Geschicklichkeit und Intelligenz sind Kundwerdungen Gottes, des göttlichen Gemüts. Wir können sie nicht schaffen. Da ein jeder, ohne Ausnahme, in Wirklichkeit Gottes Kind ist, stehen diese göttlichen Merkmale einem jeden von uns in unbeschränktem Maße zur Verfügung. Je klarer wir uns dessen bewußt werden, um so mehr können wir uns unsere gottgegebenen Talente zunutze machen; anders ausgedrückt: um so besser werden wir Gott widerspiegeln.
Gott schafft keine minderwertigen Geschöpfe, denn da Er, Geist, gut ist, ist Seine Schöpfung geistig und vollkommen. Der einzelne mag minderwertig denken und darum einen Minderwertigkeitskomplex haben, aber sein Problem entspringt hauptsächlich der Annahme, daß er ein Sterblicher sei, der auf seine eigenen Hilfsmittel und sein eigenes Denkvermögen angewiesen ist. Ein Minderwertigkeitskomplex ist in Wirklichkeit Furcht, die durch die irrige Auffassung hervorgerufen wird, man hätte nicht genug Fähigkeiten, um die vielseitigen Anforderungen des täglichen Lebens meistern zu können. Diese Unwissenheit ist so typisch für den sterblichen Menschen, der sich dadurch selbst von der Harmonie ausschließt.
Ein solcher irriger Bewußtseinszustand kann berichtigt werden, wenn man erkennt, daß Gott und Mensch — als Ursache und Wirkung — eine untrennbare Einheit bilden. Das Wirken des wahren Menschen, der rein geistig ist, ist nichts anderes als die Widerspiegelung Gottes. Ein Verständnis von dieser Tatsache ist der entscheidende Punkt, auf den es bei der Zerstörung des Minderwertigkeitsgefühls ankommt. Wenn das gefangene Bewußtsein zu der Wahrheit über Gott und den Menschen erwacht, dann lösen sich Druck, Unsicherheit und Unruhe — die Begleiterscheinungen einer jeden Begrenzung — in ihr natürliches Nichts auf, und Gottes Intelligenz kann ungehindert ausgedrückt werden.
Die Lösung des Problems geschieht also im Bewußtsein des Betreffenden und ist völlig unabhängig von äußeren Einflüssen, von Bildung, Erziehung und menschlichen Qualitäten. Die Kenntnis von des Menschen wahrer Selbstheit in Gott läßt das unbegrenzte Gute wirksam werden, das eigentlich schon immer latent vorhanden gewesen ist, aber durch die falsche menschliche Auffassung nicht verstanden oder ausgedrückt wurde.
Die niederdrückende Selbstsuggestion, man leiste nicht viel, tritt nicht etwa nur bei ungebildeten Leuten auf, sondern auch bei gebildeten Menschen, weil sie sich, vielleicht mehr als andere, Gedanken über ihren persönlichen Wert oder Unwert machen. Der Sinn für Verantwortlichkeit und Pflichtgefühl gegenüber der Menschheit mag bei ihnen ausgeprägter sein. Ein altes deutsches Sprichwort sagt: „Den Seinen gibt's der Herr im Schlafe.“ Und darin steckt ein Körnchen Wahrheit. Denn wenn wir aufhören, furchterfüllt an die vor uns liegenden Aufgaben zu denken, und statt dessen alles in Gottes Hand legen, in dem Bewußtsein, daß Er als das einzige Gemüt alle Verantwortung trägt, dann können wir jede Situation meistern.
Jeder Tag sollte für uns eine neue Gelegenheit sein, Gottes Intelligenz zu unserem und zum Wohle aller auszudrücken. „Verlaß dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlaß dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen.“ Spr. 3:5, 6;
Ist es weise, einen anderen Menschen wegen seiner besonderen Fähigkeiten zu bewundern und ein Minderwertigkeitsgefühl ihm gegenüber zu hegen? Nein; bedenken wir doch, daß dieser ja auch nichts von sich aus tun kann, da Gott Alles-in-allem ist. Geben wir deshalb immer Gott und nicht einem erfolgreichen Menschen die Ehre. Wir werden dann einen tüchtigen Menschen schätzen, aber wir werden ihn nicht vergöttern. Schließlich sollten wir immer wissen, daß Gott sich nicht nur durch andere, sondern ebenso intelligent durch uns ausdrückt, wenn wir Ihn, ungehindert durch Stolz oder Herabwürdigung unser selbst, durch uns wirken lassen.
Es sei hierbei bemerkt, daß auch menschlicher Stolz ein Zeichen von Unkenntnis der Wahrheit ist, denn die Heilige Schrift sagt: „Ein stolzes Herz ist dem Herrn ein Greuel und wird gewiß nicht ungestraft bleiben.“ 16:5;
Und so bleibt auch das Minderwertigkeitsgefühl nicht ungestraft, weil nämlich derjenige, der es hegt, nicht absolut an das eine Gemüt — Gott —, sondern noch immer an viele Gemüter glaubt.
Das mag hart klingen, und doch hemmt der Glaube an viele menschliche Persönlichkeiten am meisten unser geistiges Wachstum und nicht zuletzt auch das Wachstum unserer Kirchen. Wenn innerhalb einer Kirche einer den anderen lediglich als menschliche Person oder Persönlichkeit sieht und nicht als eine geistige Idee Gottes, dann akzeptiert man menschliche Unzulänglichkeiten und identifiziert sie mit dem Betreffenden. Solches Denken hindert uns daran, einen Minderwertigkeitskomplex zu überwinden.
Wahres Selbstvertrauen ist absolutes Vertrauen auf Gott; es bringt uns Sicherheit und Freiheit, mag kommen, was da will. Wer sich in Gott weiß, den kann selbst die bösartigste Kritik nicht aus der Bahn werfen.
Durch das Studium der Christlichen Wissenschaft sind unzählige Menschen, die vorher durch Selbstunterschätzung begrenzt waren, zu den erfolgreichsten Menschen und zu treuen Nachfolgern Christi geworden. In unserem Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit spricht Mrs. Eddy von den praktischen Ergebnissen eines Verständnisses von dieser Wissenschaft und schreibt: „Das mit diesem geistigen Verständnis ausgestattete menschliche Gemüt wird elastischer, ist größerer Ausdauer fähig, kommt in etwas von sich selbst los und bedarf weniger der Ruhe. Eine Kenntnis von der Wissenschaft des Seins entwickelt die latenten Fähigkeiten und Möglichkeiten des Menschen. Sie erweitert die Atmosphäre des Gedankens, indem sie den Sterblichen weitere und höhere Gebiete erschließt. Sie erhebt den Denker in seine ureigene Sphäre der Einsicht und Scharfsichtigkeit.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 128;
Wenn wir vom persönlichen Sinn loskommen, dann werden wir frei von Selbstverdammung, Selbstunterschätzung und dem uns in allem hemmenden Selbstbedauern. Dann werden wir wie die Kinder sein, die sich in der Obhut ihrer Eltern wissen und daher furchtlos in den Tag hineingehen. Und bessere Eltern als unseren Vater-Mutter Gott können wir gewißlich nicht haben!
Mit dem Pfund, das uns Gott anvertraut hat, müssen wir hingehen und weitere Pfunde hinzugewinnen, wie es uns das Gleichnis des Meisters so treffend veranschaulicht. Es ist tatsächlich eine interessante Lebensaufgabe, mit unserem gottgegebenen Pfund zu wuchern! Wenn wir wissen, daß Gott uns einen Posten zuweist, sei es nun im Beruf, in der Kirche oder sonst irgendwo, dann werden wir nicht mehr sagen: „Ich bin dazu nicht fähig.“ Wir werden vielmehr Seinem Geheiß folgen, da wir wissen, daß es Gott ist, der durch uns wirkt. Mit Paulus werden wir sagen: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus [Wahrheit].“ Phil. 4:13.
Freuen wir uns und seien wir Gott dankbar, daß Seine Intelligenz sich immer durch den Menschen ausdrückt. Wenn wir diese Wahrheit verstehen, können wir in unserer menschlichen Erfahrung die harmonische Tätigkeit Seines geistigen Universums beweisen, in dem jeder auf seinem wichtigen Platz steht, um Gottes guten Vorsatz zu erfüllen.
Darum rühme sich niemand eines Menschen;
denn es ist alles euer: ... ihr aber seid Christi,
Christus aber ist Gottes.
1. Korinther 3:21, 23