Die Christliche Wissenschaft betrachtet das schwierige Thema der Sünde aus einer neuen Perspektive. Sie zeigt, was Sünde ist, indem sie darlegt, was sie nicht ist. Sünde ist nicht ein Element der unendlichen, immer gegenwärtigen Vollkommenheit Gottes. Diese ewige Tatsache — die Allheit Gottes — deckt die wahre Natur der Sünde auf. Sünde ist eine Lüge über Gottes Schöpfung. Sie unterstellt nämlich, daß der Mensch irgendwie von der immer gegenwärtigen Güte Gottes abgefallen sei. Sie ist die irrige Annahme, daß der Mensch irgendwann einmal von der Vollkommenheit Gottes getrennt wurde und daß diese Trennung bis zu einem gewissen Grad für uns alle weiterbestehe.
Eine Trennung von Gott zu akzeptieren bedeutet jedoch, die Allheit Gottes preiszugeben, und das kann in Wahrheit nicht geschehen. Es ist nur in der irrenden, sterblichen Annahme möglich. Der einzelne mag glauben, er lebe von Gott getrennt. Doch die Tatsache bleibt bestehen, daß der Mensch ewiglich eins ist mit Gott. Er ist der wahre Ausdruck Gottes, der Seele. Der eine Vater-Mutter Gott erhält die Reinheit des Menschen für immer aufrecht. Jeder Gott unähnliche Gedanke oder jede Gott unähnliche Tat ist Sünde. Das heißt, sie läßt die irrige Annahme fortbestehen, daß der Mensch von der Vollkommenheit abgefallen sei. Früher oder später wird diese falsche Annahme unangenehm.
Jeder Mensch hegt von Natur aus den innigen Wunsch, sein wahres, geistig heiles Wesen als vollkommenes Kind Gottes zum Ausdruck zu bringen. Wenn der einzelne diesen Wunsch zu verspüren beginnt, sucht er sich von der Sünde abzuwenden — von jenem Gefühl der Trennung. Und wenn die menschliche Gesellschaft ihn verspürt, sucht auch sie nach Wegen, sich von der Sünde abzukehren. Bislang war das Bemühen, sich von dem abzuwenden, was Gott unähnlich, völlig falsch ist, sehr schwach. Der einzelne mag sich zu bessern suchen. Er mag sich sehr darum bemühen. Er mag sogar sehr viel menschlichen Willen und menschliche Entschlossenheit aufbringen, um das zu vermeiden, was er als sündhaft und falsch zu erkennen beginnt, weil es die Abwesenheit Gottes voraussetzt.
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