Ich lag hilflos auf der Erde, von der Zivilisation einen guten Tagesmarsch entfernt. Meine Wandergefährten hatten mich gerade ein paar hundert Meter außerhalb unseres Lagers gefunden. Rückenschmerzen hatten mich bewegungsunfähig gemacht. Die Sonne versank hinter den Bergen, die uns umgaben, und die Abendkühle setzte ein.
Was sollten wir tun? Einen Hubschrauber anfordern, um mich herausfliegen zu lassen? Der würde erst am nächsten Tag eintreffen. Eine behelfsmäßige Tragbahre anfertigen? Jemanden ausschicken, um einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft anzurufen?
Mrs. Eddy bietet eine herausfordernde Lösung an: „Das Gebet, das die Sünder umwandelt und die Kranken heilt, ist ein absoluter Glaube, daß bei Gott alle Dinge möglich sind — ein geistiges Verständnis von Ihm, eine selbstlose Liebe.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 1; Angesichts all der erwähnten Möglichkeiten erschienen mir ihre Worte wie ein Leuchtsignal — „ein absoluter Glaube, daß bei Gott alle Dinge möglich sind“.
Wenn Gott allmächtig ist — und Er ist es —, dann gibt es keine Situation, in der Er nicht sofort helfen könnte. Ich hielt es für inkonsequent, die Notwendigkeit einer Evakuierung zu erwarten und mich gleichzeitig im Gebet an eine allmächtige, immer gegenwärtige, liebevolle Gottheit zu wenden. In meinem Wunsch, zwischen irgendeiner materiellen Hilfe von außen und rückhaltlosem Vertrauen auf Gott zu wählen, entschied ich mich für das letztere. Ich betete nur noch und gab alle anderen Bemühungen auf.
Doch meine Gedanken kreisten immer noch um all die verschiedenen Möglichkeiten. Sollte ich jemanden bitten, sich mit einem Ausüber der Christlichen Wissenschaft in Verbindung zu setzen? Mir wurde klar, daß mein Glaube nur dann absolut war, wenn ich die Heilung noch vor dem Ende des langen Rückmarsches erwartete. Würde ich eine Decke brauchen, um mich in der Nacht warm zu halten? Wenn mein Glaube absolut war, konnte ich die Heilung noch vor Einbruch der Nacht erwarten. Das Abendessen war fertig; sollte ich es mir bringen lassen? Ich erkannte: Absoluter Glaube hieß, daß ich die Heilung noch vor dem Abendessen — schon jetzt — erwartete.
Ich konnte mich erheben, und als ich ins Lager kam, war das Essen noch warm. Am nächsten Tag beendeten wir unsere anstrengende Querfeldeinwanderung mit schwerem Gepäck. Ich war völlig geheilt. Meines Erachtens trat die Wendung ein, als ich mich weigerte, auch nur im geringsten anzunehmen, Gottes Hilfe und Fürsorge für eines Seiner Kinder könne in irgendeiner Weise ergänzt oder durch etwas anderes ersetzt werden.
Als Christus Jesus die Menge mit einigen wenigen Broten und Fischen speiste, forderte er nicht zusätzliche Verpflegung aus dem nächsten Ort an für den Fall, daß die Menschen an jenem Tag ungewöhnlich hungrig waren. Während der ganzen Zeit seines heilenden Wirkens erwartete er, daß der eine allmächtige Gott eine jede Situation weise beherrschen würde, und dieses völlige und unerschütterliche Vertrauen blieb niemals unbelohnt.
Auch wir müssen ein Verständnis von Gottes grenzenloser Macht gewinnen und uns klarmachen, „daß bei Gott alle Dinge möglich sind“. Kühnheit allein ist natürlich kein Ersatz für Inspiration und geistiges Verständnis. Wir können nicht erwarten, daß wir Jesu Werke aufs neue vollbringen werden, indem wir uns lediglich hartnäckig weigern, ein materielles Heilmittel anzuwenden. Wenn wir jedoch einem Problem mit ernsthaftem Gebet entgegentreten, wird es für uns ganz natürlich sein, daß materielle Hilfsmittel in einem System, das sich auf die Allheit Gottes gründet, keinen Platz haben.
Mrs. Eddy weist darauf hin, daß man im Irrtum ist, wenn man bei der Ausübung der Christlichen Wissenschaft versucht, der Macht Gottes ein wenig nachzuhelfen: „Der Gedanke, man könne dem göttlichen Prinzip des Heilens nachhelfen oder versuchen, den menschlichen Körper zu erhalten, bis das göttliche Gemüt bereit ist, den Fall zu übernehmen, ist alles andere, nur nicht wissenschaftlich christlich. Die Gottheit ist immer bereit.“ ebd., S. 458;
Im Alten Testament finden sich wunderbare Beispiele völligen Vertrauens auf die göttliche Vorsehung. So kamen z. B. die Kinder Israel auf ihrem Marsch nach Jericho an den über die Ufer getretenen Jordan. Vom Glauben beflügelt, führten die Priester, die die Bundeslade trugen, das Volk bis an den Fluß und gingen dann ohne zu zögern hinein. Sobald sie ins Wasser schritten, waren die Fluten gedämmt. „Und die Priester, die die Lade des Bundes des Herrn trugen, standen still im Trockenen mitten im Jordan. Und ganz Israel ging auf trockenem Boden hindurch, bis das ganze Volk über den Jordan gekommen war.“ Jos. 3:17;
Die Priester, die diese äußerst wertvolle Last trugen, hätten vielleicht lieber am Ufer gewartet, bis sich die Wasser teilten. Doch ihre Bereitwilligkeit, den ersten Schritt zu tun, bewies ihren Glauben an die göttliche Allmacht. Auch wir mögen vor einem Hindernis zum Stillstand kommen und uns wünschen, daß die Wasser sich teilten, bevor wir vorwärtsgehen. Anstatt zaghaft innezuhelten, wird von uns verlangt, unser Vertrauen auf Gottes Allheit tatkräftig zu beweisen. Mrs. Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Wir müssen dorthin schauen, wo wir hinwandeln möchten, und wir müssen handeln wie einer, der alle Macht von Ihm besitzt, in dem wir unser Sein haben.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 264.
Gewiß erfordert wissenschaftlich mentales Heilen den Mut, so zu handeln, „wie einer, der alle Macht [von Gott] besitzt“. Gebet ohne Glauben an die Wirksamkeit des Gebets ist bloßes Wünschen. Der Glaube, der in Worten und Taten seinen Ausdruck findet und sich mit geistigem Verständnis verbindet, verwandelt die hoffnungsvolle Bitte in wissenschaftlich heilendes Gebet.