Das Markusevangelium berichtet davon, wie Jesus einem Geistesgestörten, einem Gerasener, den gesunden Verstand wiedergab. Kaum hatte Jesus dies vollbracht, als er mit dem Schiff an das gegenüberliegende Ufer des Galiläischen Meeres fuhr, wo er gebeten, ja angefleht wurde, die Tochter des Jairus zu heilen, die im Sterben lag. Auf dem Wege zu dem zwölfjährigen Mädchen heilte er eine Frau von einem Blutfluß, unter dem sie zwölf Jahre gelitten hatte. „Da er noch redete“ mit der Frau, wurde ihm mitgeteilt, daß die Tochter des Jairus gestorben sei. Er wußte, daß er sich nicht die Gelegenheit, das Kind zu retten, dadurch hatte entgehen lassen, daß er stehengeblieben war, um die Frau zu heilen. Er wußte, daß er die heilenden Gesetze Gottes an jedem Punkt in Raum und Zeit zur Anwendung bringen konnte, und zwar mit den gleichen erfolgreichen Resultaten. Auch das Mädchen wurde wiederhergestellt. Siehe Mark. 5;
In der heutigen Sprache könnte man fast sagen, daß der Meister in seiner Heiltätigkeit kaum Zeit hatte, den Telefonhörer wieder aufzulegen, als schon der nächste Anruf kam. Sicherlich waren die rapide Schnelligkeit und Spontaneität, mit denen Jesus den menschlichen Nöten begegnete, nicht nur das Resultat seiner klaren Erkenntnis, daß der göttliche Geist, das göttliche Gemüt, das einzige Leben des Menschen ist, sondern auch seines Verständnisses, daß niemand zu ihm kommen konnte, es sei denn, der Vater ziehe ihn. s. Joh. 6:44;
Es muß im Denken Christi Jesu fest verankert gewesen sein, daß er in Wahrheit für immer mit dem Gemüt, Gott, als Sein Sohn verbunden war. Daher war es Zweck und Ziel des Meisters, dieses Gemüt zu verkörpern und seinem Gesetz gemäß zu heilen. Er trachtete danach, den Menschen behilflich zu sein, ihr Denken vom Materiellen zu lösen und auf eine geistige Grundlage zu stellen, so daß auch sie der Allheit des Vaters und Seiner beständigen Liebe zu ihnen als Seinen vollkommenen Sprößlingen gewahr werden konnten.
Wie zu Jesu Zeiten haben auch heute seine Jünger das Recht, sich dafür zu entscheiden, der Menschheit zu dienen. Der Wunsch ist gottgegeben, und die Gelegenheit bietet sich immer. Gott hat uns die Fähigkeit gegeben, unseres Bruders Not zu stillen.
Das sterbliche Gemüt möchte jedoch unsere Willigkeit und Fähigkeit, zu heilen, begrenzen. Bisweilen erzählt es uns, anderen zu helfen sei nicht unsere Berufung; wollten wir anderen helfen, würden wir die christlich-wissenschaftliche Praxis aufnehmen. Es mag behaupten, wir hätten in unserem eigenen Leben genug zu tun, ohne auch noch anderen zu helfen.
Tatsächlich ist es so, daß wir keine Wahl haben, wenn wir ein klares Verständnis von dem geistigen Ursprung und Wesen des Menschen erlangen. Die natürliche Folge ist, daß man nach uns verlangt. Was sonst könnte das Ergebnis eines Verständnisses der Gesetze der Liebe sein, als Gelegenheiten, diese klaren Wahrnehmungen zu nutzen und zu heilen? Die Kranken und die Sünder wurden Jesu zu Füßen gelegt, eben weil sein Denken mit der Wahrheit über Gott und den Menschen übereinstimmte. Sagte er nicht: „Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich alle zu mir ziehen“ 12:32;? Man wandte sich an ihn, weil er den Aufgaben, die ihm gestellt wurden, gewachsen war. Dasselbe trifft auch auf uns zu. Und so zwingt die göttliche Wahrheit jeden von uns, Sie und mich, mit Freuden die Gelegenheiten, anderen zu helfen, wahrzunehmen, ganz gleich, wie viele sich uns bieten.
Mrs. Eddy sagt in dem Buch Vermischte Schriften: „Die menschlichen Neigungen müssen sich wandeln — von Eigenliebe zu Wohlwollen und Liebe zu Gott und dem Menschen —, müssen sich wandeln, bis wir nur einen Gott haben, Ihn über alles lieben und unserem Menschenbruder helfen.“ Verm., S. 50;
Was wir benötigen, wenn jemand zu uns um Hilfe kommt, ist der tiefe Wunsch, ihn zu heilen. Durch Gebet müssen wir das Denken dessen, der bei uns angefragt hat, zu den großen Wahrheiten emporheben, daß Gott ihn liebt, daß es nichts zu befürchten gibt, da die Liebe die einzige Macht, das einzige Leben und die einzige Substanz ist, und daß jedwede Last, die er zu tragen scheint, dem göttlichen Gemüt unbekannt und daher unwirklich ist.
Diejenigen, die sich der Aufgabe gewidmet haben, das Reich Gottes auf Erden ans Licht zu bringen, sind verpflichtet, die Schritte zu unternehmen, durch die dies zuwege gebracht wird. Wenn wir in der heutigen Welt durch die Menschenmengen hindurchgehen, kann nichts seine Hand nach uns um Heilung ausstrecken, was zu schwierig, zu eigenartig, zu komplex oder unserer eigenen Erfahrung zu fremd wäre, um von Gott durch uns geheilt zu werden — nichts, was nicht auf Seinen heilenden Christus anspräche.
Folgende Worte Mrs. Eddys erklären uns, warum dies so ist: „Der Irrtum sagt: Du mußt Kummer kennen, um ihm abhelfen zu können. Wahrheit, Gott, sagt: Du tröstest andere am häufigsten in den Nöten, die du selbst nicht hast. Ist unser Tröster nicht stets außerhalb unser selbst und über uns?“ Die Einheit des Guten, S. 18.