Die Annahme, daß es ein negatives sterbliches Gemüt gebe, das in eigenwilligen, streitsüchtigen Sterblichen in Erscheinung tritt, die Annahme, daß ein sterbliches Gemüt ein anderes ohne dessen Zustimmung beherrschen könne oder daß wir das Opfer des falschen Denkens eines anderen werden könnten, kann im Licht der Lehren der Christlichen Wissenschaft als völlig unwahr bewiesen werden. In Wirklichkeit gibt es kein sterbliches Gemüt. Es gibt keine solche Beherrschung. Und keine solche Gedankenübertragung ist möglich, wenn wir uns einen klaren Begriff von der Einheit und Allheit des göttlichen Gemüts bewahren und den Menschen als den ständigen Ausdruck des Gemüts, als von Gott regiert und von Gott beherrscht erkennen.
Wenn es auch tröstend ist zu verstehen, daß wir nicht verantwortlich sind für das, was andere denken, müssen wir doch in diesem Verständnis einen Schritt weiter gehen und dürfen uns nicht davor fürchten, was andere vielleicht über uns denken könnten. Der ganze Anspruch eines Gemüts, das von Gott getrennt oder Gott, dem unendlichen Guten, entgegengesetzt ist, ist eine Illusion. „In Wirklichkeit gibt es kein sterbliches Gemüt“, schreibt Mrs. Eddy, „und folglich keine Übertragung sterblicher Gedanken und Willenskraft. Leben und Sein sind von Gott. In der Christlichen Wissenschaft kann der Mensch keinen Schaden tun, denn wissenschaftliche Gedanken sind wahre Gedanken, die von Gott zum Menschen kommen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 103;
Die wahre Individualität des Menschen besteht in Gott, dem Geist, und kann nicht manipuliert oder falsch beeinflußt werden. Ein Verständnis dieser Wahrheit macht mesmerische oder hypnotische Gedankenbeherrschung machtlos. Paulus, der die erhebende Macht des Denkens erkannte, das seinen Ursprung in Gott hat, sagte: „Wir... haben Christi Sinn.“ 1. Kor. 2:16; Im Geschäft, in der Kirche, daheim — auf allen Gebieten der menschlichen Tätigkeit — übt die ruhige und gelassene Gegenwart eines Menschen, der von dem Gemüt Christi beherrscht und regiert wird, einen heilenden Einfluß aus. Ein Denken, das mit Gott, dem unendlichen Guten, in Einklang steht, ist mit der Macht der Allmacht ausgestattet. Es untersucht jedes Zeugnis von dem erhabenen Standpunkt der Allheit des Geistes. Mühelos trennt es die Spreu vom Weizen. Es erkennt und veranschaulicht die Gegenwart Gottes, des unendlichen Guten, die Gegenwart von Wahrheit, Leben und Liebe.
Der wirkliche Mensch ist niemals in Gefahr, noch kann er durch Furcht, boshafte mentale Malpraxis, Sünde oder Unwissenheit hypnotisiert werden. Es ist nur die falsche Annahme des Menschen, die von Furcht und Hilflosigkeit begleitet ist — der Furcht, daß der Mensch der Materie ausgeliefert sei und in einer feindlichen, materiellen Welt lebe. Wenn wir diese falsche Annahme gelten lassen, mögen wir unter ihren verkehrten Auffassungen zu leiden haben. Völligen Schutz vor dem Glauben an das Falsche finden wir in dem geistigen Verständnis von dem, was wahr ist. Die Bibel berichtet, daß Mose Freistädte bestimmte (s. 4. Mose, Kap. 35), zu denen die, die von Gefahr bedrängt wurden, fliehen und wo sie Sicherheit finden konnten. Auch wir haben eine Zufluchtsstätte, wenn die Ansprüche von Sünde, Krankheit und Sterblichkeit uns zu bedrängen scheinen. Wir können Sicherheit und Frieden „unter dem Schirm des Höchsten“ und „unter dem Schatten des Allmächtigen“ Ps. 91:1; finden. Diese Zuflucht ist nicht materiell, nicht an einem fernen Ort; sie ist hier, jetzt und stets verfügbar — das göttliche Bewußtsein, das Verständnis von Gottes Allheit, das Himmelreich in uns. Dieser Zufluchtsort ist unangreifbar. Wir können vor jeder Disharmonie des menschlichen Sinnes mit Gewißheit und Freude zu diesem Ort unsere Zuflucht nehmen, und wir werden ganz gewiß immer vollkommenen Schutz finden.
Mrs. Eddy, die stets um das Wohlergehen und die Sicherheit derer besorgt war, die ihre Nachfolger werden würden, schreibt: „Christliche Wissenschafter, seid euch selbst ein Gesetz, damit euch die mentale Malpraxis nicht schaden kann, weder im Schlaf noch im Wachen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 442; Gottes Gesetz wird unser Gesetz, wenn wir uns richtig sehen und wissen, daß wir die Söhne und Töchter Gottes, der vollkommene Sprößling des Gemüts sind — geistig, unsterblich, unkörperlich —, und niemals unsere Gotteskindschaft aus den Augen verlieren. Christus Jesus ist unser Beispielgeber und Wegweiser. Als er unrechtmäßigerweise angeklagt und vor den Hohenpriester gebracht wurde, fragte man ihn dem Bericht des Markusevangeliums gemäß: „Antwortest du nichts zu dem, was diese wider dich zeugen?“ Es heißt dann weiter: „Er aber schwieg stille und antwortete nichts“, er gab dem, was ihn falsch sehen wollte, nicht einmal einen Namen. Jesus wußte, daß die Annahme, der Mensch sei von Gott, dem göttlichen Gemüt, getrennt und könne daher mit dem identifiziert werden, was Ihm unähnlich ist — mit dem sterblichen Gemüt —, der grundlegende Denkfehler ist. Der Meister weigerte sich, sich mit dem sterblichen Gemüt zu identifizieren. Als aber der Hohepriester ihn fragte: „Bist du der Christus... ?“, antwortete er: „Ich bin's“, und er bot nichts zu seiner Verteidigung an als die Erklärung seiner eigenen Identität. s. Mark. 14:60–62;
Uns wird nirgends berichtet, daß Jesus leugnete, daß er den Christus, die wahre Idee Gottes, darstellte. Im Gegenteil, er sagte, wie Johannes uns erzählt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ Joh. 14:6; Er legte immer Nachdruck auf sein Einssein mit dem himmlischen Vater, indem er erklärte, er sei nicht gekommen, seinen eigenen Willen zu tun, sondern den Willen des Vaters, der ihn gesandt hatte. Die klare Erkenntnis, daß der Mensch in seinem wirklichen Sein geistig und vollkommen, das geliebte Kind des Vaters, Gottes, ist, befähigte Jesus, sich über die menschliche Auffassung von Konflikt zwischen Wahrheit und Irrtum zu der Wahrnehmung zu erheben, daß die Wahrheit Alles ist. Wir mögen nicht immer imstande sein, uns die geistigen Tatsachen des Seins so umfassend zunutze zu machen wie er, obwohl wir sie als wahr anerkennen. Manchmal mögen wir weiter blicken, als wir gehen können. Aber wir dringen freudig vorwärts vom Anerkennen zum Vergegenwärtigen und Beweisen durch Heilung und Wiedergeburt, in dem Bewußtsein, daß unsere geistige Schau unserem wahren Selbst in Christus am nächsten kommt.
Bei jedem Schritt des Weges müssen wir verstehen, daß die Macht Gottes in Wirklichkeit keine überlegene Macht ist, die erfolgreich gegen eine andere Macht kämpft, da die Macht Gottes die einzige Macht und unendlich ist. Unser Beweis der göttlichen Macht liegt in unserem ruhigen Wissen um diese unbestreitbare Tatsache. In dem Bewußtsein der allmächtigen Macht und Allgegenwart Gottes finden wir unseren sicheren Schutz.
Das unendliche Bewußtsein kann nicht angetastet werden; da es alles wahre Sein in sich schließt. Nichts besteht außerhalb der Unendlichkeit. Nichts besteht außerhalb des göttlichen Bewußtseins; es ist alles, was den Menschen und das Universum ausmacht. Falsche Annahmen mögen behaupten, uns zu verwirren, mögen wirklich erscheinen, ebenso wie die unwirklichen Bilder, die über eine Filmleinwand huschen, wirklich erscheinen; aber die Christliche Wissenschaft befähigt uns zu erkennen, daß falsche Annahmen letztlich nur unwirkliche Erscheinungen sind. Wir brauchen sie nicht als wahr anzunehmen. Unsere Zuflucht vor dem, was falsch und zerstörerisch ist, liegt in der Erkenntnis Gottes, der Wahrheit, die das Himmelreich in uns ist. In dem Universum der Wahrheit, unserem wahren Reich des Lebens und Seins, ist Liebe allerhaben, und Gemüt regiert alles in ungestörter Harmonie und ungetrübtem Frieden.
Unsere Erlösung von den aggressiven Kräften des sterblichen Gemüts liegt in dem klaren Verständnis vom Menschen als Gottes Kind, in seinem Einssein mit der göttlichen Liebe. Wenn wir mit den geistigen Tatsachen des Seins ausgerüstet sind — der klaren, ruhigen Überzeugung von Gottes Gegenwart, die sich in der Schönheit, Reinheit und Vollkommenheit des Christus ausdrückt —, weigern wir uns, uns auf den Kampfplatz widerstreitenden Irrtums durch Furcht, Haß, Unterdrückung, mentale Malpraxis oder irgendeine andere Gott entgegengesetzte Macht hinabziehen zu lassen. Wenn wir wissen, daß es nur einen Gott, das Gute, gibt, der alles gemacht hat, was gemacht ist, warum sollten wir dann an die Wirklichkeit von irgend etwas glauben, was Gott nicht gemacht hat? Wenn wir getreu dabei beharren, unsere Einheit mit dem göttlichen Prinzip zu bejahen, und das völlig geistige Wesen unseres Seins verstehen, werden wir nicht versucht sein, der Annahme nachzugeben, daß der Mensch sterblich und den vernichtenden Kräften von Krankheit, Leiden, Mangel oder tierischem Magnetismus unterworfen sei.
Der Mensch ist kein Doppelwesen. Er drückt Gott, Geist, den Unendlichen, aus. Diese Einheit von Gott und Mensch ist ein Felsen, auf dem wir sicher und gelassen stehen können und gegen den die Angriffe des Bösen vergeblich schlagen.
Um Verwirrung zu vermeiden und den aggressiven Mesmerismus des fleischlichen Gemüts zu zerstören, wenden wir unser Denken von ganzem Herzen Gott zu. Wenn wir die Wahrheiten des göttlichen Seins verstehen, geben wir allen Glauben an die Wirklichkeit des Bösen auf. Wenn wir in Übereinstimmung mit der Wahrheit leben, lassen wir uns durch den Irrtum nicht beunruhigen. Unsere Aufgabe besteht darin, recht zu denken und unser Leben für die Wahrheit Zeugnis ablegen zu lassen. Unsere Waffen sind nicht fleischlich, sondern geistig. Unsere Verteidigung liegt nicht in verdunkeltem Denken, sondern in erleuchtetem geistigem Verständnis. Unser Sieg ist gewiß. Er demonstriert die sanfte Gegenwart des heilenden Christus. Er verletzt niemanden und bringt unserem Nächsten keinen Verlust. Von dem Christus erhalten wir die Kraft, treu, geduldig und vor allem liebevoll zu sein. In freudiger Zuversicht erwarten wir das Ergebnis unseres Bemühens, in dem Bewußtsein, daß jede Stunde unsere gebeterfüllte Arbeit erfordert.
Mrs. Eddy versichert uns: „Die Zuflucht des Menschen liegt in der Geistigkeit, ‚unter dem Schatten des Allmächtigen’.“ Die Einheit des Guten, S. 57.
