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DIE BIBEL ALS ZUSAMMENHÄNGENDES GANZES

[Diese Artikelserie zeigt die stetige Entfaltung des Christus, der Wahrheit, die ganze Heilige Schrift hindurch.]

Micha: Der bäuerliche Seher

Aus der Juli 1970-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Micha war ein Zeitgenosse des Jesaja von Jerusalem. Beide zeichneten sich durch ihren prophetischen Ernst aus; aber in ihrem gesellschaftlichen Stand und ihrer Lebensweise unterschieden sie sich erheblich. Jesaja war im wesentlichen ein Städter, der entweder in oder ganz in der Nähe von Jerusalem wohnte. Wie bereits erwähnt, scheint Jesaja in engem Kontakt mit Hofbeamten und den jeweiligen judäischen Monarchen gestanden zu haben, mit Usia, Jotham, Ahas und Hiskia; dessen ungeachtet werden alle, bis auf Usia, auch in Michas kurzem Buch erwähnt.

Micha scheint einfacher Herkunft gewesen zu sein, was sich aus der Tatsache schließen läßt, daß der Name seines Vaters nicht aufgezeichnet wurde. Im Unterschied zu Jesaja lebte Micha in einem kleinen Dorf mit Namen Morescheth-Gath, das etwa 30 Kilometer südwestlich von Jerusalem in einem hügeligen, aber fruchtbaren Landwirtschaftsgebiet lag, das oft als Hashefela bekannt war; dieses Gebiet bildet eine natürliche Grenze zwischen dem Philisterland im Küstengebiet des Mittelmeers und dem erhabenen judäischen Hügelland. Ob Micha selbst Bauer war, ist ungewiß, aber er scheint an den dringlichen Problemen seiner bäuerlichen Nachbarn sehr interessiert gewesen zu sein.

Michas Name ist bedeutsam, denn aus seiner Ableitung ergibt sich folgende hehre Frage: „Wer ist wie Jahwe (Jehova)?“ Ja, er trug zum Verständnis des Wesens und der Macht des Herrn bei, indem er niederschrieb, was die Gottheit in der Vergangenheit für ihr Volk getan hatte (siehe Micha 6:4, 5). Darüber hinaus wies er darauf hin, daß Gott sie weiterhin Seines Schutzes versichern würde, wenn sie Seinem Wort gehorchten und gegen den Götzendienst und das Böse einen entschiedenen Stand einnehmen würden.

Einige der Prophezeiungen Michas scheinen schon 722 v. Chr. gemacht worden zu sein. Sein kurzes Buch ist zum großen Teil aus einer bunten Reihe gegensätzlicher Erklärungen zusammengesetzt, die so auffallend verschieden dargelegt sind, daß einige Kommentatoren zu behaupten geneigt sind, sie hätten kaum von nur einem Menschen geschrieben worden sein können. Andererseits muß man vielleicht gerechterweise in Betracht ziehen, daß viele der Propheten die literarische Kunst der Gegensätze anscheinend bewußt angewandt haben, um ihre Botschaft deutlicher und mehr im einzelnen hervortreten zu lassen. Während also die ersten drei Kapitel des Buches Micha Drohungen und Botschaften über ein Strafgericht sowohl gegen Juda als auch gegen Samarien enthalten, besteht der mittlere Teil hauptsächlich aus Gedanken über Erlösung und Schutz, über Verheißung und Frieden (siehe Kapitel 4 und 5). Das sechste und der erste Teil des siebenten Kapitels ist dagegen wiederum in hohem Maße streng und düster; dann schließt das Buch mit einem Gedicht, das von Triumph und Vergebung erglüht.

Obwohl der Prophet innerhalb der Grenzen Judas und nicht weit von Jerusalem und dessen Tempel zu Hause war, hatte er seine herausfordernde Botschaft nicht nur an Jerusalem weiterzugeben, sondern auch an das Volk des nördlichen Königreichs Samarien, ja sogar darüber hinaus — an das Volk der ganzen Erde. „Höret, alle Völker! Merk auf, Land und alles, was darinnen ist! Denn Gott der Herr hat mit euch zu reden, ja, der Herr aus seinem heiligen Tempel“ (1:2). Welches war dann also der strenge Richtspruch, den der Prophet dem Volk seiner Generation verkündete?

Gleich zu Beginn seines prophetischen Amtes war Micha aus Morescheth von dem bevorstehenden Untergang der Stadt Samaria überzeugt. Er verkündigte, daß die großen Steine dieser berühmten Stadt bald in das Tal hinunterrollen würden und daß ihre Götzen zerschmettert würden. Viele ihrer Einwohner würden umkommen. Dies sollte tatsächlich ein historisches Ereignis werden, das kurz nach Beginn der Mission Michas im Jahre 721 v. Chr. durch die Hand Sargons von Assyrien eintrat.

Was Micha über das Schicksal Samarias vorausgesagt hatte, traf zu, aber er verstand es augenscheinlich als das erste Gewitterrollen in dem anhaltenden Sturm, der in Kürze über Jerusalem selbst hereinbrechen würde. Micha beschrieb das Schicksal Samarias sehr lebendig und sah es in Form einer Ansteckung, die sich unweigerlich nach Süden ausdehnen würde. „Unheilbar ist die Plage des Herrn: sie kommt bis nach Juda, ... bis an meines Volkes Tor, bis hin nach Jerusalem“ (1:9). Darüber hinaus scheint er die Strafe, die Jerusalem erwartete, so angesehen zu haben, daß sie der von Samaria erlittenen Strafe gleichkomme oder sie sogar noch übertreffe.

So ernst Micha auch Jerusalem hinsichtlich der bevorstehenden Angriffe, die diese große Stadt bald erleiden würde, warnte, so spürte er doch deutlich — und brachte es auch zum Ausdruck — ein mehr persönliches Interesse für die Dörfer in seinem eigenen Gebiet Hashefela, Dörfer, die wie die Hauptstadt sehr bald die Gefährlichkeiten einer Invasion kennenlernen würden. Mit trockenem Humor, der sich in Dr. Moffatts englischer Bibelübersetzung dieser Stelle widerspiegelt, spielt Micha auf die buchstäbliche hebräische Bedeutung der Namen verschiedener kleiner, dicht beieinander liegender Ortschaften an, die dem Propheten sehr gut bekannt waren. „Vergießt Tränen in Tränsdorf ... wälzt euch im Staub in Staubdorf ... mache dich auf, entblößt, o Schöndorf ... ! Rührdorf ... wage nicht, dich zu rühren“ (1:10 f.).

Zu Beginn des zweiten Kapitels seines Buches legt Micha weiterhin Zeugnis ab von seiner großen Sorge um die mißliche Lage seiner Nachbarn auf dem Lande, ein Gebiet, das ihm so vertraut war und seinem Herzen so nahe stand. Es wird allgemein zugegeben, daß diese Männer verhältnismäßig wohlhabende Bauern waren, aber sie stießen wiederholt auf Unbilligkeit und Unterdrückung seitens der Reichen und Arrogante. „Sie reißen Äcker an sich“, beschwerte sich Micha über diese Eindringlinge, „und nehmen Häuser, wie sie's gelüstet. So treiben sie Gewalt mit eines jeden Hause und mit eines jeden Erbe“ (2:2). Nicht nur die Bauern selbst wurden unbarmherzig gequält, so berichtete der Prophet, sondern auch ihre Ehefrauen wurden insgesamt aus den ihnen liebgewordenen Häusern vertrieben; folglich wurden ihre Kinder einer normalen, glücklichen Kindheit beraubt (siehe Vers 9).

Obwohl seine Botschaft bei einer Generation, die vielleicht lieber Verheißungen von Wein und starkem Getränk (siehe Vers 11) gehört hätte, recht unbeliebt gewesen sein mag, so wies der Seher doch seine wohlhabende Zuhörerschaft warnend darauf hin, daß das Leid, das sie anderen zugefügt hatten, auf sie selbst zurückfallen würde (siehe 2:10; 3:1–11). Barmherzigkeit und Reue schienen durch Abwesenheit zu glänzen. Eine Haltung wie diese, behauptete Micha, konnte den reichen Landbesitzern in Jerusalem nur Unheil bringen, Männern, die zu gegebener Zeit vielleicht erleben würden, daß Zion selbst unter den Pflug genommen werde wie die von ihnen verschmähten Felder und daß ihre eigene Stadt verwüstet werde und in Trümmern liege (siehe 3:12).

Im vierten Kapitel seines Buches (Vers 1–7) schwingt sich Micha zu einer erhabenen Atmosphäre von Freude und Erwartung auf, die in großem Gegensatz steht zu seiner Brandmarkung der reichen Führer Jerusalems und zu dem Unrecht, das sie seinen Freunden und ländlichen Nachbarn zugefügt hatten. Seine Prophezeiung von der Erhöhung Jerusalems „in den letzten Tagen“ kommt der seines Zeitgenossen Jesaja, des Sohnes Amoz, so nahe, daß die Frage der wirklichen Urheberschaft laut wird (siehe Jes. 2:1–5).

Micha sah die völlige zukünftige Wiederherstellung Jerusalems selbst und der Herrschaft von Frieden und Harmonie voraus. Wie Jesaja, so gebrauchte auch er bei seinen lebhaften Prophezeiungen bezüglich des Volkes das Thema der Übriggebliebenen (siehe Micha 2:12; 4:7; 5:7). Darüber hinaus gibt er einen der klarsten Hinweise auf das Kommen des Messias, von dem er sich vorstellt, daß er in dem judäischen Dorf Bethlehem geboren wird. Er würde nicht allein „in Israel Herr“ sein, sondern er würde auch „herrlich werden, so weit die Welt ist“ (5:1, 3).

Eine der denkwürdigsten Erklärungen Michas bringt eine lebhafte Zusammenfassung der von den Propheten des achten Jahrhunderts v. Chr. dargebotenen Botschaft, die nicht nur die Übel, sondern auch den Ritualismus der Zeit brandmarkte. Diese Erklärung hält die Notwendigkeit von Güte und Gerechtigkeit hoch, von Barmherzigkeit und Demut (6:8): „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“

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