In der dritten Klasse war eine neue Schülerin, die Sarah hieß. Penny bemerkte, daß sie recht still auf ihrem Platz saß, auf ihr Lesebuch blickte und vermeiden wollte, den Blicken aus dreißig neugierigen Augenpaaren zu begegnen.
Ein Junge stieß seinen Freund an und murmelte etwas, was Sarah nicht verstehen konnte, und beide lachten laut auf. Sie sank ein bißchen tiefer in ihren Stuhl und wünschte, sie wäre wieder in ihrer Heimatstadt.
Penny konnte sehen, daß dem neuen Mädchen nicht sehr wohl zumute war. Es war ihr etwas unangenehm, aber sie fand, daß es sie nichts anging. „Jemand wird schon ihre Freundin werden“, sagte sie und machte sich wieder an die Rechtschreibübungen.
Die Pause kam. Wie gewöhnlich gab es ein Gedränge, um als erster Bälle und Springseile zu bekommen. Jungen und Mädchen standen in kleinen Gruppen umher und unterhielten sich. Penny bemerkte, daß Sarah an der Tür geblieben war und zögerte, auf den Schulhof zu gehen, der voller Lärm war. Sarah drehte sich um und sah, wie Penny sie anschaute. Sie lächelte mit einem zaghaften Lächeln, als ob sie sagen wollte: „Bitte, ich hätte gern eine Freundin.“
Sie ging zu Penny hinüber und fragte leise: „Würdest du mit mir spielen?“
In dem Augenblick riefen einige Mädchen von der anderen Seite des Spielplatzes: „Penny, komm her! Wir brauchen dich in unserer Mannschaft!“
Penny stand da und schaute zu Sarah und dann zu ihren Freundinnen hin. Was sollte sie tun? Sie wollte freundlich sein, aber sie wollte auch Ball spielen. Sie rief ihren Freundinnen zu: „Kann Sarah mitspielen?“
„Nein“, riefen sie. „Wir wollen nur dich.“
Sarah hörte die Antwort und drehte sich mit gesenktem Kopf um.
Penny stand still da, ihre Augen wanderten von einem zum anderen. Plötzlich kam ihr etwas in den Sinn, worüber sie sich in ihrer Klasse in der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule unterhalten hatten: Was du nicht willst, daß man dir tu', das füg auch keinem andern zu. Dies drückt mit anderen Worten aus, was Christus Jesus sagte: „Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!“ Matth. 7:12;
„Ich hätte es nicht gern, wenn mich jemand stehen ließe und ich nicht mitspielen dürfte“, gab sie zu, „ich kann das Sarah nicht antun.“
Also nahm sie Sarah bei der Hand und führte sie hinüber, wo sie Ball spielten.
„Wenn ihr Sarah nicht mitspielen laßt, werde ich auch nicht spielen“, erklärte sie ihren Freundinnen.
Alle waren still. Penny hielt an einem Satz aus dem Buch Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy fest: „Bist du mit dem Panzer der Liebe angetan, so kann menschlicher Haß dich nicht erreichen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 571.
Dann sagte jemand: „Gut, sie kann mitspielen, aber beeilt euch. Die Pause ist gleich vorbei, und wir haben noch nicht einmal angefangen.“
Penny lachte Sarah schnell zu, als sie sich dem Spiel anschlossen.
Sie spielten alle Ball, bis es klingelte. Für Penny war der Tag sonniger, und Liebe herrschte überall. Sie hatte das Richtige getan, und ihr war außerordentlich wohl dabei!
