Natürlich möchte der Christliche Wissenschafter von heute der Weisung Mary Baker Eddys, der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science; sprich: kr'istjən s'aiəns., folgen und täglich beten: „, Dein Reich komme‘; laß die Herrschaft der göttlichen Wahrheit, des göttlichen Lebens und der göttlichen Liebe in mir aufgerichtet werden und alle Sünde aus mir entfernen; und möge Dein Wort die Liebe der ganzen Menschheit bereichern und sie beherrschen!“ Handbuch Der Mutterkirche, Art. VIII Abschn. 4;
Er möchte auf diese Weise beten, und von ganzem Herzen, weil er weiß, daß solch ein Gebet sein Denken und damit sein Leben zum Christus hinlenkt. Mrs. Eddys „Tägliches Gebet“, wie es im Handbuch Der Mutterkirche zu finden ist, und Christi Jesu Gebet des Herrn, auf das es sich gründet und das uns allen teuer ist, stehen bei seiner täglichen Andacht oder mentalen Arbeit an erster Stelle.
Diese beiden Gebete können auf die Nöte der Menschheit unbegrenzt angewendet werden. Der Wissenschafter weiß dies. Haben wir uns nicht alle in kritischen Augenblicken an Gott gewandt und festgestellt, daß unsere Bitte ganz von sich aus mit den Worten dieser Gebete geäußert wurde oder daß wir in Augenblicken großer Freude oder Dankbarkeit entdeckten, daß unsere Bekräftigung des Einsseins mit Gott, dem all-liebenden Vater-Mutter, durch diese Gebete zum Ausdruck kam?
Der Christliche Wissenschafter hat eine besondere Möglichkeit, die Kraft dieser Gebete gehorsam in sein Leben einzulassen, indem er nämlich ihrer Aufforderung folgt, die Liebe der Welt zu bereichern.
Mrs. Eddy benutzt beide Gebete als besondere Gelegenheiten, um auf diese Liebe hinzuweisen. Den Worten Christi Jesu: „Unser täglich Brot gib uns heute“ Matth. 6:11; fügt sie — wie im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, zu ersehen ist — die geistige Auslegung hinzu: „Gib uns Gnade für heute; speise die darbende Liebe.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 17; Und sie beschließt das „Tägliche Gebet“, wie oben zitiert, mit den Worten: „Und möge Dein Wort die Liebe der ganzen Menschheit bereichern und sie beherrschen!“
Nun, Liebe oder Zuneigung hat mit Empfindungen zu tun, den beherrschenden Triebkräften oder der Disposition eines einzelnen oder einer Gruppe, und unterscheidet sich deutlich von den intellektuellen und verstandesmäßigen Fähigkeiten. Und die Zuneigung wird genährt — bereichert oder veredelt —, wenn sie von Liebe oder, wie es ein Wörterbuch ausdrückt, von einem „ausgeglichenen guten Willen“ gekennzeichnet ist.
Der aufrichtige Christliche Wissenschafter bemüht sich also um die Erkenntnis, daß die Macht der Liebe das Verlangen der hungernden Herzen in der heutigen Welt stillt. Er kann erkennen, daß er, ebenso wie bei aller anderen systematischen mentalen Arbeit, die Liebe direkt auf ihre Quelle, Gott, zurückführen muß. Wenn wirklich erkannt wird, daß Zuneigung in der unendlichen Liebe wurzelt, wird sie nicht nachlassen oder durch Disharmonie der Verbitterung Raum geben.
Es mag erforderlich sein, daß er das Toben des menschlichen Willens oder den Lärm der materiellen Geschäftigkeit in der Welt zum Schweigen bringen muß, ehe er ein befriedigendes Verständnis davon erlangt, daß Gott die Liebe beherrscht. Doch der Wissenschafter kann diesen Gedankenzustand jederzeit und unter allen Umständen erreichen, denn diese Stille ist bereits in ihm. Es ist sein wirklicher, natürlicher Bewußtseinszustand, der die geordnete, zuverlässige, vertrauensvolle Haltung des Gemüts widerspiegelt, genau das Gegenteil von dem irreführenden Geschrei und der überragenden Unsicherheit der Gedankengänge des sterblichen Menschen.
Die materiellen Sinne auf diese mentale Weise zum Schweigen zu bringen mag für eine jede Bemühung, die eigene Liebe oder die eines anderen zu bereichern, unentbehrlich sein, denn es ist das verderbliche Drängen der materiellen Sinne nach Befriedigung, das uns von einem Verständnis des geistigen Daseins ablenken möchte, in dem allein wir die tröstliche Erkenntnis von Gottes Liebe und Zustimmung finden. Die materiellen Sinne möchten uns zu dem Glauben verleiten, daß wir ein materielles Selbst hätten, dessen materielle Liebe befriedigt werden müßte. Der Glaube an materielle Liebe endet in der emotionellen Unvernunft der Lust, Habgier, Unersättlichkeit, der ständigen Abhängigkeit von anderen und so weiter. Viele von uns haben dies bemerkt, wenn wir einem Kind ein sehnlichst gewünschtes Spielzeug kauften und dann feststellen mußten, daß sich sein unbeherrschter Wunsch in egoistische Fürsorge oder Undank verwandelte.
Die Wahrheit ist, daß der Mensch nur ein geistiges Selbst und geistige Neigungen besitzt. Er hat die geistigen Merkmale der Gerechtigkeit, Güte und Reinheit. Und wenn wir das unersättliche Verlangen der Materie nach Befriedigung zum Schweigen bringen, werden wir Gottes Stimme vernehmen, die uns die geistigen Ideen und damit die menschlichen Schritte wissen läßt, die wir unternehmen können, um in uns und anderen den gesunden seelischen Zustand wiederherzustellen.
Zweitens können wir uns vergegenwärtigen, daß nur die Rechtschaffenheit oder das christusgleiche Wesen des Denkens, nicht menschlicher Wille oder menschliche Autorität, uns überhaupt erst die Macht gibt, die Liebe zu bereichern — oder irgend etwas wirklich zu heilen oder zu verändern. Weder Eigenwille noch Gewandtheit können das harte Herz eines anderen erweichen oder einen abgestumpften geistigen Sinn wieder beleben.
Manchmal bedarf vielleicht eine ganze Organisation der geistigen Unterstützung durch den Christlichen Wissenschafter, um Zwietracht, Rivalität, Verbitterung und Zynismus zu heilen. Man ist gewöhnlich versucht, diejenigen, die an der Spitze stehen und Autorität ausüben, für eine schlechte Leitung verantwortlich zu machen. Doch wahre heilende Autorität ruht in Gott, dem einen Gemüt. Und der Wissenschafter kann dadurch, daß er das Wesen Gottes widerspiegelt, eine heilende Macht in jede Organisation, der er angehören mag, hineintragen. Seine Stellung in der menschlichen Rangordnung hat keinen Einfluß auf seinen Zugang zu geistigen Ideen. In einem Büro zum Beispiel setzt derjenige den ethischen Standard der Mitarbeiter fest, der das Prinzip am besten versteht. So verhält es sich auch mit dem dort waltenden oder mangelnden Geist des Wohlwollens. Wer in Gedanken an der Allmacht der Liebe festhält, trägt wirksam dazu bei, Feindseligkeit, Neid oder Niedergeschlagenheit zu besiegen.
Drittens kann der Christliche Wissenschafter, wenn er systematisch daran arbeitet, die Liebe zu bereichern, wissen, daß sie entwickelt werden kann. Es ist eine falsche allgemeine Annahme, daß ein liebevolles Wesen, ebenso wie ein guter Geschmack, erblich seien — daß man sie entweder besitze oder nicht besitze. Doch das ist nicht wahr. Einen schlechten oder nur wenig Geschmack zu haben spiegelt Unwissenheit wider, einen unentwickelten Sinn für Schönheit und Intelligenz, die die wirkliche Substanz eines Kunstwerkes sind. Bei einem groben Menschen überwiegt das Ich-Gefühl so sehr, daß es wie eine Schranke zwischen ihm und den edleren Eigenschaften um ihn her wirkt. Ebenso ist es mit der Liebe: der persönliche Sinn muß dem geistigen Sinn, den innigen und zärtlichen Eigenschaften der Freundlichkeit, Anmut, Großzügigkeit, Nachsicht und Güte Raum geben.
In Wahrheit sind wir verpflichtet, die Liebe und Zuneigung zu entwickeln, besonders in Kindern. Die Bibel und die Werke von Mary Baker Eddy sind voll mahnender Hinweise, wie wichtig es ist, den Charakter der Kinder zum Geist hinzulenken. Und das kleine Volk neigt ganz natürlich in diese Richtung.
Die Erfahrung eines jungen Mannes veranschaulicht die obigen drei Punkte. Er hatte gerade damit begonnen, in einer Schule zu unterrichten, und war bestürzt über die Feindseligkeit, die die Schüler ihm in der Klasse entgegenbrachten. Am Abend war er erschöpft.
Der junge Mann nahm zu dieser Zeit auch Gesangsunterricht. Er liebte diese Stunden. Seine Lehrerin schien sich auf eine ihr Studio beherrschende Macht der rechten Tätigkeit zu verlassen. Sie war eine Christliche Wissenschafterin. Er begann sich mit ihrer Religion zu befassen und deren Regeln auf seine Arbeit in der Schule anzuwenden.
Sein erster Schritt war, nicht mehr zu versuchen, die Klasse durch die Macht seiner eigenen Persönlichkeit zu lenken. Er stellte sein Klassenzimmer unter die Herrschaft Gottes und behauptete im stillen, daß jede Identität in der Gegenwart der Liebe ihre wahre, vollständige Selbstheit findet. Es war nicht immer leicht, doch er machte Fortschritte. Er begann das Prinzip alles Guten als die beherrschende Macht im Klassenzimmer zu empfinden. Es wirkte als ein moralisches Gesetz, das in den Kindern und auch im Lehrer Liebe erweckte. Die Schüler begannen viele Unternehmungen der Klasse selbst in die Hand zu nehmen und waren den anderen Klassen im Arbeitspensum überlegen. Sie reagierten mit Respekt, freundschaftlicher Zuneigung und sogar mit Dankbarkeit auf seine ruhige und beharrliche Forderung, daß sie ihrem wirklichen, begabten und liebevollen Selbst gerecht werden müßten.
Diese Erfahrung führt zu einer vierten Beobachtung darüber, wie die Liebe bereichert werden kann, nämlich durch die Erkenntnis der geistigen Selbstheit anderer. Hatten wir nicht alle einige Freunde, die uns ein großer Trost waren, die die uns innewohnende Güte, die Bedeutung unserer geheimsten Wünsche, unsere Lebensaufgabe und Individualität wahrnahmen? Mit ihnen zu sprechen oder auch nur an sie zu denken hat uns oft ermutigt, wenn unsere eigene Meinung von uns selbst einmal vorübergehend getrübt war.
Es konnte nur der in gewissem Grade entwickelte geistige Sinn gewesen sein, der diese Freunde befähigte, unsere geistige Natur zu erkennen. Und wir wiederum müssen den geistigen Sinn gebrauchen und die wirkliche, geistige Identität anderer sehen, ihre Einheit mit Gott als Seine Ideen. Wir müssen dies tun, wenn wir unsere Pflicht erfüllen wollen, die falschen Ansprüche in bezug auf die Liebe, wie die Unvereinbarkeit der Charaktere, die Verurteilung zurückliegender Taten oder die Uneinigkeit, die sich aus unterschiedlicher nationaler, regionaler oder rassischer Herkunft ergibt, zu zerstören. Wie glücklich können wir sein, daß wir die Christliche Wissenschaft haben, die uns bei dieser Aufgabe hilft!
Diese Wissenschaft enthüllt noch einen anderen Punkt, der bei der Heilung verkehrter Gemütszustände in bezug auf die Zuneigung hilfreich ist: wir können die geistige Einheit anrufen, die die ganze Menschheit in einer universellen Liebe umfängt.
Der Wissenschafter kann natürlich mit dem engeren Bereich seines eigenen Lebens und seiner Beziehungen zu anderen beginnen, die Liebe der Welt zu bereichern. Jedesmal, wenn er seine Kinder zu tätiger Rücksichtnahme anhält, wenn er seine Auffassung von seiner Arbeit hebt, um ihre Möglichkeiten, andere zu segnen, zu erkennen — mit einer jeden derartigen geistig motivierten Tat hilft er der Menschheit. Und er sollte es tun.
Er sollte aber auch daran denken, von einem umfassenderen Bereich auszugehen. Denn nur dann, wenn er in Begriffen der Größe der Christus-Mission auf Erden denkt, wird er die Unendlichkeit der Christus-Kraft zu sehen beginnen, die stets bereit ist, die Menschheit zu heilen. Er hat das Beispiel Christi Jesu vor Augen. Er muß vermeiden, den Fehler der Nachfolger des Meisters zu wiederholen, die schliefen, während Jesus im Garten Gethsemane betete. Mrs. Eddy sagt von dieser Begebenheit: „Konnten sie denn nicht wachen mit ihm, der in stummer Qual harrte und kämpfte und ohne zu klagen Wache hielt über einer Welt?“ S. 48;
Stellen Sie sich vor, wie weit Jesu Gebet in Gethsemane reichte — es umfing die Welt!
Ebensowenig darf der Christ von heute in den Grenzen, die der Liebe in seinem eigenen Dasein gesetzt sind, einschlafen. Er sollte beachten, daß das „Tägliche Gebet“ dazu auffordert, die Liebe der ganzen Menschheit zu bereichern.
Wenn dieses Tätigkeitsfeld eine größere Herausforderung darzustellen scheint, als er allein bewältigen kann, braucht er nicht zu verzagen, denn er kann auch erkennen, daß es das Wort Gottes ist — die ursprüngliche, fortdauernde, einzig schöpferische Triebkraft des Universums —, die den Daseinsbegriff des Menschen bereichert, beglückt und berichtigt. Der Wissenschafter, der gehorsam um die Heilung der inneren Unruhe der Menschheit betet — der Spannung, der Unzulänglichkeit und selbst des Hasses, die sowohl am Bewußtsein von Nationen, Konfessionen, Rassen wie von Familien und Einzelpersonen nagen —, wird damit belohnt, daß sein Verständnis von der Wissenschaft, von seinem Einssein mit Gott und von der universellen Brüderschaft der Menschen sich erweitert.
Er erkennt auch leichter den unermeßlichen Rahmen, in dem Die Mutterkirche ihre Mission erfüllt. Es wird nicht den Anschein haben, als gingen ihre Unternehmungen lediglich von Boston aus, sondern sie werden als Kundwerdungen der allgegenwärtigen, der ganzen Menschheit dienenden Liebe erkannt werden. Ebenso wie der Wissenschafter feststellen wird, daß sein Denken seine notleidenden Mitmenschen über Kontinente hinweg unbehindert erreicht, wo immer er auch beten mag, so wird er den universellen Wirkungskreis erkennen, in dem Die Mutterkirche heilt und lehrt. Die Liebe der Welt zu bereichern ist nicht lediglich ein humanitäres Bemühen, es ist eine zutiefst religiöse Tat.
„Er hat mich gesandt, die zerbrochenen Herzen zu heilen“ Luk. 4:18 (n. der engl. Bibel) ;, sagte Christus Jesus. Wer sind sie, die heute zerbrochenen Herzens sind?
Es ist wirklich nicht schwer zu erkennen, wer sie sind. Wir begegnen ihnen auf allen Wegen. Das Fernsehen und die Zeitungen tragen täglich Berichte über die seelisch Notleidenden in dieser Welt zusammen. Und der Christian Science Monitor, „eine internationale Tageszeitung“, wie der Untertitel besagt, ist außerordentlich hilfreich, indem er das Denken des Wissenschafters auf die der Liebe abträglichen Einflüsse in der Welt hinweist.
Christus Jesus und Mary Baker Eddy, seine hingebungsvolle Nachfolgerin, wollten, daß wir dieser sich der ganzen Welt zuwendenden mentalen Arbeit unser Leben weihen.
Wo immer der Christliche Wissenschafter abgeschieden von der Welt betet — er hält täglich Wache über der Welt und ist bereit, sein Wissen um die Gegenwart der Liebe mit den nach Liebe Hungernden zu teilen. Er weiß, daß jeder andere engagierte Christliche Wissenschafter — ob im Kirchenzentrum der Christlichen Wissenschaft oder auf irgendeinem Vorposten unserer Bewegung — mit ihm Wache hält. Und auf allen ruht Christi Jesu tröstende und beifällige Botschaft: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage.“ Matth. 28:20.
