Mrs. Eddys Definition von „Kirche“ in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit lautet:
„Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht.
Die Kirche ist diejenige Einrichtung, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt und die das Menschengeschlecht hebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zur Demonstration der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 583; In der Christlichen Wissenschaft wird daher die Kirche als untrennbar vom Prinzip und undenkbar ohne dasselbe verstanden. Wir wollen einmal versuchen, die praktische Bedeutung dieser Tatsache zu ergründen.
Das Prinzip, als Ausgangspunkt für jeden Tätigkeitsbereich in einer Kirche Christi, Wissenschafter, schließt jede Beeinflussung oder Steuerung durch menschlichen Willen aus. Das Prinzip hat keine Kenntnis von persönlichen Gefühlen und Meinungen, menschlichen Unzulänglichkeiten, Irrtümern, Befürchtungen, von Inkorrektheit oder Abweichung von der Wahrheit. Jene Kirchenmitglieder, die glauben, dem falschen Anspruch solcher willkürlichen Irrtümer zu unterstehen, brauchen sich nur die Prinziplosigkeit dieser Irrtümer klarzumachen, um zu erkennen, daß sie keine Grundlage haben. Diese falschen Ansprüche werden sich dann in nichts auflösen.
Da Prinzip Liebe und allumfassend ist, schließt es auch jeden Mangel an Liebe, jedes Gegenteil von Liebe und jede Fälschung von Liebe aus. Prinzip ist Geist, und unter seiner Herrschaft kann es keine Auswirkung sogenannter materieller Gesetze geben, ob es ein Gesetz der Reife und des Verfalls oder ein Gesetz der Begrenzung ist. Statt dessen bewirken die Gesetze des Prinzips, die die Idee Kirche regieren, unaufhörliche Entfaltung, unendliche Möglichkeiten in bezug auf Qualität und Quantität individueller und kollektiver Tätigkeit und die unwiderstehliche Anziehungskraft der geistigen Wahrheit und Liebe. Damit sich diese Gesetze jedoch praktisch auswirken können, müssen wir uns ihrer ständig bewußt sein, so wie Mose die Kinder Israel ermahnte: „Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein, und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore.“ 5. Mose 6:6–9; Ganz gleich, wo wir uns befinden, was wir tun, und was wir sehen, diese Gesetze sollten uns immer so klar vor Augen stehen, daß sie unser ganzes Leben beherrschen — unser Denken und Handeln — und auch das Leben unserer Kinder.
Man könnte Moses Gebot: „Diese Worte ... sollst du zu Herzen nehmen“ dem des Paulus gleichstellen: „Betet ohne Unterlaß.“ 1. Thess. 5:17; Denn was ist das verständnisvolle Gebet anderes als der beständige Wunsch, sich der immerwährend harmonischen Wirkung der göttlichen Gesetze bewußt zu werden?
Genauso wie die Liebe uns befähigt, all die verborgenen guten und schönen Wesenszüge eines Menschen aufzuspüren, so läßt uns die Liebe zu Gott wahrhaft jederzeit an Ihn denken, an Seine Gesetze und Seine Macht. Nur das Gebet, das von Liebe erglüht, kann in unserem Verständnis den wahren Bau der Kirche und folglich ihren menschlichen Ausdruck in unserer Gemeinde aufrichten.
Zorn, Ärger und Empörung über die Unzulänglichkeiten innerhalb der Mitgliedschaft einer Kirche tragen kein Jota dazu bei, diese zu überwinden. Aber liebevolles Verständnis für den Standpunkt des anderen und für die Umstände, die sein Verhalten bewirkt haben mögen, hilft nicht nur dem betreffenden Mitglied, sondern auch der ganzen Kirche, so manches Problem zu lösen, und es trägt auch zur Demonstration christlicher Einheit bei. Die scheinbare Beherrschung der Kirchentätigkeit durch eine oder mehrere Personen wird durch das Zurückweisen des persönlichen Sinnes und durch das Festhalten an der absoluten Herrschaft des einen Prinzips überwunden. Dann werden die Mitglieder, die nach Herrschaft trachten, die guten Motive, die auch abweichenden Meinungen zugrunde liegen, erkennen, und eine Lösung wird zum Segen aller gefunden werden.
Einen Tag vor der Mitgliederversammlung einer Zweigkirche, auf deren Tagesordnung eine viel umstrittene Angelegenheit stand, litt die Verfasserin unter großer Furcht vor einem disharmonischen Verlauf der Sitzung. Sie bemühte sich, diese Furcht durch geistige Arbeit zu überwinden, und wurde dazu geführt, Bibelstellen über die Schönheit des Tempels nachzuschlagen. Sie fand dabei folgenden Satz: „Die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus...“ 1. Kön. 8:11. Sie konnte beim Lesen deutlich das Haus als das Bewußtsein der Mitglieder sehen, und eine große Freude ergriff Besitz von ihr. Denn wo die Herrlichkeit des Herrn alles Denken erfüllt, kann keine Disharmonie zum Ausdruck kommen. Und so erwies es sich auch in der Praxis. Die Sitzung verlief harmonisch, die betreffende Angelegenheit wurde in größter Sachlichkeit diskutiert und zu einem für alle Beteiligten befriedigenden Abschluß gebracht.
In gewissem Grade war „Kirche“ — im Bewußtsein als Bild der Einheit und Herrlichkeit Gottes geschaut — demonstriert worden.