„Wir leben in einem Zeitalter des göttlichen, kühnen Unternehmens der Liebe, Alles-in-allem zu sein“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 158;, schrieb Mrs. Eddy an die Kirche Christi, Wissenschafter, in Concord, New Hampshire. Wir leben noch heute in diesem Zeitalter; die Christliche Wissenschaft ruft uns alle auf, die Allheit der göttlichen Liebe in unserem Leben zu demonstrieren. Und vielleicht haben diese Worte eine besondere Bedeutung für Frauen, die meinen, ihren Mann verloren zu haben — durch Tod, Trennung oder Scheidung.
Im Licht der Christlichen Wissenschaft betrachtet, widerspricht der Witwenstand der Allheit Gottes. Er ist eine Annahme, daß das Gute von einer Person statt vom Prinzip komme und daß wir von unserer Quelle des unendlichen Guten und ihrer Kundwerdung in Heim, Familie, Versorgung und Glück abgeschnitten seien, wenn ein geliebter Mensch nicht mehr bei uns ist.
Der stereotype Begriff von einer Witwe (oder einem Witwer) wird durch den richtigen Begriff von der Frau (oder dem Mann) in ihrer Beziehung zum schöpferischen Prinzip aufgehoben. Frauen und Männer sind in Wirklichkeit die geliebten Kinder Gottes, auf welcher Stufe der menschlichen Entwicklung sie auch zu sein scheinen. „Jugend“, „mittleres Alter" oder „hohes Alter" sind keine wahren Merkmale des geistigen Menschen, der zeitlos und unsterblich ist. „Verheiratet", „geschieden" oder „verwitwet" sind Wörter, die einen Zustand des sterblichen Gemüts bezeichnen. Der wahre Status des Menschen gründet sich auf die Tatsache, daß Gott Vater und Mutter ist, daß jede individuelle Idee immer vollständig ist, ein Mitglied der göttlichen Familie, daheim im Bewußtsein der göttlichen Liebe.
Die Verfasser des Alten Testaments verglichen die Liebe Gottes zu Seinem Volk mit der Liebe eines Vaters oder einer Mutter zu ihren Kindern oder mit der Liebe eines Mannes zu seiner Frau. Das Wort „Mann" (in der Bedeutung von Ehemann) wurde damals mehr im Sinne eines Haushalters gebraucht, der die Einkünfte verwaltet und einem Haushalt vorsteht; auf diese Weise bezeichnete das Wort nicht nur die Liebe eines Mannes zu seiner Frau, sondern auch die Führung und den Schutz durch das Oberhaupt einer patriarchalischen Familie. In Übereinstimmung damit finden wir Trost in der im Buch des Propheten Jesaja niedergeschriebenen Verheißung, die Gott der Herr Israel zuteil werden ließ: „Fürchte dich nicht, denn du sollst nicht zuschanden werden ... und der Schmach deiner Witwenschaft nicht mehr gedenken. Denn der dich gemacht hat, ist dein Mann.“ Jes. 54:4, 5; Obgleich sich der Prophet auf die Jahre bezog, die Israel in der Gefangenschaft verbrachte, wo offenbar Gott der Herr Israel wegen seiner Treulosigkeit verstoßen hatte, erinnert uns doch diese Schriftstelle daran, daß Gott immer bei uns ist; Er läßt uns niemals im Stich.
Welch ein inspirierendes Beispiel gibt doch Naëmi! (Siehe Buch Ruth, Kapitel 1.) Sie war Witwe geworden und empfand eine große Leere. Für den materiellen Sinn hatte sie nicht nur ihren Mann, sondern auch ihre beiden Söhne verloren. Als sie nach Bethlehem zurückkehrte, erkannten sie ihre Freunde kaum wieder. Sie sagte, ihr Name solle von Naëmi, was „lieblich“ bedeutet, in Mara, was „bitter“ bedeutet, geändert werden. Naëmi hatte sich jedoch nicht an eine Person als die Quelle des Guten geklammert. Sie hatte es ihren beiden Schwiegertöchtern freigestellt, in ihre Heimat und zu ihren Familien zurückzukehren; und eine von ihnen ging zurück.
Wenn wir die Vorstellung aufgeben, daß das Gute von einer Person komme, erleben wir mehr Freiheit. Auf die Zeit Bezug nehmend, wo wir ohne Freunde dastehen, erklärt Mrs. Eddy: „Wenn diese Stunde der Entwicklung kommt, wird die geistige Liebe dich zwingen, selbst wenn du dich an einen Sinn persönlicher Freuden klammerst, das anzunehmen, was deinem Wachstum am förderlichsten ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 266;
Wie vollständig überwand doch die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft viele der Begrenzungen, die man mit einer alleinstehenden Frau in Verbindung bringt! Welche Weisheit und Voraussicht bekundete sie in ihren finanziellen Angelegenheiten und in der Leitung der wachsenden christlich-wissenschaftlichen Bewegung!
Unser geistiges Verständnis nimmt zu, wenn wir es in unseren täglichen Angelegenheiten anwenden. Wir müssen anerkennen, daß Gott Alles-in-allem ist und daß Er durch Seine geistigen Eigenschaften und Ideen alle unsere Bedürfnisse stillt. Viele dieser Eigenschaften werden im allgemeinen als männliche Fähigkeiten betrachtet wie z. B. Weisheit, Kraft und Mut. Wir können diese gottverliehenen geistigen Eigenschaften beanspruchen und dementsprechend handeln, wenn wir erkennen, daß sie uns immer zur Verfügung stehen.
Als ich plötzlich Witwe wurde und mich mit dieser neuen Situation auseinandersetzen mußte, wurde mir klar, daß ich das weitverbreitete Klischee aufgeben und mich als ein vollkommen versorgtes Mitglied des göttlichen Haushalts sehen mußte. Als ich lernte, mich auf Gott wegen Führung und Versorgung mit Ideen zu verlassen, stellte ich fest, daß alle meine Bedürfnisse gestillt wurden — ob es sich nun um meinen finanziellen Unterhalt oder um Reparaturen im Haus und am Auto handelte.
Wie beglückend ist es, zu erkennen, daß das Prinzip allein die Quelle alles Guten ist! Die Suggestionen des persönlichen Sinnes sind falsch, selbst wenn sie in der Gestalt des Guten kommen. Wenn wir Erinnerungen an vergangene Freuden nachhängen (als ob wir niemals wieder Freuden erleben würden), uns an liebgewonnene materielle Dinge klammern (als ob sie wahre Substanz wären) oder uns auf einen Ort begrenzt fühlen (als ob der Himmel eine Örtlichkeit wäre) — diese Haltung führt dazu, daß wir die unendliche Immergegenwart der Liebe leugnen.
Die Abwesenheit eines geliebten Menschen, wie viele wunderbare geistige Eigenschaften er auch ausgedrückt haben mag, trennt uns in keiner Weise von der Liebe, die Gott uns entgegenbringt. Mrs. Eddy schreibt in ihrem Artikel mit dem Titel „Engel“: „O möget ihr diese Berührung fühlen — sie ist kein Händedruck, kommt nicht von der Anwesenheit einer geliebten Person, sie ist mehr als das, sie ist eine geistige Idee, die euren Pfad erleuchtet!“Vermischte Schriften, S. 306.
Im Grunde haben wir Gemeinschaft mit Gott und Seinen Ideen. Die göttliche Liebe sorgt immer für die menschlichen Bedürfnisse, und diese Fürsorge mag sich in unserem Leben in Form von Freundschaft oder einer Familie zeigen. Naëmi konnte sich später sogar eines höheren Begriffs von Familie mit einem hochgeachteten Ehemann für Ruth und der Geburt eines Kindes aus dieser Ehe erfreuen. Naëmi war wirklich ein gutes Beispiel für die Verheißung: „Du sollst ... der Schmach deiner Witwenschaft nicht mehr gedenken.“
Auch wir können einen persönlichen Begriff vom Guten aufgeben und die Erkenntnis einer engeren Beziehung zu Gott und ein tieferes Vertrauen zu Ihm gewinnen. Auf diese Weise befreit uns die göttliche Liebe von der Annahme, daß das Gute von einer Person abhängig sei oder der Vergangenheit angehöre.