Den materialistischen Theorien zufolge ist der Mensch ein chemisches und biologisches Wesen. Seine Empfindungen, körperlichen Zustände und selbst seine Denkvorgänge beginnen angeblich mit einem chemischen und biologischen Prozeß. Im Einklang mit dieser Theorie sagen wir, daß Kopfschmerzen einen Temperamentsausbruch verursachen oder daß uns ein nervlicher Zustand veranlassen kann, anderen gegenüber ungeduldig oder unfreundlich zu sein.
Intelligenz, Talente und sogar Charakterzüge gehen theoretisch auf einen Prozeß zurück, in dem die Wesensmerkmale unserer Eltern in ein höchst kompliziertes, biologisches Räderwerk des Zufalls geworfen werden. Ererbte individuelle Unterscheidungsmerkmale sind das Ergebnis. Kinder derselben Eltern mögen deshalb einige ähnliche Wesenszüge besitzen, sie können sich aber auch erheblich voneinander unterscheiden.
Die Betrachtungsweise des Menschen in der Christlichen Wissenschaft
Christian Science ; sprich: kr'istjən s'aiəns. beginnt mit Geist, Gott. Alle Tätigkeit, Substanz und alle Zustände des Menschen haben ihr Dasein in und von Gott und werden vom Menschen widergespiegelt. Gott ist Geist, göttliches Prinzip, der Schöpfer von allem. Mary Baker Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Die Gottheit war zufrieden mit ihrem Werk. Wie könnte sie auch anders als zufrieden sein, da ihr Erzeugnis, die geistige Schöpfung, der Ausfluß ihres unendlichen Selbstgenüges und ihrer unsterblichen Weisheit war?“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 519; Die Christliche Wissenschaft betrachtet die materialistische Theorie als falsch, weil diese Theorie das göttliche Prinzip, Gott, und die geistige Schöpfung völlig ignoriert.
Auch dieser Standpunkt mag bloße Theorie zu sein scheinen, doch er ist durch Heilung beweisbar. Wer die Wahrheit über Gott und den Menschen, das göttliche Prinzip und seine Idee, anerkennt, stellt fest, daß er durch die Bezeugung der Wahrheit das göttliche Gesetz anwendet. Und das zeigt sich in der Heilung körperlicher und mentaler Schwierigkeiten wie auch von gottunähnlichen Charakterzügen. Heilungen erfolgen, weil chemische und biologische Gesetze den Menschen in Wirklichkeit nicht beherrschen. Sie sind kein Teil der göttlichen Schöpfung. Sie sind tatsächlich ihr Gegenteil.
Das göttliche Gesetz ist die Tätigkeit des unendlichen Gemüts, das sich selbst als Alles-in-allem erklärt. So beherrscht das Gemüt seine Ideen in vollkommener Harmonie und erhält sie bei vollkommener Gesundheit. Ferner drückt es sich durch seine Ideen in unendlicher Individualität aus, so daß nicht zwei Ideen gleich sind, und doch offenbart jede die Unendlichkeit des Gemüts in unbegrenzten Fähigkeiten und in Eigenschaften, die absolut vollkommen sind, die aber miteinander harmonieren und sich gegenseitig ergänzen. Und alle Ideen Gottes sind unsterblich, ebenso wie Gott.
Die Christliche Wissenschaft bezeichnet das vermeintliche Gegenteil des göttlichen Gemüts als sterbliches Gemüt. Dieses angebliche Gemüt ist die Quelle aller falschen Theorien und der ihnen innewohnenden Gesetze. Die Annahme, daß Kopfschmerzen einen Temperamentsausbruch verursachen, ist irreführend. Sowohl die Kopfschmerzen wie der Temperamentsausbruch sind Sprößlinge der sterblichen Annahme. Wenn wir das erkennen und erklären, daß wir dieser Annahme nicht unterworfen sind, weil wir nicht sterblich sind, und wenn wir die Wahrheit behaupten, daß wir die Sprößlinge des „unendlichen Selbstgenüges und [der] unsterblichen Weisheit“ des Gemüts sind, dann wenden wir das göttliche Gesetz an. Dieses Gesetz demonstriert sich selbst in unserem Leben und beweist, daß wir in der Tat gänzlich von dem einen Prinzip beherrscht werden. Kurz, wir werden von beidem geheilt, der Neigung zu Kopfschmerzen und der Neigung zu Temperamentsausbrüchen.
Manchmal sind wir versucht zu glauben, daß ein körperliches Leiden nicht geheilt werden könne, ohne daß wir zuerst eine verkehrte mentale Eigenschaft finden und dann daran arbeiten, sie zu überwinden. Doch allzuoft bleiben die Krankheitssymptome bestehen, nachdem solch ein mentaler Zug bereits aufgedeckt und zerstört worden ist. Der Grund dafür liegt in dem Versagen, das sterbliche Gemüt und was es zu tun behauptet zu verstehen.
Als erstes behauptet es, daß der Mensch materiell oder — präziser gesagt — chemisch und biologisch sei, und dann behauptet es, daß Ursache und Wirkung in der Materie zu finden seien. Das Gesetz, das erklärt, daß Kopfschmerzen die Folge einer schlechten Stimmung sein können, unterscheidet sich in nichts von dem Gesetz, das erklärt, eine schlechte Stimmung könne die Folge von Kopfschmerzen sein. Da keines von beiden wirklich ist, kann es kein derartiges Verhältnis von Ursache und Wirkung geben. Wir überwinden sowohl das Krankheitssymptom wie seine scheinbare Ursache oder, wenn wir wollen, den Charakterzug und seine scheinbare Ursache, indem wir die Allheit und Vollkommenheit des Gemüts verstehen und anerkennen, daß der Mensch der Ausfluß dieses Gemüts ist.
Die Christlichen Wissenschafter lernen durch die Praxis, daß sie gegenüber jedem Symptom ihres eigenen Glaubens an das materielle Gesetz wachsam sein müssen. Sowohl körperliche Symptome wie unharmonische mentale Zustände weisen auf eine unwiderlegte sterbliche Annahme hin. Wenn wir zum Beispiel gereizt sind, kann geistige Wachsamkeit uns zeigen, daß wir die Gelegenheit haben, eine Krankheit zu verneinen und zu zerstören, für die Reizbarkeit — dem materiellen Gesetz zufolge — ein Vorbote sein mag. Wer wachsam genug ist — und Wachsamkeit bedeutet, sich fortwährend bewußt zu sein, daß man der Ausfluß des „unendlichen Selbstgenüges und [der] unsterblichen Weisheit“ des Gemüts ist —, braucht niemals krank zu sein.
Krankheitssymptome und Gott unähnliche mentale Züge sind Versuchungen. Durch sie verleitet uns das sterbliche Gemüt zu glauben, daß es eine wirkliche Macht sei, die sich dem göttlichen Gemüt entgegenstellt. Solche Symptome oder Wesenszüge werden nicht verschwinden, wenn wir sie ignorieren; auch werden sie nicht dadurch wertvoll, daß wir an ihnen festhalten. Der Rat Christi Jesu an seine Jünger, als diese im Garten Gethsemane nicht wach bleiben konnten, ist auf uns anwendbar, wenn wir jeden Tag den Suggestionen des sterblichen Gemüts begegnen. Er sagte zu ihnen: „Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet!“ Matth. 20:41.
