Einer der bedeutendsten Punkte in Hoseas Lehre war seine Betonung der Notwendigkeit, Gott zu erkennen. Das Fehlen dieser Erkenntnis und die sich daraus ergebenden Irrtümer, die im nördlichen Israel überhandnahmen, beklagend, rief der Prophet: „Es ist keine Treue, keine Liebe und keine Erkenntnis Gottes im Lande. .. Mein Volk ist dahin, weil es ohne Erkenntnis ist“ (Hos. 4:1, 6). Im 13. Kapitel erklärt der Herr (Vers 4): „Ich ... bin der Herr, dein Gott, ... und du solltest keinen andern Gott kennen als mich.“
Während Hosea für die Menschen seiner Tage die Erkenntnis Gottes für grundsätzlich erforderlich hielt, sah es der Meister unter den Christen etwa acht Jahrhunderte später als das an, was den Lebensinhalt darstellt, denn er erklärte mit folgenden nachhallenden Worten: „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“ (Joh. 17:3; vergl. 8:32).
Niemand sah deutlicher die selbstauferlegten Gefahren und Begrenzungen, die von dem Versagen seines Volkes herrührten, sein rebellisches und eigenwilliges Betragen aufzugeben, als Hosea. Er war ein scharfer Beobachter der Verhältnisse und Taktiken seines Landes wie auch ein tief religiöser Denker, und so gab er seinen Botschaften eine Zeitbezogenheit, die man noch heute sein ganzes Buch hindurch verfolgen kann.
Israel (abwechselnd auch Ephraim oder Samarien genannt), das direkt an dem großen Handelsweg zwischen Syrien im Norden und Ägypten im Süden lag, hatte eine bedauernswerte Neigung, von der Reinheit der hebräischen Religion abzuweichen, indem es sich angeblich religiöse Ideen aneignete, die für den eigenen Fortschritt im Grunde genommen schädlich waren. „Ephraim“, so lesen wir, „mengt sich unter die Völker“ (Hos. 7:8), und so verwarf es die Religion des wahren Gottes Israels zugunsten von Übeln, die man mit zahlreichen heidnischen Gottheiten in Verbindung bringt.
Ephraim hatte sich auch in politischer Hinsicht „unter die Völker“ gemengt und schwankte zwischen zwei bekannten Mächten hin und her, zwischen Ägypten am Nil und Assyrien am Tigris. In seiner lebhaften und scharfen bildlichen Ausdrucksweise behauptet Hosea: „Ephraim ist wie eine törichte Taube. .. Jetzt rufen sie Ägypten an, dann laufen sie nach Assur“ (Vers 11). Wie ein verwirrter Vogel flattern sie erst in die eine Richtung und dann in die andere; sie haben keine festgelegte oder beständige Politik, und auf ihrer Suche nach menschlicher Unterstützung sind sie bereit, sich nach jeder Richtung zu wenden, aber sie sind nicht bereit, ihr Vertrauen auf Gott zu setzen.
Hosea erkannte, daß die Politik seines Volkes auf nationaler Ebene genauso unklug war wie dessen Verfahren mit ausländischen Mächten, denn selbst bei der Wahl seiner eigenen Herrscher hatte es versäumt, sich an Gott um Führung zu wenden. Im Namen des Herrn sprechend, rief er (8:4): „Sie machen Könige, aber ohne mich; sie setzen Obere ein, und ich darf es nicht wissen.“ Als er Israel rügte, weil es sich vom Herrn abwandte, prophezeite er: „Denn der König von Samaria ist dahin wie Schaum auf dem Wasser“ (10:7).
Bei seinen wiederholten Aufforderungen an das Volk, Reue zu zeigen, machte Hosea es klar, daß die Reue praktisch und wirksam sein muß, daß sie nicht allein aus wortreicher Zerknirschung bestehen sollte, sondern aus aktiver Umwandlung. Ja, das hebräische Wort für „umwandeln“ bedeutet genau genommen „umkehren“, wobei auf konstruktive Umkehr hingewiesen wird, nämlich die Entscheidung, von dem früheren Kurs in die entgegengesetzte Richtung zu gehen (siehe 12:7).
Der Prophet Hosea konnte genauso offen wie Amos das Böse seiner Generation bloßlegen; aber wie dieser, bewahrte auch er sich immer eine konstruktive Art, seine Gedanken vorzubringen, wobei er die Grundlagen der Reform betonte, von denen viele auf die Religion gerichtet waren, wie Christus Jesus sie begründete.
