Was bedeutet es, in unserem Denken fortschrittlich zu sein? Für viele Menschen ist der Begriff „fortschrittlich“ gleichbedeutend mit der Auffassung, nicht an Gott, das ewige, unveränderliche Gute, glauben zu können oder glauben zu dürfen. Sind diese Ansichten moderner und fortschrittlicher als die der Israeliten zu Moses Zeit? Mose rang darum, die Gedanken seines Volkes zu einem höheren Verständnis von Gott, dem göttlichen Geist, zu erheben. Unwissenheit über Gott und mangelnder Glaube an Ihn sind immer noch die Ursachen für Furcht und Begrenzung unter den Menschen; keineswegs sind sie Kennzeichen wahrhaft fortschrittlichen Denkens.
Christus Jesus nahm die Decke der Unwissenheit, der Furcht, des Mystizismus, des Dogmas und der scholastischen Theologie weg, die die ewige Wahrheit des Gotteswortes verborgen und dessen Licht verdunkelt hatte. Paulus bezieht sich auf die Israeliten zu Moses Zeit, wenn er schreibt: „Ihre Sinne wurden verstockt. Denn bis auf den heutigen Tag bleibt diese Decke unaufgedeckt über dem alten Testament, wenn sie es lesen, weil sie nur in Christus abgetan wird.“ 2. Kor. 3:14;
Mrs. Eddy entdeckte durch ihr unermüdliches Studium der Bibel die göttlichen Gesetze des wahren Seins. In Wissenschaft und Gesundheit, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, schreibt sie: „Die drei großen Wahrheiten des Geistes: Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit — Geist, der alle Macht besitzt, der allen Raum erfüllt, der alle Wissenschaft ausmacht — widersprechen auf immer der Annahme, daß die Materie etwas Tatsächliches sein könne. Diese ewigen Wahrheiten enthüllen das Urdasein als die strahlende Wirklichkeit der Gottesschöpfung, in der alles, was Er gemacht hat, von Seiner Weisheit für gut erklärt wird.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 109;
„Die strahlende Wirklichkeit der Gottesschöpfung“! Hier liegt der Ausgangspunkt für Vervollkommnungsfähigkeit und Fortschritt. Mrs. Eddy fand die wissenschaftlichen Regeln, die dem geistigen Heilen — dem Christus-Heilen — zugrunde liegen. Sie zeigte, daß Christus Jesus weder eine ihm allein gehörige, übernatürliche Wundergabe des Heilens besaß noch Anspruch darauf erhob. Sein Gebot an seine Nachfolger: „Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, reinigt Aussätzige, treibt böse Geister aus“ Matth. 10:8; bezieht sich nicht nur auf den kleinen Kreis von Jüngern, der ihn umgab, sondern auf alle Christen. Dem größeren geistigen Verständnis des Christus, der Wahrheit, müssen die christusgemäßen Werke nachfolgen. In seiner gewaltigen, zeitlosen Predigt, die Bergpredigt genannt, gab uns Jesus eine Richtschnur. Er sagte: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist.“ 5:48;
Gibt es eine wissenschaftliche Fakultät, die nicht erhebliche Anstrengungen machte, ihr Wissensgebiet zu erweitern und ihre Forschungsergebnisse zu vervollkommnen? Unser Besitz an menschlichem Wissen steigt sprunghaft an; es hat seit den neutestamentlichen Zeiten außerordentlich zugenommen. Unser vergrößertes materielles Wissen führt zu verbesserten Maschinen und Transportmitteln, wirksameren Werbetechniken und einem höheren Lebensstandard überhaupt.
Wie aber steht es um die Menschheit selbst? Warum besteht so wenig Interesse an unserer Vervollkommnung? Es wird ununterbrochen daran gearbeitet, Maschinen und Verfahren zu verbessern und zu vervollkommnen. Sollte es nicht der Mühe wert sein, daß die Menschen daran denken, sich selbst zu verbessern und zu vervollkommnen?
Mrs. Eddy sagt in ihrer Schrift Message to The Mother Church for 1902 (Botschaft an Die Mutterkirche für 1902): „Wenn der Postdienst, die Dampfmaschine, das Unterseekabel, die drahtlose Telegrafie, jedes zu seiner Zeit, der Menschheit geholfen haben, wieviel mehr wird dann erreicht, wenn dem Menschengeschlecht durch eine neu-alte Botschaft von Gott, nämlich durch die Erkenntnis der Erlösung von Sünde, Krankheit und Tod, vorwärtsgeholfen wird.“ ’02., S. 11;
Es ist an der Zeit, begrenzte, überholte, mittelalterlich anmutende Auffassungen von einem vermenschlichten Gott aufzugeben und „die drei großen Wahrheiten des Geistes: Allmacht, Allgegenwart, Allwissenheit — Geist, der alle Macht besitzt, der allen Raum erfüllt, der alle Wissenschaft ausmacht“ zu erkennen, anzuerkennen und anzuwenden. Wir können jetzt anfangen, Gott und Sein Ebenbild, den Menschen, richtig zu sehen, und es werden sich uns ungeahnte Möglichkeiten eröffnen.
Der sterbliche Mensch, wie ein Psalm von ihm sagt, „ist in seinem Leben wie Gras, er blüht wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da“ Ps. 103:15, 16;. Dieses Gebilde aus Fleisch, Blut, Knochen — das, was man mit den materiellen Sinnen wahrnimmt — wird fälschlicherweise für den Menschen gehalten.
Vom wahren Menschen heißt es in der Bibel im ersten Schöpfungsbericht: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib.“ 1. Mose 1:27; Dieser von Gott geschaffene, geistige, vollkommene Ausdruck des göttlichen Seins ist unser wahres Selbst. Wir müssen uns durch geistiges Verständnis über den Glauben erheben, daß die Erde, der Staub, unsere vermeintliche Substanz sei, und die falschen, erdgebundenen Ansprüche der Sterblichkeit konsequent aus unserem Denken tilgen und bewußt die geistigen, unzerstörbaren Ideen einlassen. Wenn wir uns vergegenwärtigen, daß Gott Prinzip ist, das unendliche Gute, dann wird uns diese Erkenntnis froher, freier und furchtloser werden lassen.
Wir können aufbauende geistige Eigenschaften betätigen und jeden Tag etwas gerechter, treuer, ehrlicher werden. Wir können gütig und verständnisvoll sein, ohne erdrückendes Mitleid.
Mrs. Eddy schreibt über ihre Erfahrung, als sie die Christliche Wissenschaft entdeckte: „Die Gleichgeltung Gottes brachte einen anderen herrlichen Satz ans Licht, nämlich die Vervollkommnungsfähigkeit des Menschen und die Aufrichtung des Himmelreichs auf Erden.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 110.
Unser Denken bestimmt unsere Erfahrung. Gedanken, die des Menschen unwürdig sind — des Menschen in seinem wahren, geistigen Sein —, ziehen ein menschenunwürdiges Dasein nach sich. Aber Gedanken, die des Menschen würdig sind, lassen das wahre Sein des Menschen offenkundig werden. Gute Gedanken segnen nicht nur uns selbst, sie segnen die ganze menschliche Familie. Gute Gedanken entstammen dem göttlichen Gemüt und drücken die unendliche Macht Gottes, des Guten, aus.
Als Rechtfertigung dafür, daß sie nicht aufrichtiger nach geistigem Fortschritt streben, behaupten manche, der Mensch sei nicht Gott. Natürlich ist er es nicht. Ist der Sonnenstrahl die Sonne? Aber der Sonnenstrahl hat die Eigenschaften der Sonne. Und wie sehr haben wir uns bemüht, gütiger, liebevoller, geduldiger, barmherziger — gottähnlicher zu werden? Bemühen wir uns nur gelegentlich, vielleicht sonntags, ein besserer Mensch zu sein? Christus Jesus betätigte sein Verständnis von Gott jeden Tag, zu jeder Stunde. Keine Situation, mochte sie noch so schwierig erscheinen, ließ ihn vergessen, daß er der vollkommene Ausdruck des vollkommenen Prinzips, des ewigen Lebens, Gottes, war.
Wir müssen ihm folgen, sonst können wir seinen Auftrag nicht erfüllen, das Evangelium zu predigen, die Kranken zu heilen, die bußfertigen Sünder zu reinigen und zu erneuern und die Toten zu erwecken. Er erkannte ein allerhabenes Gesetz an — das befreiende, geistige Gesetz der göttlichen Liebe. Diese reine, geistige Liebe sollte der Antrieb und Beweggrund für unser Denken und Handeln sein.
Wir können jetzt anfangen, aus Liebe zu Gott und dem Menschen, unseren Nächsten als das Bild und Gleichnis, als die vollkommene Widerspiegelung Gottes zu sehen. Wir können jetzt anfangen, weniger zu kritisieren und mehr Verständnis für den anderen aufzubringen; weniger zu verurteilen und mehr Gerechtigkeit zu üben; weniger aggressiv zu sein und mehr Sanftmut zu bekunden; weniger beherrschend zu sein und bereitwilliger zu dienen; weniger verhärtet zu sein und mehr mitzuempfinden; weniger lau zu sein und mehr moralischen Mut zu betätigen; weniger zu klassifizieren und mehr Einmütigkeit zu zeigen; weniger den eigenen Willen geltend zu machen und mehr den göttlichen Willen wirken zu lassen. Wir können weniger an Krankheit und andere Übel denken und darüber sprechen und uns mehr am Guten freuen. Wir können uns zum Besseren ändern, anstatt zu versuchen, andere zu ändern. Kurz, wir können liebevoller sein.
Im Verhältnis zu unserer geistigen Entwicklung vervollkommnen wir uns und tragen zur „Aufrichtung des Himmelreichs auf Erden“ bei.