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„... die Rotkehlchen singen immer das gleiche Lied“

Aus der August 1978-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Eines Tages sprach Bernardo Bertolucci in einem Interview darüber, daß gewisse Künstler sich während ihrer ganzen Laufbahn immer wieder mit demselben Thema befaßten. Er sagte: „Kennen Sie den italienischen Maler Giorgio Morandi? Er malte immer nur Flaschen. Immer den gleichen Gegenstand. Und manche Regisseure drehen immer den gleichen Film. Und es gibt Dichter, die immer das gleiche Gedicht schreiben. Mir erscheint dies sehr schön, denn die Rotkehlchen singen immer das gleiche Lied.“ Joseph Gelmis, The Film Director as Superstar (Garden City, N. Y.: Doubleday & Company, Inc., 1970), S. 118;

Unser ganzes Leben lang ein unveränderliches Leitmotiv zu haben mag den Gedanken an Langweiligkeit und Stumpfsinn nahelegen. Wenn es uns jedoch das Wissen erschlösse, wie wir jede schwierige Situation meistern können, wäre dies faszinierend.

Ein Mensch hat mehr als jeder andere sein ganzes Leben lang solch ein Leitmotiv gehabt. Immer wieder sang Christus Jesus das gleiche Lied — über die Herrlichkeit und Allerhabenheit Gottes, des Geistes, die die Materie in jeder Maske zunichte macht. Die Bibel berichtet, wie Jesus bewies, daß der Christusgeist sein ständiger Begleiter war. Seine unmittelbare Reaktion in jeder Lage war, auf Gott zu vertrauen, sich an Ihn zu wenden und Ihn um Führung, Unterstützung, Inspiration und Heilkraft zu bitten. Durch Wort und Tat erklärte er seinen Jüngern, daß auch sie sich einzig und allein darauf verlassen könnten, daß Gottes Beistand sie von den Lasten des täglichen Lebens befreien würde.

Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts gelangte eine Frau, Mary Baker Eddy, zu neuen Erkenntnissen über das Lebenswerk des Meisters und entdeckte darin eine tiefere Dimension. Durch Wissenschaft und Gesundheit und die anderen Schriften Mrs. Eddys kann sich der Leser der göttlichen Wissenschaft bewußt werden, die dem Christus-Heilen Jesu zugrunde lag. Wenn wir uns absolut auf Gottes Macht verlassen, können wir die Grundlagen des Gebets zu dem einen himmlischen Vater erlernen. Und wenn wir uns danach sehnen, das gleiche Lied zu singen, das unser Meister sang, kann uns das Studium von Wissenschaft und Gesundheit helfen zu entdecken, was die konsequente Befolgung dieses Leitmotivs von uns verlangen wird.

Im ersten Kapitel dieses Buches gebraucht Mrs. Eddy die gleichen Worte aus dem Alten Testament, die Jesus einmal anführte, um den Leser zu fragen: „Liebst du ‚Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte‘?“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 9; Diese Frage mit einem oberflächlichen Ja zu beantworten genügt nicht. Eine starke Verpflichtung ist damit verbunden — eine Willigkeit, konsequent in jeder Lage Gottes Herrschaft anzuerkennen. Mrs. Eddy fährt in demselben Abschnitt fort: „Dieses Gebot schließt viel in sich, ja das Aufgeben aller rein materiellen Empfindung, Neigung und Anbetung. Dies ist das Eldorado des Christentums. Es umfaßt die Wissenschaft des Lebens und erkennt nur die göttliche Herrschaft des Geistes an, in der Seele unser Meister ist und in der der materielle Sinn und der menschliche Wille keinen Raum haben.“

Eine Christliche Wissenschafterin fragte sich einmal: Bin ich wirklich so konsequent, wie ich es sein sollte, wenn es darum geht, Gott mehr als alles andere zu lieben und vor allem auf die Herrschaft des Geistes zu vertrauen? Wenn ich schwierige Probleme zu lösen habe, wende ich mich dann stets zuerst an meinen himmlischen Vater, ehe ich andere Methoden versuche?

Nachdem die Wissenschafterin über diese Fragen nachgedacht hatte, war sie überzeugt, daß sie im Falle körperlicher Krankheit nicht zögern würde, sich wegen Heilung auf Gottes Macht anstatt auf materielle Mittel zu verlassen. Sie hatte das Gefühl, daß sie die Lehren der Christlichen Wissenschaft gut genug erfaßt hatte, um zu verstehen, daß materielle Methoden zur Erlangung der Gesundheit letzten Endes unwirksam sind, ob es sich nun um Kopfschmerzen oder Herzbeschwerden handelt. Da ein physischer Zustand stets die äußere Kundwerdung irgendeiner Phase der Suggestion oder Annahme des sterblichen Gemüts ist, ist es immer erforderlich, das Bewußtsein aus einem sündenerfüllten, durch die Materie gehemmten Denken zu einer klareren Erkenntnis der Allheit und Macht Gottes, des allerhabenen Gemüts, zu erheben, der Sein Kind in immerwährender Harmonie erhält. Was diese Seite ihres Lebens betraf, war die Wissenschafterin zuversichtlich, daß sie sich sofort an Gott wenden und auf die Verheißung der Heiligen Schrift verlassen würde: „Ich bin der Herr, dein Arzt.“ 2. Mose 15:26;

Wie verhält es sich aber mit den anderen Problemen?

Mit den Zahlen im Kontoauszug? Was geschieht, wenn sie einen niedrigen Kontostand zeigen und die Rechnungen sich zu häufen beginnen? Sie fragte sich: Singe ich immer noch „das gleiche Lied“? Bin ich sofort für die reiche Versorgung mit richtigen Ideen dankbar, die ununterbrochen von der göttlichen Liebe zu ihrer Schöpfung und ihrem Gegenstand, dem Menschen, fließen? Oder besteht meine erste Reaktion darin, daß ich darüber nachdenke, wie ich zusätzliches Geld verdienen könnte?

Andere Beispiele kamen ihr Schlag auf Schlag zum Bewußtsein. Sie stellte sich weitere Fragen: Wenn ich bei meiner Arbeit ein Komitee dazu bringen möchte, meiner Auffassung zuzustimmen, fange ich dann immer damit an, die Tatsache zu bejahen, daß das eine Gemüt sein Weltall regiert? Weil jeder einzelne die göttliche Intelligenz widerspiegelt, kann ich mich da nicht darauf verlassen, daß das Ergebnis richtig sein wird? Oder ist es einfacher, Komiteemitglieder anzusprechen, um Stimmen zu meinen Gunsten zu sammeln? Wenn ich in der Zweigkirche zu einem bestimmten Amt ernannt werden möchte, gebe ich nicht lieber einigen wenigen Freunden mit Beziehungen einen Wink, als daß ich mir vergegenwärtige, daß ich immer auf meinem rechten Platz sein werde, solange ich Gott diene?

Die Wissenschafterin war über ihre Antworten auf diese Fragen erstaunt. Wie leicht war es gewesen, anzunehmen, daß sie Christi Weg konsequent folge! In der Praxis boten ihre Entscheidungen ein völlig anderes Bild.

Nach dieser strengen Selbstprüfung nahm sie sich ernsthaft vor, sich um eine Änderung ihrer Denkweise zu bemühen. Jeden Morgen betete sie darum, besser zu verstehen, daß sie nicht zwischen Materie und Geist hin und her schwanken könne, weil Gottes Kind der Ausdruck der unendlichen Seele ist. Paulus schrieb: „Das fleischliche Gemüt ist Feindschaft wider Gott, weil es dem Gesetz Gottes nicht untertan ist; denn es vermag's auch nicht.“ Röm. 8:7 [n. der engl. Bibel]; Was für eine Autorität besitzt also dieses sogenannte Gemüt? Keine! Das fleischliche Gemüt hat absolut keine Macht, uns zu der Annahme zu verleiten, daß menschliche Methoden, analytische Beweisführung oder persönliche Überredungskunst erfolgreicher sein könnten, als ganz und gar darauf zu vertrauen, daß das Gesetz Gottes Seinen Menschen und das Universum regiert.

Im Laufe der Zeit gab es natürlich auch Situationen, in denen besondere Schritte unternommen werden mußten. Aber die Wissenschafterin bemühte sich gewissenhaft, sich als erstes an Gott um Führung zu wenden. Wenn sie versucht war, zu hastig vorzugehen, nahm sie sich gewöhnlich einige Zeilen aus einem Lied vor und betete:

Wo wir gehen, da sei nahe,
Stärk uns, wenn Versuchung dräut.
Vater, bleib an unsrer Seite,
Deine Liebe uns erneut.Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 115;

Ehe sie etwas unternahm, fragte sie sich gewöhnlich: Gründet sich das, was ich tun will, auf Willenskraft oder Impulsivität oder Übereifer? Oft bedeutete dies, daß sie den Telefonhörer nicht abhob, keine Notiz schrieb, nicht jemanden mit einem Vorschlag in die Enge trieb. Stellen Sie sich ihre Freude vor, als sie bei verschiedenen Gelegenheiten feststellte, wie sich unangenehme Situationen von selbst regelten, ohne daß auch nur ein Wort gesprochen wurde!

Jedesmal, wenn sich die Wissenschafterin gedrängt fühlte, ihre Ellbogen zu gebrauchen oder aggressiv zu sein, um vorwärtszukommen, wandte sie sich an die Bibel um Führung. Dabei fand sie u. a. den folgenden Vers: „Viele suchen das Angesicht eines Fürsten; aber eines jeglichen Recht kommt vom Herrn.“ Spr. 29:26;

Was für eine Freiheit ihr dies gab! Sie sah, daß es nicht notwendig war, sich anzutreiben oder zu versuchen, andere zu beeindrucken, oder sich unterwürfig ihnen gegenüber zu benehmen. Sie mußte sich vielmehr unermüdlich bemühen, von Gott stammende Eigenschaften auszudrücken — in ihrem Verhältnis zu anderen liebevoll, rücksichtsvoll, freundlich, zuverlässig und hilfreich zu sein. Es stärkte ihren Mut, als sie erkannte, daß der Mensch der Gottesschöpfung nicht zwischen guten und schlechten Gedankenzuständen oder Verhaltensweisen hin und her schwanken kann — zwischen Liebe und Haß, Sorgfalt und Nachlässigkeit, Festigkeit und Wankelmut. Das Kind Gottes drückt ununterbrochen christusgleiche Eigenschaften aus, die von der Seele ausgehen. Diese Eigenschaften auszudrücken war ihre wahre und einzige Beschäftigung, sei es am Arbeitsplatz, in der Kirche, zu Hause oder in ihrer Freizeit. Wenn sie sich dieser Tätigkeit fest verpflichtete, würde sie von ihrem himmlischen Vater einen geistigen Segen empfangen, der wichtiger als menschliche Stellung oder Ansehen ist.

Es gab Zeiten, wo die Wissenschafterin das Gefühl hatte, daß sie in ihrem Bemühen, ihr Denken in jeder Lage mit dem Göttlichen in Einklang zu halten, konsequent gewesen war. Bei anderen Gelegenheiten war das nicht der Fall. Aber sie gibt sich weiterhin Mühe.

Irgendwann einmal setzt sich jeder, der sich ernsthaft mit der Christlichen Wissenschaft beschäftigt, mit der Frage auseinander: Singe ich „immer das gleiche Lied“? Die Beispiele aus dem täglichen Leben, die man betrachtet, um die Antwort zu finden, werden für einen jeden von uns verschieden sein, doch wir benötigen alle das gleiche: wir müssen erkennen, daß Gottes Herrschaft mächtiger ist als das sterbliche Gemüt mit seinem Pläneschmieden oder Manipulieren.

Das Lied Jesu und seiner Jünger zu singen heißt, Gott zu lieben und zu wissen, daß Gott Seine Kinder liebt. Ist es nicht herzerfrischend, die Güte, die Gnade und das Wohlwollen zu fühlen, mit denen die unendliche Liebe jede geistige Idee umgibt? Diese Liebe der Liebe ist gleichbleibend, konsequent und unerschütterlich! Ist es für uns nicht an der Zeit zu erkennen, daß wir unsere Liebe zu Gott beweisen und unablässig willens sein müssen, Seiner Herrschaft in jeder Lage zu vertrauen?

„Der echte Christliche Wissenschafter“, schreibt Mrs. Eddy, „legt stets Nachdruck auf Harmonie in Wort und Tat, gedanklich und hörbar; ständig wiederholt er diesen Glockenton des Himmels: ‚Das Gute ist mein Gott, und mein Gott ist das Gute. Liebe ist mein Gott, und mein Gott ist Liebe.‘ “ Vermischte Schriften, S. 206.

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