In primitiven wie in zivilisierten Völkern haben sich Menschen oftmals mit dem beschäftigt, was heute als Prestige und gesellschaftliche Stellung bekannt ist. Es ist eine betrübliche Feststellung, daß vieles, was die Völker als wichtig erachteten, später in Vergessenheit geraten ist. Das eindrucksvolle Regime Herodes des Großen zum Beispiel ist verblaßt und bedeutungslos geworden, wohingegen Jesu einfache Lehren über das Himmelreich sich über die ganze Welt verbreitet haben.
Die beständige Vorrangstellung Jesu im Gegensatz zu der der weltlichen Herrscher ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß seine Arbeit auf einer göttlichen Basis beruhte. Sein Beweggrund war nicht Selbstverherrlichung, sondern er wollte den Beweis von Gott als dem göttlichen Prinzip erbringen. Sein Ziel oder Bestreben war, die allumfassende Regierung Gottes zu beweisen und dieser Herrschaft gehorsam zu sein. Auf diese Weise schützte er sein Werk vor jeglichen Bemühungen, seine Lehren in Mißkredit zu bringen und zu verwerfen.
Die gleiche gebieterische Forderung, die Herrlichkeit Gottes anstelle eines materiellen Sinnes vom Selbst kundzutun, ergeht an alle Nachfolger des Wegweisers und an alle Christlichen Wissenschafter. Alle, die darin erfolgreich sind, werden unvermeidlich hervorragen. Sie sind wie „die Stadt, die auf einem Berge liegt.“ Matth. 5:14; Ihre Fähigkeiten und Leistungen richten das Denken auf die Allheit Gottes, nicht auf die persönliche Herrlichkeit. Es ist eine interessante Feststellung, daß das Wort „Prestige“ einst die Bedeutung von Zauberkunststück, Illusion, Täuschung hatte.
Die Christliche Wissenschaft zerstört die Illusion des Eigendünkels durch die beweisbare Offenbarung, daß die Wirklichkeit von Gott geschaffen ist, von Gott eingesetzt und von Gott erhalten wird. Sie erklärt, daß von dieser Basis aus gesehen der Mensch der herrliche Ausdruck aller Eigenschaften und Merkmale Gottes ist. Sie setzt dem Christlichen Wissenschafter das Ziel, wie auch Jesus sich das Ziel setzte, im täglichen Leben die Erkenntnis von der dem Menschen göttlich verliehenen Selbstheit zu erlangen, ein Ziel, das über alles Trachten nach persönlicher Berühmtheit und Macht hinausgeht.
Wenn sich jemand von der Berühmtheit als solcher beeindrucken ließe, so täte er gut daran, achtzugeben und sich zu vergewissern, daß er sich nicht von etwas Vergänglichem und Unzuverlässigem irreführen läßt. Wenn sich jemand von einem berühmten Namen beeindrucken läßt, mag er sich schließlich eines Tages von dem Namen einer Krankheit beeindrucken lassen. Es ist jedoch etwas anderes, die Leistungen eines anderen als Zeichen der unumschränkten Fähigkeit des göttlichen Gemüts, das Gute zu verbreiten und zu vermehren, anzuerkennen und sich davon inspirieren zu lassen.
Die Christliche Wissenschaft befähigt ihre Anhänger, das wahrzunehmen, was von wahrer Bedeutung, was erstrebens- und schätzenswert ist. Weil der Christliche Wissenschafter lernt, daß Geist und seine Ideen die einzig wirkliche Substanz darstellen, ergibt es sich, daß er durch das konsequente Studium und die konsequente Ausübung dieser Religion weniger oberflächlich ist, als er es ohne sie sein würde; er kann dadurch die tiefere Bedeutung des menschlichen Lebens erfassen, und es erweckt in ihm den Wunsch, das eigene Gute in dem des anderen zu suchen.
Ein Christlicher Wissenschafter weiß, daß er seine Arbeit nicht richtig tut, wenn er nur materiellen Nutzen sucht, da sein wahrer Zweck in allem, was er tut, darin besteht, die Überlegenheit des Geistes zu beweisen. Ebenso wie das frühe Christentum seine Bedeutung und Wirksamkeit zu verlieren begann, als der Versuch gemacht wurde, heidnische Bräuche einzuführen, so muß auch der Christliche Wissenschafter wachsam sein und darauf achten, daß seine individuelle Auffassung vom Dasein und den menschlichen Werten nicht vermaterialisiert wird. Mary Baker Eddy sagt uns in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit: „Nimm Reichtum, Ruhm und gesellschaftliche Einrichtungen weg, die nicht ein Jota in der Waagschale Gottes wiegen, und du gewinnst klarere Anschauungen vom Prinzip.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 239;
Ein Christlicher Wissenschafter versucht niemals, die Dinge des Geistes zu vermaterialisieren, weil er aufrichtig bemüht ist, die Nichtsheit der Materie und die Allheit des Geistes zu demonstrieren. Dies heißt nicht, daß die Ideen Gottes — Überfluß, Gesundheit, Weisheit und Geschicklichkeit — vage, nicht erreichbare Ideale sind. Sie sind konkrete, immergegenwärtige Tatsachen, und da sie von Gott kommen, sind sie unvergänglich und unbegrenzt. Eine materielle Auffassung von Überfluß, Gesundheit und Wohlergehen zu demonstrieren suchen hat nichts mit der Christlichen Wissenschaft zu tun.
Der Anhänger dieser Wissenschaft ist darauf bedacht, Gottes Willen geschehen zu lassen. Er weiß, daß es Gottes Wille ist, Vollkommenheit, völlige Freude und das unbegrenzte Gute auszudrücken. Durch Sein Wirken kommt es ans Licht, daß diese Tatsachen immergegenwärtig, unendlich und allumfassend sind.
Nicht das, was der Mensch von Gott verlangt, ist wichtig, sondern was Gott vom einzelnen verlangt. Wenn jemand um Hilfe in der Christlichen Wissenschaft bittet und erklärt, daß dieses oder jenes zu einem gewissen Zeitpunkt getan sein muß, daß ein Termin irgendeiner Art eingehalten oder andere Forderungen erfüllt werden müssen —, das ist nicht der Weg der Wahrheit. Wir sollten uns vielmehr fragen: „Was kann ich tun, um ein besserer, positiverer Zeuge der Wahrheit zu sein?“
Die Antwort wird uns immer gegeben, aber wir hören sie nicht immer oder achten nicht auf sie, weil die materiellen Sinne eine materielle Antwort haben wollen. Gott antwortet geistig, und Seine geistigen Ideen, obwohl sie göttlich mental sind, sind für das vergeistigte Denken wirklich wahrnehmbar.
Ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft wird während des Tages oft in folgender Weise um Hilfe ersucht: „Ich muß bis zu einem bestimmten Tag eine bestimmte Geldsumme haben“ oder „mein körperlicher Zustand muß sich ändern“ oder „ich werde sehr bald ein Haus oder eine Wohnung benötigen.“ Der wissenschaftliche Arbeiter weiß, daß das wichtigste in jedem Fall nicht die Erleichterung der menschlichen Situation ist, sondern die Vergeistigung des Denkens, die den Suchenden befähigt, sich seiner ungestörten Einheit mit Gott, der Quelle alles Guten und allen Lebens, bewußt zu werden. Wenn dies erlangt wird, geht die Heilung unausbleiblich vor sich.
Wer auf diese Weise arbeitet, wird nicht von dem irreführenden, unwichtigen Augenschein der materiellen Sinne beeinflußt, noch sucht er materielle Ergebnisse. Die Worte des Paulus sind eine nützliche Mahnung: „Nicht mit Dienst allein vor Augen, um den Menschen zu gefallen, sondern als Knechte Christi, die den Willen Gottes tun von Herzen.“ Eph. 6:6;
Mrs. Eddy beschreibt auf wunderbare Weise den korrekten und sicheren Weg, die Christliche Wissenschaft zu demonstrieren, wenn sie sagt: „Allem entsagen, was einen sogenannten materiellen Menschen ausmacht, und seine geistige Identität als Kind Gottes anerkennen und erreichen ist Wissenschaft, die geradezu die Schleusen des Himmels öffnet, aus denen das Gute in jeden Lebensbereich hineinströmt, dabei die Sterblichen von aller Unreinheit reinigt, alles Leiden zerstört und das wahre Bild und Gleichnis demonstriert. Es gibt keinen anderen Weg unter dem Himmel, durch den wir erlöst werden können und der Mensch mit Macht, Majestät und Unsterblichkeit angetan wird.“ Vermischte Schriften, S. 185. Wer nach dem Geist dieser Worte handelt, der erkennt und beweist das, was wirklich wichtig ist.
