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DIE BIBEL ALS ZUSAMMENHÄNGENDES GANZES

[Diese Artikelserie zeigt die stetige Entfaltung des Christus, der Wahrheit, die ganze Heilige Schrift hindurch.]

Jeremia und das deuteronomische Gesetzbuch

Aus der Oktober 1970-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„Dies sind die Worte Jeremias, des Sohnes Hilkias, aus dem Priestergeschlecht zu Anathoth im Lande Benjamin. Zu ihm geschah das Wort des Herrn zur Zeit Josias, des Sohnes Amons, des Königs von Juda, im dreizehnten Jahr seiner Herrschaft“ (Jer. 1:1, 2).

Diese Ankündigung, in der auf den König Josia hingewiesen wird, enthält nicht nur die Einführungsworte zum Buch Jeremia, sondern weist auch auf die Beziehung hin, die zwischen Jeremia und dem fünften Buch Mose besteht. Josia war sich völlig im klaren über die Bedeutung des „Gesetzbuches“ (2. Kön. 22:8), das während seiner Regierungszeit im Tempel gefunden wurde, erkannte dessen Übereinstimmung mit den traditionellen Lehren Moses und ließ es als Landesgesetz in Kraft treten. Die prophetische Inspiration Jeremias wurde zweifellos von Josias Maßnahme, eine bitter notwendige religiöse Reform einzuleiten, angeregt — eine Reform, die Jeremia anscheinend von Anfang an unterstützt hat (siehe Jer. 11:1—8).

Diejenigen, die bei der Abfassung und wiederholten Überarbeitung des fünften Buches Mose mitarbeiteten, erkannten klar, wie außerordentlich wichtig es war, daß das hebräische Volk seine eigene Geschichte gründlich kannte. In geschichtlichem Rahmen setzt das Buch seine Botschaft auseinander, die Forderung an das Volk, zu seinem Erbe des Monotheismus zurückzukehren, dem Mose großen Nachdruck verliehen hatte. Aus dieser Darstellung entnimmt man, daß das Thema schon in einer oder vielleicht sogar in drei hauptsächlichen Ansprachen unterschiedlicher Länge niedergelegt worden war, die Mose in Moab gehalten hatte, bevor die Israeliten unter der Führung Josuas nach Kanaan gelangten.

Durch die Wiederholung der Zehn Gebote im 5. Kapitel lenkt das Buch die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit immerwährenden Gehorsams. „Der Herr, unser Gott,. .. hat nicht mit unsern Vätern diesen Bund geschlossen, sondern mit uns, die wir heute hier sind und alle leben“ (Vers 2 und 3).

Im 6. Kapitel finden wir den berühmten Ausspruch: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein“ (Vers 4), und das Gebot, Ihn rückhaltlos zu lieben. Aber nicht nur das, sondern alle diese Worte sollen den Kindern eingeschärft und im Denken der Menschen ständig wachgehalten werden. Gott hatte das Land ihren Vorvätern gegeben, weil sie Sein auserwähltes Volk waren, nicht wegen ihrer großen Anzahl oder irgendeines Verdienstes ihrerseits (siehe 5. Mose 7:6—8). Er hatte ihren Vätern versprochen, ihren Nachfolgern das Land zu geben.

Das fünfte Buch Mose, das Deuteronomium, dessen Hauptteil allgemein als das erste Buch angesehen wird, das als das Wort Gottes kanonisiert wurde, ist oft als „das Evangelium des Alten Testaments“ bezeichnet worden. Seine Themen der Harmonie, Einheit, Freude, Barmherzigkeit und Liebe waren nicht nur für die Propheten eine Quelle der Inspiration, sondern auch für Christus Jesus, der mehr als einmal aus dem Deuteronomium zitierte, als er sein eigenes Evangelium der Welt verkündete. Ein Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts hat sogar erklärt, daß „dieses Deuteronomium wahrlich als eins der mächtigsten und einflußreichsten Bücher aller Zeiten angesehen werden kann“ (A Guidebook to the Biblical Literature von John F. Genung, S. 227).

Jeder, der das Alte Testament studiert, ist in gewissem Maße mit den Obliegenheiten der Priester und Propheten, den großen Führern ihrer Tage, vertraut. Sie waren nicht immer einmütig, aber zu gegebener Gelegenheit verbanden sie sich, um angesichts einer nationalen Krise dem allgemeinen Guten zu dienen. Solch eine Krise erhob sich zur Regierungszeit Manasses, des Königs von Juda, im siebenten Jahrhundert v. Chr., einer Regierungszeit, die ebenso lang wie allbekannt sündhaft war.

In dem Bemühen, die immer höher steigende Flut des Heidentums, des Götzenkults und seiner Begleiterscheinungen, wie Sittenlosigkeit, Zauberei, Geisterbeschwörung, Aberglauben und andere ausgesprochene Übel aller Art, einzudämmen, scheint es eine Gruppe von Propheten und Priestern gewesen zu sein, die ein geheimes Komitee bildeten, um ein „Gesetzbuch“ zusammenzustellen, das zu gegebener Zeit vorgelegt und angenommen werden konnte. Dieses Buch wurde wahrscheinlich die Grundlage für das große, wenn auch etwas ungeordnete und komplizierte Gesetzbuch der Reform, das heute Deuteronomium oder das fünfte Buch Mose genannt wird.

In einem Buch, das unter solch außergewöhnlichen Umständen zusammengestellt und über solch eine lange Zeit vorbereitet wurde und das die enge Zusammenarbeit von Priestern und Propheten erforderlich machte, muß Einheitlichkeit des Denkens die Voraussetzung gewesen sein. In diesem einen Buch erscheinen die drei vertraulichen Anreden „dein Gott“, „unser Gott“, „euer Gott“ mehr als 270mal, während in den vier übrigen Büchern des Pentateuch diese Anreden weniger als 70mal auftreten.

Und immer wieder betont das fünfte Buch Mose die herrliche Gewißheit von der Liebe Gottes für den Menschen und die Notwendigkeit, daß der Mensch Gott liebe (siehe 5. Mose 7:13; 10:15; 6:5). Freude ist ein typisches Merkmal dieses Buches, wie sie auch für das Lehren und Wirken des Meisters typisch sein sollte. Die wohlwollendere Einstellung des Buches gegenüber den Rechten der Frauen, Kinder, Sklaven und Armen, seine Anerkennung der Vaterschaft Gottes (siehe 1:31; 32:6, 11) und des brüderschaftlichen Verhaltens, das allen Menschen gebührt (siehe 24:10—22), all dieses trägt dazu bei, die harten Worte der Verdammung, die man manchmal auf seinen Seiten findet, auszugleichen. Selbst der Regen wird als von Gott kontrolliert angesehen, der dann fällt, wenn das Volk Seinen Geboten gehorsam gewesen ist (siehe 11:13—15).

In dem Vorhaben, das von solchen Idealen geleitet wurde, scheint Jeremia den König Josia stark unterstützt zu haben, indem er dessen Reformpolitik die Rechtfertigung durch den Herrn gab, von dem er seine eigene Berufung erhalten hatte. „Höret die Worte dieses Bundes“, rief er aus, als er sie „den Leuten in Juda und den Bürgern von Jerusalem“ verkündete (Jer. 11:2). Darüber hinaus sagte er, es zu unterlassen, den Worten des Bundes zu gehorchen, würde bedeuten, sich das Gericht Gottes zuzuziehen, denn „so spricht der Herr, der Gott Israels: Verflucht sei, wer nicht gehorcht den Worten dieses Bundes, die ich euren Vätern gebot an dem Tage, als ich sie aus Ägyptenland führte. .. . und sprach: Gehorcht meiner Stimme. .. wie ich euch geboten habe, so sollt ihr mein Volk sein, und ich will euer Gott sein“ (Vers 3 und 4; siehe auch 5. Mose 28:15; 30:8—20).

Jeremia war ein junger Mann aus priesterlichem Geschlecht, der in Anathoth bei Jerusalem wohnte und von Gott berufen worden war, einer der Propheten Israels zu sein. Jeremia zögerte, diesen Auftrag anzunehmen, weil er verhältnismäßig jung war, aber es wurde ihm versichert, daß er für diese Laufbahn bereits vor seiner Geburt ausgewählt worden war (siehe Jer. 1:5). Von Geburt ein Priester und vom Schicksal zum Propheten bestimmt, war Jeremia in einer einmaligen Lage, beide Berufe zu vertreten.

Beim Aufstellen der grundlegenden Prinzipien seiner Reform — was in Übereinstimmung mit dem im Tempel gefundenen „Buch des Bundes“ (2. Kön. 23:2) geschah — war Josia der Meinung, daß er das Leitbild zum Ausdruck brachte, das Mose hatte und das in den folgenden Worten des fünften Buches Mose sein Echo fand (12:5): „Die Stätte, die der Herr, euer Gott, erwählen wird aus allen euren Stämmen, daß er seinen Namen daselbst wohnen läßt, sollt ihr aufsuchen und dahin kommen.“ Dieser und andere ähnliche Verse aus demselben Kapitel wurden dahin ausgelegt, daß gefordert wurde, Jerusalem zum zentralen Heiligtum für ganz Palästina zu machen.

Diese Auslegung war wahrscheinlich für viele annehmbar, aber einige von Jeremias Verwandten und Nachbarn, Mitglieder der örtlichen priesterlichen Gemeinde in Anathoth, haben zweifellos daraus geschlossen, daß ihr Lebensunterhalt in Gefahr war. Tatsächlich wurde auch von einigen Bibelgelehrten Jeremias eigene Einstellung zu der neuen Bewegung in Frage gestellt, besonders als sich ihre formelle, kirchliche Seite herausschälte. Auf jeden Fall wurde der Prophet die Zielscheibe bitterer Feindschaft seiner Nachbarn. „Weissage nicht im Namen des Herrn“, sagten sie, „wenn du nicht von unsern Händen sterben willst!“ (Jer. 11:21.) Aber getreu dem Auftrag, den er vom Herrn erhalten hatte, fuhr Jeremia in der gleichen Weise fort. Obwohl er eine Zeitlang geschwiegen zu haben scheint, hört man, daß er nach Josias Tod wiederum seine Stimme gegen das verderbliche Treiben erhebt und vor der über der ganzen Nation hängenden Gefahr warnt, die das Ergebnis der Fortsetzung dieses Treibens ist.

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