Was würde man von einer Gastgeberin halten, die Gäste in ihr Heim einlädt, nur um sie zu ignorieren oder kühl und unfreundlich zu behandeln, wenn sie kommen? Als Kirchenmitglieder müssen wir sorgfältig darauf achten, daß wir in unseren Gottesdiensten, Sonntagsschulen, bei Vorträgen oder in unseren Lesezimmern diesen Irrtum nicht begehen. Die meisten christlich-wissenschaftlichen Kirchen inserieren in einer Lokalzeitung, daß jeder herzlich eingeladen ist, die Gottesdienste und das Lesezimmer zu besuchen. Und der Erste Leser verliest mittwochs und sonntags vom Pult die gleiche Einladung.
Mrs. Eddy widmet im Handbuch Der Mutterkirche den Artikel XVI dem „Bewillkommnen von Fremden“. Absatz 2, der mit „Der Willkomm der Ortsmitglieder“ überschrieben ist, lautet: „Die Ortsmitglieder Der Mutterkirche haben die Pflicht und das Vorrecht, erforderlichenfalls Fremden, die zu den Morgengottesdiensten kommen, ihre Sitzplätze zu überlassen.“ Kirchenhandbuch, Art. XVI Abschn. 2; Als Kirchenmitglieder sollten wir unsere Liebe ausstrahlen lassen, um den Neuling in unseren Toren willkommen zu heißen, so daß er sich wohl und erwünscht fühlt.
Manchmal hält uns eine Annahme von Schüchternheit oder Befangenheit davon ab, Fremde zu begrüßen. Eigentlich ist das eine versteckte Form von Egoismus. Wir sind uns unseres eigenen persönlichen Ichs so sehr bewußt, daß wir uns fürchten, einen falschen Eindruck zu machen oder uns der Kritik auszusetzen. Wenn wir unser Ich vergessen und dem Guten, das wir für andere tun können, unsere Aufmerksamkeit schenken, können wir diese Befangenheit überwinden und in der liebevollen Bewillkommnung von Gästen in unseren Gottesdiensten Freude finden.
Eine ähnlich irrige Auffassung von uns selbst mag uns bei den Mittwoch-Zeugnisversammlungen auf den Sitzen festhalten und uns des gesegneten Vorrechts berauben, unsere Demonstrationen der Wahrheit mit anderen zu teilen, indem wir aufstehen und über unsere Erfahrungen berichten. Diese Zeugnisversammlungen sind wöchentliche Feste, die für unsere Freunde und Nachbarn vorbereitet sind. Wenn wir zögern, unseren Teil zu dem geistigen Mahl beizutragen, wird der Fremde enttäuscht und leer weggehen, immer noch nach Ermutigung hungernd.
Wenn wir das Gebet des Herrn beten, sprechen wir: „Unser täglich Brot gib uns heute.“ Matth. 6:11; Die geistige Auslegung dieser Zeile, wie Mrs. Eddy sie gab, lautet: „Gib uns Gnade für heute; speise die darbende Liebe.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 17; Zeugnisse über unsere Heilungen abzugeben ist eine der Möglichkeiten, Gott zu preisen und unsere Dankbarkeit für Seine Güte auszudrücken. Diese Zeugnisse segnen sowohl den Geber wie den Empfänger. Sie versinnbildlichen, daß wir denen, „die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit“ Matth. 5:6;, einen Becher kalten Wassers anbieten.
Die meisten von uns verdanken ihre erste Kenntnis von der Christlichen Wissenschaft jemandem, der so freundlich war, uns oder einen unserer Familienangehörigen mit ihr bekanntzumachen. Vielleicht ist es ein aufmerksamer Nachbar gewesen, der die Not sah und christlich-wissenschaftliche Literatur anbot oder zu einem Vortrag oder Gottesdienst einlud oder uns ein Exemplar von Wissenschaft und Gesundheit von Mrs. Eddy lieh. Vielleicht besuchten wir einen Gottesdienst oder betraten ein Lesezimmer aus eigenem Antrieb und waren von der herzlichen Atmosphäre der Liebe, die dort herrschte, beeindruckt. Ist es nicht unsere Christenpflicht, diesen Segen weiterzugeben und auf diese Weise unsere Dankbarkeit für die Hilfe zu zeigen, die es uns oder jemandem, der uns lieb und teuer ist, ermöglichte, von der Christlichen Wissenschaft zu hören?
Mrs. Eddy schreibt: „Opfert das Selbst, um einander zu segnen, so wie Gott Euch gesegnet hat. Vergeßt Euch selbst in der Arbeit für die Menschheit, dann werdet Ihr den müden Wanderer zu Eurer Tür ziehen, den Pilger und Fremdling für Eure Kirche gewinnen und Zugang zum Herzen der Menschheit finden.“ Vermischte Schriften, S. 155;
In der heutigen Zeit, wo es so leicht ist zu reisen, ist es sogar noch dringlicher, nach dem Besucher Ausschau zu halten und ihn willkommen zu heißen. Die Menschen reisen mehr denn je zuvor, entweder als Urlauber oder als Berufstätige, die aus geschäftlichen oder anderen Gründen unterwegs sind. Viele Menschen, die aus ihrer gewohnten Umgebung verpflanzt sind, bedürfen dringend einer liebevollen Freundschaft, die wir ihnen durch unsere Kirche und deren Tätigkeiten entgegenbringen. Ihre Kinder benötigen die religiöse Erziehung, die unsere Sonntagsschulen zu bieten haben. Alle bedürfen der Heilung und der gütigen Fürsorge, die wir durch die Wärme unseres aufrichtigen Willkommensgrußes zum Ausdruck bringen können.
Wenn wir uns darauf vorbereiten, Gäste in unserem Heim zu empfangen, dann säubern wir unsere Wohnung und richten sie schön her und tun unser Bestes. In unseren Kirchen müssen wir für einen sauberen, ästhetisch gefälligen Rahmen in dem materiellen Bau sorgen. Armseligkeit paßt nicht zu unserer nachdrücklichen Verkündung der Grenzenlosigkeit von Gottes Güte. Noch wichtiger ist aber, daß wir unser Denken von den Spinngeweben der Gleichgültigkeit reinigen und nicht zulassen, daß unser Tun von Vorurteilen gegen Rasse, Farbe oder Glaubenszugehörigkeit beherrscht wird, und uns nicht gestatten, jemanden nach der äußeren Erscheinung zu beurteilen.
Vorurteil und Engstirnigkeit gehen Hand in Hand und widersprechen der göttlichen Tatsache von der Unendlichkeit des Gemüts, das alle seine Ideen umschließt. Das war die Falle, in die die Pharisäer gerieten, als sie Jesus wegen seines Umgangs mit den Zöllnern und Sündern kritisierten. Er erteilte ihnen den folgenden Verweis: „Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken.“ Matth. 9:12; Auch sagte er: „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet.“ 7:1; Wer uns am wenigsten zusagt, ist oft derjenige, der unserer liebevollen Aufmerksamkeit am allermeisten bedarf.
Nach den Gottesdiensten ist die Versuchung, mit unseren Freunden und Bekannten zu sprechen, groß. Wir glauben vielleicht, daß wir mit einem Komiteemitglied eine dringende Angelegenheit zu besprechen hätten. Wir müssen uns aber auch nach einem Fremden umschauen und es uns zum Prinzip machen, ihn anzusprechen und diese Aufgabe nicht den Ordnern oder dem Empfangskomitee zu überlassen. Wir alle sind in unserer Kirche Gastgeber, und wir sollten dem Besucher die Gewißheit geben, daß wir uns über seinen Besuch aufrichtig gefreut haben. Wenn der Sucher nach der Wahrheit an unsere Tür kommt, müssen wir ihn mit einem so liebevollen Erbarmen und in so freudiger Erwartung willkommen heißen, daß er den Wunsch hat, immer wieder zu kommen, bis schließlich die Christliche Wissenschaft auch für ihn zum Lebensweg wird. Dann wird unsere Kirche und unsere Sache gedeihen, weil wir diesen Bibelvers in die Tat umsetzen: „Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.“ Jer. 31:3.
