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Vergeistigung des Denkens durch Läuterung der Neigungen

Aus der November 1974-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Bei einem Besuch in einem Museum war ich besonders von einer großen Ausstellung fasziniert, die sich ausschließlich mit der Kunst befaßte, den ursprünglichen Zustand berühmter Gemälde wiederherzustellen. Um zu zeigen, was durch eine Restaurierung erreicht werden kann, hatte man jedes Bild nur zur Hälfte wiederhergestellt. Auf der einen Hälfte war der Staub und Ruß — der Schmutz von Jahren — belassen worden, wodurch das Bild trübe und uninteressant wirkte und Einzelheiten fast nicht mehr zu erkennen waren. Die andere Hälfte war offensichtlich einer liebevollen, geduldigen und mühsamen Behandlung durch den Restaurator unterzogen worden. Dieser Teil des Gemäldes war lebhaft, frisch, farbenfreudig, praktisch genauso scharf und deutlich wie an dem Tag, wo es gemalt worden war. Die Schönheit des Gemäldes hatte schon die ganze Zeit über bestanden. Sein Wert mußte jedoch erst einmal erkannt werden. Dann mußte die Leinwand gesäubert und die fremde Materie Schicht für Schicht beseitigt werden, ehe seine Schönheit in Erscheinung treten konnte.

Ich war von dieser Ausstellung besonders beeindruckt, da sie mir einen Hinweis darauf gab, was der Christliche Wissenschafter tun muß, der seine geistige Identität, sein wahres Selbst, seine ursprüngliche Individualität, ans Licht bringen möchte. Bis zu einem gewissen Grade sieht er sich einem verzerrten Bild von sich selbst gegenüber — einem Bild, das von den materiellen Annahmen getrübt wird, deren Anhäufung er zugelassen hatte. Er weiß und erkennt an, daß es ein schönes Selbst gibt, das es zu entdecken gilt. Und er ist bereit, mit jener Liebe und Geduld daran zu arbeiten, die der Restaurator auf ein Gemälde verwendet. Der Christliche Wissenschafter macht sich daran, mental die angesammelten Schichten von Unreinheiten zu entfernen, und jeden Tag kann er etwas mehr von seinem vollkommenen Selbst als dem Kind Gottes erblicken.

Er betrachtet diesen Vorgang nicht als Restaurierung, sondern vielmehr als Vergeistigung oder Läuterung. Er weiß, daß er sein Bewußtsein vergeistigen muß, um das vollkommene Selbst, das immer da ist und nur enthüllt zu werden braucht, zum Vorschein zu bringen. Dies tut er, indem er seine Neigungen läutert. Mrs. Eddy bezieht sich darauf, wenn sie schreibt: „Ich hatte verstehen gelernt, daß das Denken vergeistigt werden muß, um Geist erfassen zu können. Es muß ehrlich, selbstlos und rein werden, um auch nur im geringsten ein Verständnis von Gott in der göttlichen Wissenschaft zu erlangen. Das Erste muß das Letzte werden. Unser Vertrauen auf materielle Dinge muß zu einer Wahrnehmung der geistigen Dinge und einem Verlaß darauf umgewandelt werden. Wenn Geist sich in unserer Beweisführung als aller-haben erweisen soll, muß er in unseren Neigungen die erste Stelle einnehmen, und wir müssen mit göttlicher Macht angetan sein.“ Rückblick und Einblick, S. 28;

Was ist Vergeistigung? Webster definiert den Begriff „vergeistigen“ als „geistig machen; insbesondere: von den verderbten Einflüssen der Welt reinigen“. Wenn man also sein vollkommenes Selbst ans Licht bringen will, muß man dauernd bestrebt sein, sein Denken zu läutern. Läuterung bedeutet weit mehr, als nur keine schlechten Gedanken zu haben. Läuterung ist die Vergegenwärtigung, daß der Mensch keine Mischung von Materie und Geist, sondern völlig geistig ist — vollkommen unkörperlich, ganz und gar gottähnlich. Der einzelne wird geläutert, indem er ständig die Annahme von Dualismus zurückweist — die Annahme, daß er oder irgendein anderer zwei Identitäten besäße, die eine materiell und die andere geistig. Christus Jesus riet seinen Nachfolgern, sich untereinander so zu lieben, wie er sie geliebt hatte — rein und geistig. s. Joh. 15:12; Der Christliche Wissenschafter, der diese geistigen Tatsachen im Auge behält, wird in fortschreitendem Maße Unsterblichkeit ans Licht bringen.

Läuterung schließt auch ein, daß man Identität richtig, d. h. als geistig verstehen lernt und daran festhält. Der Anhänger dieser Wissenschaft ist bestrebt, sich über seinen physischen Körper keine Gedanken zu machen. Er verachtet seinen Körper nicht und schämt sich seiner nicht. Er ernährt seinen Körper, hält ihn sauber und erhält ihn in gutem Zustand, vergöttert ihn aber niemals; auch fürchtet er ihn nicht.

Mrs. Eddy sagt uns: „Wir bedürfen eines reinen Körpers und eines reinen Gemüts — eines Körpers, der sowohl durch Gemüt gereinigt als mit Wasser gewaschen ist.“ Sie fährt fort: „Es sagt einer: ‚Ich sorge gut für meinen Körper.‘ Um dies tun zu können, ist der reine und erhebende Einfluß des göttlichen Gemüts auf den Körper erforderlich; der Christliche Wissenschafter sorgt am besten für seinen Körper, wenn er ihn möglichst aus seinen Gedanken ausschließt und, dem Apostel Paulus gleich, ‚vielmehr Lust‘ hat, ‚außer dem Leibe zu wallen und daheim zu sein bei dem Herrn‘.“ Wissenscaft und Gesundheit, S. 383; Das ist wahre Läuterung. Wenn wir diese Anweisungen befolgen, stellen wir fest, daß unsere Neigungen geistiger werden und unsere wahre Identität in Erscheinung tritt. Die Sinnlichkeit — Freude in der Materie finden — wird bei solcher Denkweise immer weniger Ansprüche an uns stellen, und unser geistiger Sinn — unsere Fähigkeit, mit Gott zu sprechen und Seine Weisungen zu vernehmen — nimmt zu.

Die Läuterung der Neigungen erfolgt durch Gebet und Wachsamkeit — dadurch, daß wir jedem Gedanken entgegentreten, sowie er sich dem Bewußtsein darbietet. Wir haben es in der Hand, das zu denken, was wir denken wollen. Wir brauchen nicht einen einzigen Gedanken einzulassen, den wir nicht hereinkommen lassen möchten. Wir können ihn von unserer Tür weisen, bevor er eintritt.

Haben Sie sich jemals zu Beginn eines Tages vorgenommen, diesen einen Tag lang Ihr Denken zu überwachen? Sie wollten keinen einzigen Gedanken durchgehen lassen, der nicht daraufhin überprüft worden wäre, ob er in das Bewußtsein gehörte oder nicht. Dies ist ein sehr lohnender Versuch. Sie werden erstaunt sein, welche Irrtümer durchzukommen versuchen: furchtsame, klatschhafte, kritisierende, lieblose, sinnliche, kranke Einflüsterungen — sie alle versuchen, sich Einlaß zu verschaffen und Sie glauben zu machen, es seien Ihre eigenen Gedanken. Aber Sie werden sie nicht hereinlassen. Sie werden feststellen, daß Sie sich fragen: Ist dies etwas Sauberes und Schönes? Wird mir das helfen, den Schmutz, der das wahre Bild von mir selbst zudeckt, zu beseitigen? Oder wird er schließlich gewaltsam entfernt werden müssen? Wachsamkeit ist vonnöten, wenn wir unsere Auffassungen vergeistigen wollen. Wir läutern unser Leben durch beständiges Gebet, wenn wir über unsere Gedanken gut Wache halten. „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist.“  Ps. 51:12;

Wie wichtig ist es doch, daß Ausüber und alle anderen, die mit der Heilarbeit zu tun haben, ihr Denken von der Welt unbefleckt halten, wenn sie erfolgreich sein wollen! Mrs. Eddy legte großen Nachdruck auf die Notwendigkeit der Reinheit in der Heilarbeit. Sie erkannte, daß größte Hingabe von denen verlangt wird, die für den „Ruf zur Mitternachtsstunde“ bereit sein wollen. Diese Forderung an den Heiler schließt auch ein, daß er sich nicht übermäßig mit Fernsehen, gesellschaftlichen Verpflichtungen und nachlässig ausgewählten Büchern oder Filmen beschäftigt oder von ihnen beeinflussen läßt. Diese könnten das Denken des Heilers trüben und ihn weniger bereit sein lassen, das Denken seines Patienten schnell und wirksam zu erreichen.

Mrs. Eddy schrieb an einen ihrer ersten Schüler, der in der öffentlichen Praxis der Christlichen Wissenschaft stand: „Ein wirklich wissenschaftlicher Heiler nimmt die höchste Stellung ein, die auf dieser Daseinsebene erreicht werden kann. Sie steht hoch über der eines Lehrers oder Predigers; sie schließt alles ein, was göttlich erhaben und heilig ist... Sie erreichen dieses Ziel durch Vergeistigung. Um diese zu erlangen, müssen Sie einen Gott, eine Liebe, einen Weg, ein Gemüt haben. Gesellschaft, Schmeichelei und Popularität sind Versuchungen in Ihrem Streben nach geistigem Wachstum. Vermeiden Sie sie, soweit es an Ihnen liegt. Beten Sie täglich, versäumen Sie es nie, beten Sie immer wieder: ‚Führe mich nicht in Versuchung‘ — wissenschaftlich ausgedrückt: Führe mich so, daß ich niemals die strengste Lauterkeit, die aufrichtigen, reinen Gedanken, aus den Augen verliere; laß alle meine Gedanken und Ziele erhaben, selbstlos, liebevoll, sanftmütig — geistig gesinnt — sein. Mit diesen erhobenen Gedanken verliert Ihr Gemüt an Materialität und gewinnt an Geistigkeit, und dies ist der Gemütszustand, der die Kranken heilt. Lyman P. Powell, Mary Baker Eddy: A Life Size Portrait (Boston: The Christian Science Publishing Society, 1950), S. 316.

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