Eine erhitzte Auseinandersetzung erscheint auf dem Fernsehschirm. Wir erkennen sofort, daß sich die Beteiligten in einem Gefühlsrausch befinden. Vor Jahrhunderten sprach der Prophet Jesaja von ihnen als „trunken, doch nicht vom Wein“ Jes. 29:9;.
Bei den meisten unserer Schwierigkeiten spricht eine emotionelle Unausgeglichenheit mit. Extreme Fälle sind leicht erkennbar. Aber die meisten von uns würden wahrscheinlich leugnen, daß wir gefühlsmäßigen Schwankungen unterliegen.
Man kommt immer mehr dahinter, daß Krankheiten verschiedenster Art eigentlich emotioneller Natur sind, obgleich sie physisch zu sein scheinen. Wir alle wissen, wie der Körper auf plötzliche Furcht oder Wut reagiert. Wie steht es aber mit einem ständigen Gefühl von Verkrampfung, Ärger, Auflehnung — oder selbst von Sorge und Ungewißheit? Es ist möglich, daß chronische Leiden, die wir tagein, tagaus erdulden, auf erregte und beunruhigte Gemütsbewegungen oder Emotionen zurückgeführt werden können.
Ich hatte dem Wort „Emotion“ wenig Beachtung geschenkt, bis ich eines Tages außerordentlich beunruhigt war, als ich ein Papier, das ich dringend brauchte, nicht finden konnte. Ich suchte und suchte danach und wurde immer aufgeregter. Konstruktives Denken erschien fast unmöglich.
Als ich mich jedoch einige Augenblicke still an Gott wandte, erlangte ich die Gewißheit, daß die wahre Bedeutung der Arbeit, mit der ich mich befaßte, zu dem allwissenden Gemüt in Beziehung stand, unter dessen Leitung die Arbeit durchgeführt wurde. Da dieses allwissende Gemüt für jede Einzelheit dieser Arbeit sorgte, konnte nichts ihre Harmonie und Vollständigkeit aufhalten. Bald fand ich das Papier unter einer anderen Bezeichnung — wo es wirklich hingehörte.
Als ich im Wörterbuch nachschlug, um einen klareren Begriff von dem Wort „Emotion“ zu erlangen, stellte ich überrascht fest, wieviel Bedeutung dieses Wort im täglichen Leben hat.
Wir mögen denken, daß Gefühl und Emotion weitgehend dasselbe sei. Aber Emotion scheint eine stärkere Bezeichnung zu sein, weil es Erregung oder Aufregung in sich schließt. Ja, Emotion wird zum Teil als „Erregung, Unruhe oder Aufruhr körperlicher oder gesellschaftlicher Art“ definiert.
Emotion wird auch als „jede Abweichung von dem gewöhnlichen ruhigen Zustand des Organismus“ beschrieben, „die mit heftigen Gefühlen, Hemmungslosigkeit und mit inneren körperlichen Veränderungen der Atmung, der Drüsentätigkeit usw. verbunden ist“.
Viel könnte über solche Dinge wie Drogen und Spannungen zwischen den Rassen gesagt werden, die eindeutig das Resultat emotioneller Unsicherheit sind. Es gibt jedoch noch andere, weniger offensichtliche, aber nichtsdestoweniger wichtige Bereiche in unserem Leben, die von Gemütserregungen nachteilig beeinflußt werden. Da ist z. B. die Notwendigkeit, zuweilen sehr wichtige Entscheidungen zu treffen, bei denen es davon abhängt, ob wir in der Lage sind, vor uns liegende Herausforderungen zu meistern oder nicht. Hierzu mögen Entscheidungen gehören, die dazu führen, Schritte zu unternehmen — oder zu unterlassen —, die unser Leben wie das Leben anderer in hohem Maße beeinflussen.
Es ist eindeutig, daß Entscheidungen unter solch ungünstigen Bedingungen nicht denen gleichkommen können, die als Ergebnis klaren, konstruktiven Denkens getroffen werden. Ein erregter oder beunruhigter Gemütszustand macht ja unweigerlich konstruktives Denken und Handeln unmöglich.
Die Erfahrung des Propheten Elia mag hilfreich sein. Als er sich mit seinem göttlichen Ursprung identifizierte, vermochte er ein „stilles sanftes Sausen“ 1. Kön. 19:12; zu hören und die göttliche Gegenwart und Macht zu spüren, die in seinem erleuchteten Wirken so deutlich erkennbar waren.
Welch ein Gegensatz zwischen der inneren Stimme — still, unberührt, gelassen —, die er in demütigem Gebet vernahm, und dem starken Wind, „der die Berge zerriß und die Felsen zerbrach“ V. 11;, sowie dem Erdbeben und dem Feuer!
Viele Menschen haben erlebt, daß sie, wenn sie sich von ganzem Herzen im Gebet an Gott wandten und ihre Einheit oder ihr Einssein mit Ihm erkannten, von innerer Erregung und Beunruhigung genügend frei wurden, um die gleiche göttliche Gegenwart zu spüren und Entscheidungen zu treffen, die sich in ihrem Leben als sehr wichtig erwiesen. Sie zögern nicht, solche Erfahrungen als Fälle göttlicher Führung zu bezeichnen. Und so verlassen sie sich mehr und mehr auf Gebet, um klar und konstruktiv denken zu können, wenn es um die überaus wichtige Frage geht, Entscheidungen zu treffen.
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science; sprich: kr’istjən s’aiəns., schreibt in ihrem Buch Rückblick und Einblick: „Gemüt demonstriert Allgegenwart und Allmacht, aber Gemüt kreist um eine geistige Achse, und seine Macht wird offenbar und seine Gegenwart fühlbar in ewiger Stille und unwandelbarer Liebe.“ Rückbl., S. 88; Wie ermutigend ist es doch, zu erkennen, daß die göttliche schöpferische Macht, die uns immer zur Hand ist, stets mühelos wirkt — still, unberührt!
Wir alle haben eine Beziehung zu Gott, dem göttlichen Ursprung unseres Seins, sowie auch eine Beziehung zueinander und zu unserer Umgebung. Christus Jesus wies klar auf die Natur dieser Beziehung hin, als er die zwei großen Gebote herausstellte, die allen Christen vertraut sind: „Du sollst Gott, dienen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte und von allen deinen Kräften“ und: „Du sollst dienen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Mark. 12:30, 31;
Es gibt vieles in unserer Beziehung zu anderen, das entweder Sympathie (Zuneigung) oder Antipathie (Abneigung) hervorruft. Aber es gibt noch eine andere Art von Gefühl — das Einfühlungsvermögen —, das ein so inniges Verständnis darstellt, daß wir mühelos die Empfindungen, Gedanken und Motive anderer erkennen. Durch dieses Einfühlungsvermögen sind wir imstande, eine gesunde Beziehung zwischen uns und denen, mit denen wir zusammen leben und arbeiten, herzustellen.
Mrs. Eddy schreibt: „Die Christliche Wissenschaft, voller Gnade und Wahrheit, vollbringt viel Gutes, sowohl sichtbar als unsichtbar; aber haben die Sterblichen mit dem Scharfsinn der Seele die geheimen Kammern der Sinne durchforscht?“ Vermischte Schriften, S. 292;
Eine der großen Segnungen der Christlichen Wissenschaft besteht darin, daß sie uns befähigt, diese „geheimen Kammern der Sinne“ bis zu dem Punkt zu durchforschen, wo wir ihre Unwirklichkeit erkennen und uns daher weigern, emotionell auf die Erregung und Unruhe zu reagieren, der wir begegnen.
Empfindungen, die der Seele entspringen, können als „Engel“ bezeichnet werden, die Mrs. Eddy in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift folgendermaßen definiert: „Gottes Gedanken, die zum Menschen kommen; geistige Eingebungen, die rein und vollkommen sind; die Inspiration der Güte, Reinheit und Unsterblichkeit, allem Bösen, aller Sinnlichkeit und aller Sterblichkeit entgegenwirkend.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 581.
Wenn wir in aufrichtigem Gebet diesen Engelsgedanken unser Herz und Gemüt öffnen, verschwinden schädliche Gemütserregungen, und wir finden die außerordentlich wichtige Koordinierung des Denkens und Fühlens, die so sehr nötig ist, um uns und andere zu beiderseitigem Gewinn zusammenzuführen.
