Als Maria und Joseph nach dem Passahfest von Jerusalem wieder nach Hause gingen, blieb der zwölfjährige Jesus ohne ihr Wissen in der Stadt zurück. Siehe Luk. 2:41–49; Die Bibel berichtet uns: „Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagesreise weit und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten.“
Wo suchten sie ihn? Unter den Gefährten. Welch eine bunte, laute Karawane das gewesen sein muß! Neben den verschiedenen Pilgern in ihren charakteristischen Gewändern befanden sich in dem Gewühle Tiere und wahrscheinlich auch Spaßmacher und Straßenhändler. Und dort suchten Maria und Joseph Jesus, den menschlichen Vertreter des Christus. Fanden sie ihn dort?
Oft verhalten wir uns wie Maria und Joseph und suchen den Christus — unsere wahre Identität — unter den Gefährten materieller Beschäftigungen, Ambitionen, Hoffnungen und Freuden. Vielleicht meinen wir sogar, daß unsere Männlichkeit oder Weiblichkeit gestärkt und damit die Bewunderung anderer für unsere Persönlichkeit größer würde, wenn wir uns der Menge anschließen — wenn wir beispielsweise die physischen Sinne aufreizen, bis ihr Lärm unser Sehnen nach dem Guten übertönt oder tötet. Vielleicht sind wir versucht zu denken, wir könnten wahres Glück und wahre Zufriedenheit finden, wenn wir Empfindung und Substanz in der Materie suchten. Aber haben wir sie jemals dort gefunden?
Die Bibel sagt ganz einfach, daß Maria und Joseph „ihn nicht fanden“. Sie mußten woanders suchen, um ihn (und seine wahre Identität) zu finden. Seine Ambitionen, Ziele und Wünsche lagen auf einer anderen Ebene.
Suchen wir in der Materie nach Glück, Gesundheit oder Sicherheit, erleben wir häufig Überdruß und Enttäuschung. Hat einer von uns jemals das Geistige im Materiellen, das Wirkliche im Unwirklichen, das Ewige im Zeitlichen gefunden? Sind wir jemals dem wirklichen Menschen, dem Kind Gottes, in einem materiellen Bewußtsein begegnet?
Da Maria und Joseph bei ihrer Suche keinen Erfolg hatten, „gingen sie wiederum nach Jerusalem“. Sie kehrten um. Das heißt, sie änderten ihren Standpunkt um hundertachtzig Grad. Welch mächtige innere Tätigkeit dieses Wort „umkehren“ anzeigt! Maria und Joseph müssen zuerst einmal erkannt haben, daß sie nicht an der richtigen Stelle suchten. Sie müssen die Nutzlosigkeit ihrer Suche zugegeben haben. Dies stellt den ersten Schritt dar, den wir alle auf die eine oder andere Art tun müssen — die Reue, ein Zeichen dafür, daß wir anders zu denken beginnen.
Dann kommt der nächste und größere Schritt: die tatsächliche Umkehr oder Umwandlung — die Notwendikeit, nicht nur anders zu denken, sondern auch anders zu handeln. Diese innere Änderung des Standpunktes, dieses Austauschen des materiellen Bewußtseins gegen das göttliche Bewußtsein, des Menschen ewige Wohnstätte, tut sich äußerlich kund. Wir bewegen uns in Richtung Jerusalem — hin zu der Erkenntnis, daß des Menschen wahre Wohnstätte, seine wahre Heimat, das Bewußtsein Gottes ist. Im göttlichen Bewußtsein ist die wirkliche Identität des Menschen — eines jeden von uns — ewiglich verankert. Ein Teil der Definition von „Jerusalem“, die Mrs. Eddy im Glossarium des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, gibt, lautet „Heimat, Himmel“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 589;.
Nachdem Maria und Joseph den neuen Weg eingeschlagen hatten, fanden sie Jesus „im Tempel“. Und ganz sicherlich fanden sie nicht nur Jesus, sondern gewannen auch einen höheren Begriff von wahrer Vater- und Mutterschaft und von Jesu wahrer Identität. „Im Tempel“ finden wir die wahre Substanz von allem und jedem.
Wenn wir in einer Sackgasse stecken, können wir diese Erfahrung zu einem Wendepunkt machen, genauso wie Maria und Joseph es taten. Ob wir nun Kameradschaft oder Gesundheit brauchen, sich unser Geschäft oder unsere Anstellung verbessern muß, unsere Moral oder mentale Ausgeglichenheit sicherer sein sollte, wir können aufhören, unter materiellen Annahmen nach Lösungen zu suchen. Mangel kann nicht durch Materie behoben werden. Wenn wir dies wissen, können wir uns entschlossen Jerusalem zuwenden und das Bewußtsein beanspruchen, das nur um die Dinge Gottes weiß.
Wir werden es den Gedanken nicht länger gestatten, in materiellen Theorien über Gesundheit, Medizin oder Psychologie umherzuirren, in der Hoffnung, dabei herauszufinden, wer wir wirklich sind oder wie es uns geht. Statt dessen werden wir unser Denken ändern, den falschen Glauben aufgeben, daß die Materie alles oder allein wichtig sei, und Geist als das einzig Wirkliche betrachten. Wir können uns standhaft von den falschen mentalen Bildern, die das sterbliche Gemüt malt, abkehren und uns den reinen Gedankenbildern zuwenden, die das göttliche Gemüt ununterbrochen vermittelt. Mrs. Eddy versichert uns: „Da der wirkliche Mensch durch die Wissenschaft mit seinem Schöpfer verknüpft ist, brauchen sich die Sterblichen nur von der Sünde abzuwenden und die sterbliche Selbstheit aus den Augen zu verlieren, um Christus, den wirklichen Menschen und seine Beziehung zu Gott, zu finden und die göttliche Sohnschaft zu erkennen.“ ebd., S. 316;
Ein Land kann z. B. einen Wendepunkt in seiner Beziehung zu einem anderen Land erreicht haben, und dies bekundet sich vielleicht in größerer Ausgewogenheit oder mehr Unparteilichkeit in seiner Politik. Die Wirtschaft eines Landes kann eine Wendung zum Besseren nehmen. Wir alle haben täglich Wendepunkte. Ein Autofahrer kann z. B. beginnen, auf der Straße Höflichkeit und Disziplin zum Ausdruck zu bringen, und damit die Annahme aufgeben, daß Unhöflichkeit, Intoleranz oder Aggressivität zu ihm gehörten. Er beginnt sein christliches Selbst zu entdecken und lernt, daß Geduld, Sanftmut und Achtung ihm eigen sind. Noch ein Beispiel: In dem Moment, wo jemand es ablehnt, zur Linderung seiner Kopfschmerzen eine Tablette zu nehmen, und statt dessen Hilfe im göttlichen Gemüt sucht, beginnt er die ihm anerzogene falsche Lehre vom Leben in der Materie für die Erkenntnis aufzugeben, daß sich das Leben in Gott befindet.
Eine bessere Einstellung, ein höherer geistiger Standpunkt, die Unterordnung des Menschlichen unter das Göttliche — dies alles zeigt Heilung an, Heilung von dem, was „da Greuel tut und Lüge“ Offenb. 21:27..
Ein anderes Wort für Umkehrung ist Bekehrung. Die wichtigste Bekehrung, die wir erleben können, ist die vom Glauben an Materie zum Verständnis von Geist, von Dunkelheit zum Licht, von Unkenntnis zur Kenntnis. Auf diese Weise wird die christliche Identität jedes einzelnen sichtbarer und erleuchtet die Welt.
Glückliche Umkehr!
