Eine Glasvase zerbrach mir unter der Hand und beide Handflächen waren stark zerschnitten. Sofort rief jemand einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft an und bat um Behandlung für mich. Als ich so dasaß, beide Hände auf einem Handtuch ausgestreckt, machte jemand die Bemerkung, daß ich allem Anschein nach für Gottes Güte sehr empfänglich sei und einen überströmenden Segen erwarte — und meine körperliche Haltung zeigte tatsächlich einen gedanklichen Zustand von Erwartung an.
Innerhalb von Minuten hörte das Bluten auf, und am nächsten Tag hatte der Augenschein von Fleischwunden so nachgelassen, daß ich die Hände für jede normale Tätigkeit — für Haushaltspflichten, Maschineschreiben, Autofahren — gebrauchen konnte. Sehr bald waren keine Narben mehr zu sehen.
Die mentale Einstellung dessen, der einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft um Hilfe bittet, kann bedeutsam sein. Das Erwarten von Heilung, die Willigkeit, geheilt zu werden, Glaube an die heilende Macht des Christus, der Wahrheit, die durch das reine Denken des Ausübers auf das besondere Bedürfnis angewandt wird — dies sind Eigenschaften im Denken des Patienten, die dazu beitragen, die gewünschte Wirkung, nämlich Gesundheit und Harmonie zu erzielen.
Als die Frau, die zwölf Jahre lang an Blutungen gelitten hatte, sich ihren Weg durch die Menge bahnte und den Saum des Gewandes Christi Jesu berührte, erwähnte der Meister ihre Empfänglichkeit und heilte sie augenblicklich. „Sei getrost, meine Tochter“, sagte er zu ihr, „dein Glaube hat dir geholfen.“ Und weiter wird uns berichtet: „Die Frau ward gesund zu derselben Stunde.“ Matth. 9:22;
Aber Jesus heilte auch Menschen, die nicht solchen Glauben an seine Macht, ihnen zu helfen, an den Tag legten. Der Mann am Teich von Bethesda, der achtunddreißig Jahre lang ein Krüppel gewesen war, setzte seine Hoffnung auf die angebliche Heilkraft des Wassers im Teich, anstatt an Jesus zu glauben. Dennoch wurde er durch die Christus-Kraft geheilt. Er hatte den aufrichtigen Wunsch, frei zu sein, und hatte jahrelang versucht, seine Freiheit zu erlangen. s. Joh. 5:1–9; Kann der heutige Mensch, der Heilung durch die Christliche Wissenschaft sucht, sagen, daß er den ebenso brennenden Wunsch nicht nur nach körperlicher Heilung, sondern auch nach der tiefgehenden Umwandlung des menschlichen Denkens hat, das erforderlich sein mag, um für den Christus Raum zu machen? Der Wunsch nach der Wiedergeburt, die zur Heilung führt, weist auf Empfänglichkeit hin und wird, wenn er echt und stark ist, zur Heilung beitragen.
Die ersten Seiten des Kapitels „Die Betätigung der Christlichen Wissenschaft“ in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift sind der Veranschaulichung der christlichen Eigenschaften gewidmet, die bei dem erfolgreichen Gemüts-Heiler erforderlich sind. Ein einsichtsvoller Leser dieses Buches mag auch zu dem Schluß kommen, daß viele dieser selben geistigen Eigenschaften den Patienten für die Behandlung empfänglich machen würden, um die er gebeten hat, wenn er sie in seinem Denken hegt.
Auf diesen Seiten hebt Mrs. Eddy die Demut und den hingebungsvollen Wunsch nach dem Guten hervor, der in dem Denken der Frau zu finden war, die später Maria Magdalena genannt wurde und die in dem Hause des Pharisäers Simon Jesu Füße mit Öl salbte. Mrs. Eddy vergleich das arrogante Denken des Simon mit dem augenscheinlichen Zustand der Reue bei der Frau und mit ihrer liebevollen Geste der Gastfreundschaft gegen diesen Mann, der den Christus, die wahre Idee Gottes, darstellte. Sie schreibt: „Welches war der höhere Tribut für diese unaussprechliche Liebe: die Gastlichkeit des Pharisäers oder die Zerknirschung der Magdalena? Diese Frage beantwortete Jesus dadurch, daß er die Selbstgerechtigkeit tadelte und der Büßerin Absolution erteilte.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 364;
Ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft mag manchmal eine einfache Wahrheitserklärung äußern, einen Abschnitt aus der Bibel oder aus Mrs. Eddys Schriften zitieren oder gebeterfülltes Studium einer geistigen Idee empfehlen, die dem Bedürfnis zu entsprechen scheint. Die Reaktion des Patienten kann bedeutsam sein; sie kann die Heilung beschleunigen oder hindern. Der demütige, ernste Wunsch, mehr zu lernen — das eifrige Bemühen, tiefere Einblicke in einen geistig wissenschaftlichen Gedanken zu erlangen —, deutet auf einen mentalen Zustand hin, der mehr zu einer Heilung beitragen wird als die Selbstgerechtigkeit, die uns sagen oder auch nur denken läßt: „Ich weiß das alles. Ich erzähle das immer anderen, wenn sie mich um Hilfe bitten.“
Wenn der Ausüber einem scheinbar unempfänglichen Zustand des Denkens in einem Patienten gegenübersteht, mag er erkennen, daß dies gerade der Anspruch des sterblichen Gemüts ist, der in erster Linie der Heilung bedarf. Solch ein verhärtetes Herz gehört nicht zu dem wirklichen, von Gott geschaffenen Menschen. Stolz und persönlicher Sinn haben mit dem wahren Wesen des Ausdrucks der Seele — und das ist die tatsächliche Identität des Hilfesuchenden — nichts zu tun. Diese unerwünschten Züge, die die Heilung scheinbar aufhalten, müssen von dem Ausüber als Täuschungen erkannt werden — als falsche Bekundungen, die durch das liebevolle Anerkennen der Wahrheit aufgelöst werden müssen.
Mrs. Eddy schreibt: „Die Willigkeit, wie ein kleines Kind zu werden und das Alte um des Neuen willen aufzugeben, macht das Denken für die vorgeschrittene Idee empfänglich. Die Freudigkeit, die falschen Marksteine zu verlassen, und die Freude, sie verschwinden zu sehen — eine solche Gesinnung beschleunigt die endgültige Harmonie.“ ebd., S. 323.
Kommt die Heilung langsam? Sowohl der Patient als auch der Ausüber sollten sich fragen, ob Abneigung oder Widerstand, Selbstgerechtigkeit oder Stolz das Hindernis in dem Fall sind. In Wahrheit ist der wirkliche Mensch, die Widerspiegelung Gottes, stets gehorsam gegen Gottes Gesetz, absolut empfänglich und aufgeschlossen für die Forderung des Prinzips nach Vollkommenheit. Wenn diese Tatsache verstanden wird, mag der Weg zu einer vollkommenen Heilung frei sein.
