sache nicht bewußt sein können, wenn wir sie nicht in unserem Bewußtsein haben. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, wie wichtig es ist, die Tür unseres Denkens zu bewachen. Sie führt uns deutlich vor Augen, was der Psalmist meint, wenn er sagt (Ps. 91:4): „Seine Wahrheit ist Schirm und Schild.“
Die hauptsächliche Bedeutung der Worte „Schirm“ und „Schild“ läßt erkennen, daß es sich um ein Bollwerk gegen äußere Eingriffe, um einen Schutz vor Verletzung handelt oder um etwas, womit wir unseren Körper gegen Angriffe schützen. Wir lernen in dieser Wissenschaft, wie wir unser Denken vor den Angriffen des Irrtums, vor aggressiven Suggestionen und falscher Beeinflussung schützen können. Für jeden, der diese Wissenschaft studiert, gehört es zu den täglichen Pflichten, sein Denken durch Studium und Gebet so zu läutern, daß sein Erleben die Herrschaft von Wahrheit und Liebe widerspiegelt.
Unser Denken ist der Schlüssel zu unserer Erfahrung. Das triff auf alle unsere Tätigkeitsgebiete zu. Sünde muß zuerst gedacht werden, ehe sie in unsere Erfahrung treten kann, Krankheit ist ein mentaler Begriff, der sich auf dem Körper abbildet, und Mangel ist in erster Linie Armut des Denkens. Auf diese Weise lernen wir, wie entscheidend unsere gedankliche Einstellung für unsere Lebenserfahrung ist.
Wichtig ist es auch zu lernen, daß jeder von uns für sein eigenes Erleben verantwortlich ist. Das menschliche Gemüt mag auf vielfältige Art versuchen, dieser Verantwortung auszuweichen. Letztlich aber muß jeder für sich selbst denken und daher die Verantwortung für das auf sich nehmen, was er erlebt.
Vor allem aber müssen wir lernen, daß Gott göttliches Gemüt ist, das einzige Gemüt, und daß Er somit die Quelle aller wahren Tätigkeit und allen wahren Ausdrucks ist. Alles, was existiert, ist das göttliche Gemüt und seine unendliche Offenbarwerdung. Diese Absolutheit schließt jedes Vorhandensein einer anderen Herrschaft oder eines anderen Einflusses aus. Die göttliche Herrschaft, der Wille Gottes, zeigte sich besonders klar im Leben Jesu, der davon sprach, daß er auf die Stimme des Vaters lauschte, den Willen Gottes tat und nach Seinem Wohlgefallen handelte. Und Paulus gibt uns den eindringlichen Rat (Phil. 2:5): „Ein jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war.“
Gott ist Wahrheit, Leben und Liebe. Er ist das eine vollkommene Bewußtsein, das im vollkommenen Menschen, dem Bild und Gleichnis Gottes, seinen Ausdruck findet. Die Allheit Gottes, die Unendlichkeit der Wahrheit, schließt jedes gegenteilige Gemüt oder Bewußtsein aus. Unser Verständnis von der Einheit und Allheit Gottes ist unser geistiges Rüstzeug, das uns gegen Irrtum jeglicher Art vollständig schützt. Mrs. Eddy sagt uns in ihrem Buch „Vermischte Schriften“ (S. 113): „Wer sich weigert, durch etwas anderes als das göttliche Gemüt beeinflußt zu werden, befiehlt dem Herrn seine Wege und erhebt sich über die Einflüsterungen aus einer bösen Quelle.“
Indem er erkennt, welchen Einfluß sein Denken auf seine Lebenserfahrungen hat, lernt der Christliche Wissenschafter, den Suggestionen an der Pforte seines Denkens entgegenzutreten. Er wird sich fragen: „Kommt das von Gott? Spiegelt es das Wesen des einen Gemüts wider?“ Er wird die Gedanken, die sich ihm aufdrängen, prüfen, bevor er sie akzeptiert. Auf diese Weise wird er lernen, seine Erfahrung vor falschem Einfluß zu schützen.
Es gibt viele Formen des Irrtums, die unsere wachsame Aufmerksamkeit erfordern. Schleichwerbung, aggressive Suggestionen von Krankheit, Mißachtung der Gesetze, moralischer Verfall, Appell an die Triebhaftigkeit, die Trägheit sinnlichen Denkens — dies alles sind Formen aggressiver mentaler Suggestion. Wenn wir uns die Wahrheit als Schirm und Schild zunutze machen, so wird dies verhindern, daß diese Irrtümer in unserem Denken und in unserer Erfahrung Gestalt annehmen.
Mrs. Eddy sagt uns im Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 234): „Böse Gedanken, Gelüste und boshafte Absichten können nicht wie fliegender Blütenstaub von einem menschlichen Gemüt zum anderen wandern und dort unvermutet Aufnahme finden, wenn Tugend und Wahrheit eine starke Schutzwehr bilden.“
Man mag versucht sein, sich in seinen Schwierigkeiten zu rechtfertigen, indem man sagt: „Aber daran habe ich doch überhaupt noch nie gedacht.“ Unsere Führerin sagt uns in ihrem Buch „Vermischte Schriften“ (S. 105): „Den körperlichen Sinnen erscheint nichts als ihr eigener, subjektiver Gedankenzustand.“
Die Tatsache, daß unsere Erfahrung aus unserem Denken hervorgeht, gibt uns Gelegenheit, die Herrschaft des göttlichen Gemüts zu demonstrieren und die Wahrheit als Schirm und Schild zu gebrauchen. Selbst wenn die Annahme latent oder erblich ist, kann sie dennoch durch die Wahrheit richtiggestellt werden. Durch hingebungsvolles Beten können wir unser Bewußtsein von jeder falschen Auffassung befreien und dadurch verhindern, daß der Irrtum in unserer Erfahrung in Erscheinung tritt.
Wir können uns davor schützen, Werkzeug oder Opfer des Irrtums zu sein. Manchmal möchten wir uns bemitleiden, weil wir glauben, wir seien das Opfer des Bösen. Aber wenn wir so von uns denken, dann ist das ein Zeichen für einen falschen Begriff vom Menschen. Und bevor wir diesen falschen Begriff erleben können, müssen wir ihn zuerst in unser Denken eingelassen haben. Der Mensch ist niemals ein Opfer des Bösen. Im Licht der Christlichen Wissenschaft gesehen ist es nicht wissenschaftlich, ein Märtyrer zu sein. Wenn wir uns aus dem Dunkel des Selbstmitleids lösen, werden wir in der Lage sein, diesen Irrtum in der rechten Weise zu handhaben und die Wahrheit als unsere Schutzwehr zu gebrauchen.
Wahrheit zerstört Irrtum, wie das Licht die Finsternis vertreibt. Wo das Licht der Wahrheit ist, finden falsche Annahmen keine Gelegenheit zu täuschen. Wenn wir dieses Licht täglich pflegen, wird uns dies helfen, von unseren Verteidigungswaffen vollen Gebrauch zu machen, und uns dazu befähigen, das eine Gemüt widerzuspiegeln, das sich in Harmonie, Gesundheit und Heiligkeit ausdrückt.