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[Urtext in deutscher Sprache]

Ist Bescheidenheit eine Tugend?

Aus der November 1972-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie ist das mit der Bescheidenheit, Einfachheit, Demut? Gehören sie zu den unvergänglichen Tugenden, oder sind sie in der heutigen Welt veraltet?

Es sieht vielfach so aus, als ob jene Menschen den größten Erfolg hätten, die sich resolut in den Vordergrund drängen und auf ihre Mitmenschen keinerlei Rücksicht nehmen. Und jene anderen, die sich bemühen, freundlich und bescheiden zu sein, keine ungebührlichen Ansprüche zu stellen, anderen den Vortritt zu lassen, scheinen im Leben oft nicht richtig voranzukommen. Obwohl sie überzeugt sind, christlich zu handeln und somit auf dem richtigen Wege zu sein, bleibt ihnen der Erfolg oft versagt; sie sehen sich übergangen, an die Wand gedrängt.

Muß das so sein?

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, wenden wir uns am besten Christus Jesus zu, unserem Vorbild, dem großen Meister in allem wahrhaft christlichen Handeln.

War er bescheiden?

Er sagte von sich: „Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nicht, wo er sein Haupt hinlege.“ Matth. 8:20; Er hatte kein festes Heim, keinen großen Besitz. Still und anspruchslos durchwanderte er die Hügel Galiläas. Ein Fischerboot war ihm als Kanzel gut genug. Und dennoch blieb er nicht unbeachtet. Das Volk strömte ihm in hellen Scharen zu, denn „er predigte in Vollmacht“ Luk. 4:32;. Wo immer er ging und verweilte, heilte er die Kranken, speiste er die Hungrigen, trieb er Teufel aus. Er erweckte die Sterbenden und Toten zu neuem Leben.

Was haben diese mächtigen Taten mit Bescheidenheit zu tun?

Der Schlüssel zum Geheimnis seines Erfolges kann sehr wohl in Jesu eigenen Worten liegen: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich selber tun, sondern nur was er sieht den Vater tun; und was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.“ Joh. 5:19; In dieser inspirierten Erklärung enthüllte der Meister zwei verschiedene Aspekte der Sohnschaft.

Er stelle die demütige Erkenntnis an den Anfang: „Der Sohn kann nichts von sich selber tun.“

Für Jesus bedeutete es weit mehr als ein freundliches Beiseitestehen, mehr als bloße Bescheidenheit. Es bedeutete das Aufgeben allen materiellen Selbstgefühls. Es bedeutete völliges Aufgeben eines Begriffs von persönlicher Leistung, des Glaubens an eine selbsttätige, selbstschöpferische Persönlichkeit. Jesus blieb aber nicht bei Entsagung stehen. Seine Bescheidenheit verleitete ihn nicht dazu, sich von der Welt zurückzuziehen und passiv zu bleiben. Er wußte, daß es nicht genug war, seine Einheit mit Gott zu verstehen und sich ihrer im stillen zu erfreuen. Er mußte diese Kraft lebendig werden lassen, mußte sie betätigen.

„Und was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn“, sagte Jesus. Das sind kraftvolle Worte, und Jesus stellte sie kraftvoll unter Beweis. Weil er die wissenschaftliche Demut besaß, einen Begriff von persönlicher Leistung außer acht zu lassen, brauchte er sich keine Zurückhaltung aufzuerlegen, als es darum ging, Gott zu verherrlichen und seine wahre Christus-Natur zu bekunden. Er wußte, woher er kam, und scheute sich nicht, sein Erbe zu beanspruchen. In seiner Erwartung des Guten wußte er, daß er aus einer unerschöpflichen Quelle schöpfen konnte. Er sagte: „Welchen Gott gesandt hat, der redet Gottes Worte; denn Gott gibt den Geist nicht nach dem Maß. Der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in seine Hand gegeben.“ 3:34; 35; Weil er verstand, daß Gott sein einziger Ursprung und Schöpfer war, konnte die göttliche Kraft uneingeschränkt durch ihn zum Ausdruck kommen und mächtige, unvergleichliche Werke vollbringen.

Jesus tat den Willen des himmlischen Vaters, ohne sich einschüchtern zu lassen, selbst dort, wo es ihm den Widerstand und den Haß der Welt eintrug. Unsere Führerin, Mary Baker Eddy, schreibt: „Jesus handelte unerschrocken, dem allgemein anerkannten Augenschein der Sinne entgegen, den pharisäischen Glaubenssätzen und Gebräuchen zuwider, und er widerlegte alle Gegner durch seine heilende Kraft.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 18; Er war dazu imstande, weil er nicht in menschlicher Selbstgerechtigkeit handelte, sondern in völliger Einheit und Übereinstimmung mit seinem göttlichen Prinzip, Liebe.

Jesus kam, um uns den Weg zu zeigen. Von ihm können wir die wahre Demut lernen, die kein egoistisches, auf die Materie gegründetes Bewußtsein aufkommen läßt, sondern versteht, daß Gott die einzige Ursache, das einzige Ego ist. Und wir werden feststellen, daß diese Erkenntnis eine praktische Wirkung auf unser Leben hat.

Eine junge Frau, die von Kind auf strikte Bescheidenheit gelehrt worden war, hatte lange Jahre mit einer falschen Auffassung dieser Tugend zu kämpfen. Als sie anfing, die Christliche Wissenschaft zu studieren, machte sie viele wertvolle Erfahrungen. Aber es wäre ihr doch recht unbescheiden vorgekommen, in der Kirche aufzustehen und von ihren Errungenschaften Zeugnis abzulegen. Erst als sie erkannte, daß sie damit nicht ihre eigene, sondern die Ehre Gottes verkündete, änderte sich ihre Einstellung. Und als ihr klar wurde, daß sie der Ausdruck Gottes war, daß ihre Zeugnisse sogar erforderlich waren, um die Werke Gottes zu verkündigen, wurde sie von dieser Begrenzung völlig frei.

Wir brauchen niemals zu fürchten, daß wir durch echte Demut unseren Wert als Mensch einbüßen könnten. Wir brauchen auch nicht zu befürchten, deswegen übergangen oder an die Wand gedrängt zu werden. Mrs. Eddy versichert uns: „Das Verständnis seiner geistigen Individualität macht den Menschen wirklicher, gewaltiger in der Wahrheit, und befähigt ihn, Sünde, Krankheit und Tod zu besiegen.“ S. 317; Wir können aus der gleichen Quelle schöpfen wie Jesus, und je mehr wir dies tun, desto besser. Wenn wir bereit sind, Gott, das Gute, durch uns wirken zu lassen — was immer wir auch tun —, dann wird unsere Arbeit gesegnet sein und Bestand haben und zum Aufbau einer besseren Welt beitragen.

Mrs. Eddy schreibt: „Ich bin überzeugt, daß die Christlichen Wissenschafter nur durch die Bescheidenheit und die ungewöhnliche Liebe, die Jesu Laufbahn kennzeichnete, bei der Aufrichtung des Reiches Christi auf Erden helfen können. Im ersten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung trugen Jesu Lehren reiche Frucht, und der Vater wurde dadurch verherrlicht. In unseren Tagen und den kommenden Jahrhunderten wird dieser, Baum des Lebens‘, vom Tau der göttlichen Wissenschaft getränkt, zu größerer Freiheit erblühen, und seine Blätter werden, zur Heilung der Völker‘ dienen.“ Rückblick und Einblick, S. 94.

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