Viele von uns können sich an die Zeit erinnern, wo Weihnachten ein sehr schlicht begangener religiöser Feiertag war. Krippenspiele, in denen die Geburt Jesu dargestellt wurde, das Singen von Weihnachtsliedern, der Tannenbaum und einfache Geschenke kennzeichneten die Festlichkeiten.
Im Laufe der Jahre ist man allmählich dazu übergegangen, das Ereignis zu verweltlichen, und heute bestimmen Geschäftemacherei, besonders intensive Reklame und Verkaufspolitik größtenteils das Zeremoniell, wodurch die wahre Bedeutung von Weihnachten immer mehr in den Hintergrund tritt. Viele scheinen sie überhaupt nicht zu beachten.
Stellen Sie sich vor, was Jesus denken würde, wenn er heute auf Erden wäre und sähe, wie die Menschen das Ereignis begehen, das am meisten zum geistigen Fortschritt der Menschheit beigetragen hat. Wir sollten daran denken, daß er die Wechsler aus dem Tempel trieb und den Materialismus zurechtwies, der danach trachtete, das Haus Gottes als einen Umschlagplatz für allerlei Waren zu benutzen.
Natürlich kehrt Jesus nicht auf die Erde zurück. Es ist auch nicht nötig. Das unvergleichliche Beispiel, das er in seinem Leben und in seinen Lehren darbot, das göttliche Prinzip, das er offenbarte, und seine Demonstration der geistigen Tatsache vom Einssein oder der Einheit des Menschen mit Gott verbleiben der ganzen Menschheit als sein Vermächtnis.
Die Christliche Wissenschaft macht einen bedeutsamen Unterschied zwischen Jesus und dem Christus, den er zu offenbaren kam. Jesus war eine menschliche Person, von Maria geboren. Der Christus ist die göttliche Botschaft, die er der Menschheit brachte. In Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy: „Jesus wurde von Maria geboren. Christus ist die wahre Idee, die das Gute verkündet, die göttliche Botschaft von Gott an die Menschen, die zum menschlichen Bewußtsein spricht.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 332; Weiter unten auf der Seite fügt sie hinzu: „Marias Empfängnis von ihm war geistig, denn Reinheit allein war imstande, Wahrheit und Liebe widerzuspiegeln, die in dem guten und reinen Christus Jesus sichtlich Fleisch wurden.“
Jahrhundertelang hatte das hebräische Volk nach dem verheißenen Messias ausgeschaut, dessen Erscheinen von seinen geistig gesinnten Propheten vorausgesagt wurde. Bei Johannes lesen wir: „Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ Joh. 1:11; Ist es nicht möglich, daß sie ihn deswegen nicht aufnahmen, weil sein Erscheinen und seine Werke anders waren, als sie es sich vorher ausgemalt hatten?
Vor der Geburt Jesu besaßen die Kinder Israel einmal einen eigenen Staat, der aktiv Handel trieb und eine Blütezeit erlebte. Doch sie waren vom Materialismus so in Anspruch genommen, daß sie ihre wundervolle Befreiung aus Ägypten und deren geistige Bedeutung oft vergaßen. Sie wurden für einige Zeit gefangengenommen, ihre Städte lagen verlassen da, und die verschiedenen Stämme wurden zerstreut.
Zur Zeit Jesu erwarteten sie, daß der Messias sie in einem Aufstand gegen die Römer, deren Untertanen sie damals waren, anführen und ihre frühere Unabhängigkeit wiederherstellen würde. Doch Jesu Mission war nicht politischer Art. Er kam, um ihnen und allen Menschen zu zeigen, wie sie sich von einer tieferen Knechtschaft befreien könnten — einer, wie die Christliche Wissenschaft aufzeigt, in der Hauptsache mentalen Knechtschaft, die durch den Glauben, daß die Materie die Quelle des Lebens und der Intelligenz sei, hervorgerufen wurde.
Diejenigen, die Jesus als den verheißenen Messias akzeptierten und sich sein Ideal, den Christus, der die Wahrheit über ihr eigenes geistiges Sein und ihre Beziehung zu Gott enthüllte, bereitwillig zu eigen machten, stellten fest, daß dieser Christus — die Wahrheit — ihr Leben umzuwandeln begann, sobald er ihre Motive läuterte, ihre Ziele selbstlos machte und sie dazu erweckte, die Wirklichkeit des geistigen Seins zu sehen. Diejenigen, die nicht willens waren, ihr Denken vergeistigen und ihr Leben erneuern zu lassen, kreuzigten ihn in dem Versuch, das zu vernichten, was ihren trügerischen Frieden im materiellen Sinn störte. Führt nicht heute eine ähnliche Anbetung der Materie dazu, Weihnachten geschäftlich auszunutzen und seine wahre Bedeutung zu entstellen?
Die Geburt Jesu eröffnete das christliche Zeitalter. Sie war ein Ereignis von so überragender Bedeutung, daß geschichtliche Begebenheiten nach der heutigen Zeitrechnung entweder v. Chr. — vor Christus — oder A. D. — nach Christi Geburt — stattgefunden haben. Doch Jesu Erscheinen war nicht lediglich ein geschichtliches Ereignis. Es war das Mittel, wodurch dem menschlichen Bewußtsein das Wesen Gottes, des göttlichen Prinzips des Seins, offenbart und die Geistigkeit des zu Gottes Ebenbild erschaffenen Menschen nicht nur gelehrt, sondern auch völlig demonstriert wurde.
Jesu Demonstration des Christus überwand jede Phase des Bösen, der Sünde, der Krankheit und des Todes, und wenn der Christus in das individuelle Bewußtsein aufgenommen wird, heilt er auch heute noch. Jesu Geburt wurde durch den Gesang der Engel verkündet, und die Engel singen auch weiterhin für alle, die Jesu Lehren akzeptieren und danach streben, seinem Beispiel nachzueifern.
Vor vielen Jahren hatte die Verfasserin ein Erlebnis, das ihr einen sinnvolleren Begriff von Weihnachten vermittelte. Ende November kamen Verwandte aus einem entfernten Bundesstaat, um ihre Familie zu besuchen. Einer der Verwandten war vorher nie in diesem Landesteil gewesen, und es gab viel Interessantes zu sehen; so bereitete es der Verfasserin Freude, jeden Tag mit den Gästen Besichtigungsfahrten zu unternehmen. Als sich aber der Besuch immer mehr in den Dezember ausdehnte, kamen ihr in zunehmendem Maße die vielen Dinge zu Bewußtsein, die sie zur Vorbereitung des Weihnachtsfestes tun müßte. Sie hatte zwei heranwachsende Töchter, denen sie in der Hauptsache selbstgeschneiderte Kleidungsstücke schenken wollte.
Als die Tage dahingingen und sie keine Zeit für diese Arbeit hatte, bedrückte sie dies immer mehr. Als die Verwandten schließlich abreisten, begann sie, beinahe außer sich, ihr Material und die Schnittmuster einzukaufen und zu nähen. Weil sie am Morgen studierte und sich mit geistigen Dingen beschäftigte, blieb ihr zum Nähen nur die kurze Zeit am Nachmittag, bevor die Kinder aus der Schule kamen. Da offensichtlich viel geschafft werden mußte und wenig Zeit zur Verfügung stand, m es zu tun, wuchs die Bedrängnis, bis es ihr eines Nachmittags, als sie an ihrer Maschine saß, einfach unerträglich wurde.
Sie stand auf und sagte laut: „Das kann doch nicht Weihnachten sein. Die Engel können unmöglich von schrecklichem Druck und Bedrängnis und Spannung gesungen haben.“ Sogleich beschloß sie, keinen weiteren Stich zu nähen, bis sie nicht ihren Frieden und ihre Überlegenheit wiedergewonnen hatte. Sie setzte sich in einem anderen Zimmer still hin, um ihr Denken zu beruhigen. Sie fragte sich, was Weihnachten wirklich bedeutete. Der Gedanke kam ihr, daß es die Gemeinschaft mit dem Christus, der geistigen Idee Gottes, war. Sie fragte sich, was der Christus für sie getan, was er in ihr Leben gebracht hatte. Was feierte sie überhaupt?
Ihre Gedanken gingen mehrere Jahre zurück. Sie erinnerte sich, daß ein Arzt, nachdem sie verschiedene Monate krank gewesen war, das Urteil „unheilbar“ gefällt hatte. In ihrer Verzweiflung hatte sie sich an die Christliche Wissenschaft gewandt und einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft aufgesucht. Durch das Verständnis, das der Ausüber von dem Christus hatte, wurde sie augenblicklich geheilt. Drei Wochen später erkrankte ihr kleines Kind an hohem Fieber. Als sie den Ausüber anrief, erlebte sie wieder, daß der Christus eine schnelle Heilung bewirkte.
Sie erinnerte sich, daß eines ihrer Kinder von den Folgen eines schweren Unfalls durch ihr eigenes Verständnis von dem Christus augenblicklich geheilt wurde. Ihre Gedanken schweiften von einer Heilung zur anderen, die im Laufe der Jahre erfolgt war. Sie mußte an Fälle denken, wo der Charakter umgewandelt, ein launenhaftes Wesen abgelegt, ein begrenzter Begriff von Versorgung überwunden wurde, wo Knochenbrüche geheilt, Kinderkrankheiten ausgelöscht und Tiere geheilt wurden. Die Erinnerung an eine Heilung nach der anderen strömte nur so in ihr Bewußtsein, und sie alle zeugten für den Christus, den Jesus offenbarte und demonstrierte, bereit, seinen menschlichen Begriff vom Leben dafür aufzugeben, damit alle, ebenso wie er, die große Wahrheit des geistigen Seins demonstrieren könnten.
Als sich die Verfasserin die Früchte jahrelanger Gemeinschaft mit dem Christus, der Wahrheit, ins Gedächtnis zurückrief, wurde ihr Herz von Dankbarkeit und Freude erfüllt, und sie rief laut aus: „Natürlich, das ist Weihnachten — diese wunderbare Freude und dieser wunderbare Frieden! Das ist es, wovon die Engel sangen.“ Sie blieb noch eine Weile sitzen und freute sich über das, was Jesus der Menschheit gebracht hatte, und über dessen große Bedeutung für alle, die seine Lehren akzeptieren und bestrebt sind, seinem Beispiel zu folgen.
Als sie sich wieder ans Nähen machte, war es mit einem Gefühl der Freude und Herrschaft, das sie die ganze Weihnachtszeit empfand. Es gab noch ebensoviel zu tun, und der letzte Knopf wurde am Abend vor dem Weihnachtsfest gegen Mitternacht angenäht, doch sie war Herr der Lage und voller Frieden. Diese Erfahrung liegt mehr als zwanzig Jahre zurück. Nie wieder ließ sie sich in dieser heiligen Zeit durch die Angriffe des Materialismus ihrer Freude und ihres Friedens berauben.
Mrs. Eddy gab ihren Nachfolgern wunderbare Weisungen in bezug auf Weihnachten. Der Christliche Wissenschafter tut gut daran, zu Beginn der Weihnachtszeit alles zu lesen, was sie zu diesem Thema geschrieben hat. Dies, verbunden mit dem Lesen der Weihnachtsgeschichte in den ersten beiden Kapiteln des Lukasevangeliums, wird ihn darauf vorbereiten, den auftretenden Bedrängnissen zu widerstehen und sich in seinem Denken vor allen Dingen den wahren Begriff von Weihnachten zu bewahren.
Ein kurzer Artikel mit dem Titel „Die Bedeutung von Weihnachten“ ist in dem Buch Was Weihnachten für mich bedeutet und andere Weihnachtsbotschaften zu finden. In diesem Artikel sagt Mrs. Eddy: „In der Christlichen Wissenschaft steht Weihnachten für das Wirkliche, das Absolute und Ewige — für die Dinge des Geistes, nicht der Materie.“ Was Weihnachten für mich bedeutet, S. 43. Im nächsten Abschnitt fährt sie fort: „Die Grundlage der Weihnacht ist der Fels, Christus Jesus; ihre Früchte sind Inspiration und ein geistiges Verständnis von Freude und Fröhlichkeit — nicht um der Tradition, der Gewohnheit oder des materiellen Genusses willen, sondern um der grundlegenden und demonstrierbaren Wahrheit willen, des Himmels inwendig in uns.“ Und sie fügt hinzu: „Der wahre Geist der Weihnacht hebt die Heilkunde in das Bereich des Gemüts empor; er treibt Übel aus, heilt die Kranken, weckt die schlummernden Fähigkeiten, ist jeder Lage gewachsen und versorgt den Menschen mit allem, was ihm not tut.“
