Unser kleiner Junge war von einem seiner Spielgefährten geschlagen worden, und an der Stirn hatte sich eine Beule gebildet. Er kam ins Haus gelaufen und schaute in den Spiegel. „Wie lange dauert es, bis die Beule wieder weg ist?“ fragte er weinend.
Ich wandte mich im Gebet an Gott und umfing unseren Sohn in Gedanken mit der in mir aufwallenden Liebe. Wir sprachen über die stete Gegenwart Gottes, der Liebe, und darüber, daß wir als Gottes geistige Ideen in dieser immer gegenwärtigen göttlichen Liebe leben. Wir sangen Kirchenlieder. Und voller Freude stimmten wir darin überein, daß die Beule, da sie nicht in der immer gegenwärtigen Liebe sein konnte, bereits verschwunden war und in der Allheit Gottes niemals wirklich existiert hatte.
Als unser Sohn noch einmal verstohlen in den Spiegel schaute, sah er, daß die Beule tatsächlich weg war. Aber er jammerte wieder: „Wie konnte die Beule so schnell weggehen?“ Ich erwiderte lächelnd: „Wolltest du sie noch eine Weile behalten?“
Wie konnte die Beule so schnell verschwinden? Doch wohl deshalb, weil der kleine Bursche den kürzesten Weg zur Heilung eingeschlagen hatte. Sein Denken war ruhig geworden, als er auf Gott lauschte. Er hatte nicht mehr dem Irrtum zugehört, sondern seine Aufmerksamkeit Gottes Botschaften der Liebe und Wahrheit zugewandt. Im geistig beruhigten Denken hatte er einen Schimmer von sich selbst als der Widerspiegelung Gottes erlangt. Dieses veränderte Denken spiegelte die Allheit Gottes, des Guten, wider, in der es keine Beule, keine Disharmonie irgendwelcher Art gibt.
Der ganze Vorfall erschien nur dem menschlichen Denken wirklich, das vorübergehend durch eine falsche Annahme geblendet worden war. Wir meisterten diese Annahme, indem wir aufhörten, uns mit dem bedauernswerten Ereignis zu befassen. Das war die menschliche Seite des Vorfalls. Wir ließen unsere Gedanken auf etwas anderem ruhen: Der Mensch bringt das eine Gemüt zum Ausdruck, das niemals mit sich selbst uneins ist, und dieses Gemüt wird von allen seinen geistigen Ideen widergespiegelt. Auf dieser Grundlage vergaben wir dem Spielgefährten und vergaßen die Angelegenheit.
Wenn Sie eine „Beule“ haben — ein Geschäftsproblem, ein körperliches Leiden, gestörte zwischenmenschliche Beziehungen —, wollen Sie sie eine Weile behalten? Natürlich nicht. Werden Sie ruhig, lauschen Sie auf Gott und sehen Sie sich als Seine Widerspiegelung.
Wie schnell eine Heilung erfolgt, hängt weitgehend davon ab, wie bereitwillig wir sind, ruhig zu sein und damit zu beginnen, auf Gott zu lauschen. Mrs. Eddy sagt: „Zu diesem Geschlecht ist die unendliche Wahrheit des Christus-Heilens durch ein ‚stilles sanftes Sausen‘ gekommen, durch stumme Äußerungen und durch göttliche Salbung, die die wohltätigen Wirkungen des Christentums beleben und mehren.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 367;
Allzuoft, wenn sich Schmerzen oder irgendwelche anderen unnatürlichen Symptome bemerkbar machen, werden die Ereignisse, die Umstände, der materielle Augenschein und die sogenannten Naturgesetze immer wieder ins Bewußtsein zurückgerufen. Doch gerade in solchen Augenblicken müssen wir einzig und allein zu der Wahrheit erwachen und für sie empfänglich sein. Wir müssen es zulassen, daß die Hand der göttlichen Kraft dem Nachgrübeln über den Irrtum Einhalt gebietet. Wie der Psalmist müssen wir beten: „Erquicke mich nach deinem Wort.“ Ps. 119:25.
Die Christliche Wissenschaft ist wissenschaftlich, weil sie in der folgenden Tatsache begründet ist: Der unendliche Geist, Gott, ist Alles-in-allem, daher hat die Materie keine Substanz; alles ist Gemüt und dessen Ausdruck. Dies macht den Menschen, das Ebenbild Gottes, geistig anstatt materiell. Das Christentum der Christlichen Wissenschaft schließt die erbarmungsvolle Anwendung dieser Tatsachen auf die Nöte der Menschheit und das Heilen der Kranken ein.
Das durch das Wort Gottes vergeistigte individuelle menschliche Denken erkennt, daß es in der unendlichen Liebe keine Unvollkommenheit gibt und daß daher der Mensch als Gottes Widerspliegelung keine Unvollkommenheit einschließt. Unser Sohn konnte dem ohne weiteres freudig zustimmen, selbst noch ehe er erwartete, von dieser Wahrheit geheilt zu werden. Seine Heilung bestätigte das universale Gesetz des göttlichen Prinzips, das jeder unter Beweis stellen kann — das Gesetz, daß die Materie keine Substanz oder Autorität hat, weil sie weder Gott, der Geist ist, hervorbringt noch Ihn widerspiegelt.
Wenn wir tief in die geistige Wirklichkeit schauen, werden sich die Stürme des sterblichen Gemüts legen, und wir werden die Widerspiegelungen Gottes sehen, wie sie wirklich sind — unversehrt und schön. Dieser stille, kraftvolle göttliche Einfluß, der sich im menschlichen Bewußtsein bemerkbar macht, ist der Christus, die wahre Idee Gottes. Jesus konnte durch seine beispiellose Demonstration des Christus die Kranken augenblicklich heilen. Er erwartete von uns, daß wir es ihm gleichtun.
Ist Zeit ein Problem für uns? Können wir nicht schnell genug geheilt werden? Haben wir es so eilig, daß wir uns nicht genügend Zeit nehmen, auf das „stille sanfte Sausen“ der Wahrheit und Liebe zu lauschen? Eine solche Hast wird uns nicht dahin bringen, wo wir hinwollen. Sie ist nur ein Umweg, der die Heilung verzögert — der uns davon abhält, uns als unversehrt zu sehen. Der Ruf der Eile: „Heil mich schnell!“ ist ein Ruf der Furcht inmitten des vom Sturm des materiellen Augenscheins aufgewühlten Denkens. Der kürzeste Weg zur Heilung ist, direkt zu Gott zu gehen und Ihn unsere Furcht beseitigen zu lassen.
Das menschliche Geschäftsleben, der menschliche Körper und die zwischenmenschlichen Beziehungen spiegeln das menschliche Denken wider. Wenn wir unser Denken vergeistigen, indem wir dem Irrtum die Tür verschließen und das „stille sanfte Sausen“ unser ganzes Sein durchdringen lassen, nehmen wir Gottes makellose Widerspiegelung wahr. Diese Widerspiegelung tut sich in einem verbesserten Geschäftsverkehr, einem gesünderen Körper und in harmonischeren zwischenmenschlichen Beziehungen kund.
Wir müssen beharrlich auf Gott lauschen, bis das geistige Verständnis unser Denken so vom Irrtum frei macht, daß wir die richtige Widerspiegelung ganz klar erkennen. Dann werden auch wir sagen können, daß unsere „Beule“ in Wirklichkeit niemals ein Teil von uns war, und wir werden über die absurde Vorstellung lachen, daß wir die alte Anschauung von den Dingen eine Zeitlang beibehalten möchten. Wir werden schnelle Heilungen erleben, die von Dauer sind.
