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„Wo sind Sie geboren?“

Aus der Mai 1968-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Heutzutage, wo schnelle Reiseverbindungen zwischen allen Punkten des Erdballs etwas Natürliches im menschlichen Leben geworden sind, ist es nichts Ungewöhnliches mehr, jemanden zu sehen, dessen ganzes Aussehen zeigt, daß er aus einem fernen Lande kommt. Wenn wir solch einem Menschen begegnen, fühlen wir uns oft veranlaßt zu fragen: „Wo sind Sie geboren?“ Dies scheint an sich eine ganz natürliche und harmlose Frage zu sein, sei sie nun durch reine Neugierde oder durch echtes, verständnisvolles Interesse hervorgerufen.

Aber worauf deutet diese Frage sowohl für den Fragesteller wie auch für den Befragten in einem tieferen Sinne hin? Sie entstammt der tief eingewurzelten materiellen Vorstellung, daß der Mensch ein sterbliches, körperliches Wesen ist, das einen materiellen Ursprung hat, und daß die Menschheit infolgedessen in verschiedene rassische, nationale und sogar sprachliche Gruppen aufgeteilt ist, die einander fremd und oft nicht freundlich gesinnt sind. Diese Frage schließt auch die Annahme in sich, daß die Angehörigen einer bestimmten Gruppe mit all den dieser Gruppe eigentümlichen mentalen und temperamentsbedingten Merkmalen geboren sind. Teilt der Fragesteller diese Anschauung, so neigt er leicht dazu, den Besucher gedanklich auf die intellektuelle und kulturelle Entwicklungsstufe seiner Gruppe zu stellen und ihn mit deren besonderen Charakterzügen, Sympathien, Vorurteilen und Antipathien zu belasten.

Es erübrigt sich hinzuzufügen, daß eine solche gedankliche Einstufung dem Besucher großes Unrecht antun und den Fragesteller irreführen kann. Da dieses Einstufen ganz allgemein vorgenommen wird, führt es dazu, daß große Teile der Menschheit solchen Gruppen entfremdet werden, die einen anderen kulturellen, religiösen und geschichtlichen Werdegang haben.

Durch Erziehung und geistige Reifeprozesse kann der einzelne schrittweise die Begrenzungen überwinden, die beschränkte Anschauungen in rassischer, nationalistischer oder stammesmäßiger Hinsicht rings um ihn aufgerichtet zu haben scheinen. Durch die Christliche Wissenschaft kann man jedoch völlig frei werden von der Angewohnheit, diese Schranken um andere und damit auch um sich selbst aufzurichten.

Die Christliche Wissenschaft ignoriert die Tatsache nicht, daß es zwischen den Völkern der Erde bedeutende Unterschiede in ihrer intellektuellen und kulturellen Entwicklung wie auch in ihren Temperamenten gibt. Sie nimmt diese Unterschiede zur Kenntnis, aber sie macht hier nicht halt. Vielmehr bietet die Christliche Wissenschaft die wissenschaftliche Gewißheit, daß diese tiefen Klüfte und ihre materiellen Beschränkungen zum Verschwinden gebracht werden können, da sie bloß Ausdrucksformen der unterschiedlichen Auffassungen sind, die die Menschen über sich selbst und andere hegen.

Die Christliche Wissenschaft stellt klar, daß kein Standpunkt und keine Einstellung, die auf einer rein materiellen Auffassung vom Menschen beruhen, wahr, wirklich verständnisvoll oder liebevoll sind, denn sie messen der Materie die Macht bei, den Charakter und die Fähigkeiten des einzelnen zu bestimmen und sein Leben zu beeinflussen. Richtige, wahrhaft freundliche und hilfreiche Beziehungen zwischen den Völkern wie auch zwischen Einzelmenschen können nur aus dem wissenschaftlichen Verständnis vom wahren Ursprung des Menschen kommen, nämlich daß der Mensch der Sprößling, also das Gleichnis Gottes ist. Denn nur sein wirklicher Ursprung bestimmt sein wahres Wesen, seinen Charakter und seine Erfahrung. Unsere Führerin Mrs. Eddy schreibt: „Die Grundlage der sterblichen Disharmonie ist eine falsche Auffassung vom Ursprung des Menschen. Richtig anfangen heißt richtig enden. Jeder Begriff, der mit dem Gehirn zu beginnen scheint, beginnt falsch.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 262;

Wenn wir verstehen, daß der Mensch ein geistiges Wesen, der Sprößling oder die Widerspiegelung des unendlichen Geistes, des schöpferischen Prinzips ist, dann sehen wir ihn nicht als jemanden aus einer undefinierbaren Masse, sondern als ein Einzelwesen, das seine besonderen Eigenschaften, seine gewinnende Art und seine Entwicklungsfähigkeit von seinem Ursprung, dem gemeinsamen Vater aller geistigen Ideen, dem göttlichen Gemüt, herleitet.

Wenn wir diese universale Tatsache über den Menschen ganz lebendig im Bewußtsein tragen, dann wird dies in hohem Maße helfen, jede Art von Antipathie, Vorurteil oder Gegnerschaft aufzuheben, die wir vielleicht gegen jemanden hegen, der einer Gruppe angehört, die angeblich unserer eigenen ablehnend gegenübersteht. Dann wird der Kontakt mit ihm zu einer ungezwungenen, freudigen und beide Seiten bereichernden Erfahrung. Das wird uns auch davor bewahren, durch eine rein gefühlsmäßige Haltung in unserem Umgang mit jemandem, der in weniger glücklichen Umständen lebt als wir selbst, irregeführt zu werden. Denn durch dieses Verständnis sind wir imstande, die menschlichen Werte zu erkennen, die er tatsächlich an den Tag gelegt hat. Wenn wir die Weisheit der Liebe widerspiegeln, werden wir im Umgang mit ihm zu praktischen Entscheidungen geführt werden, ohne daß dies unsere freundliche, verständnisvolle und mitfühlende Haltung ihm gegenüber im geringsten beeinträchtigt.

Christus Jesus liebte die Angehörigen seines eigenen Volkes oder seiner eigenen Rasse sicher nicht mehr als die anderer. Es gibt auch keinerlei Hinweise darauf, daß er jemals jemanden gefragt hätte, wo er geboren sei, ehe er ihn heilte. Der Knecht des römischen Hauptmanns, den er heilte, war in seinen Augen genauso wert wie die einfache jüdische Frau, die den Saum seines Gewandes berührte und dadurch geheilt wurde. Stand das nicht in genauer Übereinstimmung mit den Lehren im dritten Buch Mose: „Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der Herr, euer Gott.“ 3. Mose 19:33, 34;

Mit dem hellen Licht des Christus, der Wahrheit, beleuchtet unsere Führerin eine jede voreingenommene Auffassung, daß die Angehörigen bestimmter Gruppen aussichtsreicher oder vielversprechender seien als andere und daher besser imstande, nützliche Dienste zu leisten. Sie deckt die Unrichtigkeit dieser allgemein gehegten Anschauung mit folgenden Worten auf: „Gemüt allein besitzt alle Fähigkeiten, alles Wahrnehmungs- und Begriffsvermögen. Daher sind die mentalen Gaben nicht dem organischen Bau noch dem Verfall preisgegeben, denn sonst könnten sogar die Würmer den Menschen entkörpern.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 488; Diese Gaben sind auch nicht von dem Geburtsort eines Menschen, von seiner Hautfarbe, seinen Erbanlagen, seiner menschlichen Geschichte oder seiner Abstammung abhängig. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß das Gemüt, das Liebe ist, bei der Verleihung seiner eigenen Eigenschaften absolut unparteiisch ist und daß diese jeder Situation angepaßt und jeder Forderung des menschlichen Daseins gewachsen sind.

Wenn wir an diesen wissenschaftlichen Tatsachen festhalten, die für die Angehörigen der entwickelteren wie der primitiveren Gruppen gleichermaßen gelten, und wenn wir die Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft mit ihnen teilen, soweit wir dazu Gelegenheit haben, dann werden wir die Freude haben, die Entwicklung der scheinbar langsam Vorangekommenen mitzuerleben und zu sehen, wie sich neue Möglichkeiten vor ihnen auftun.

Wenn wir diese Tatsachen wirklich für uns selbst akzeptieren, werden wir mit dem Ausdruck „Ausländer“ sehr sparsam umgehen, und wenn wir ihn gebrauchen, werden wir es tun, ohne plötzlich ein Gefühl der Unsicherheit und des Mißtrauens zu haben. Dann wird das Wort „Fremder“ nicht die Bedeutung eines eventuellen Gegners haben, sondern es wird einen möglichen Freund bezeichnen, dem wir vorher noch nicht begegnet sind. Dann wird der menschliche Ausdruck „die Familie der Menschen“ für uns tatsächlich seiner geistigen Bedeutung — „die Familie der Ideen Gottes“ — nahekommen. Wenn wir dann Menschen von weit entfernten Punkten des Erdballs begegnen, wird in unserem Herzen der Willkommensgruß unserer Führerin widerhallen: „Pilgrim auf Erden, deine Heimat ist der Himmel; Fremdling, du bist der Gast Gottes.“ S. 254.

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