Als ich vor Jahren in einem Jugend-Sinfonieorchester spielte, sagte uns der Dirigent: „Ein Orchester ist nur so gut wie sein schlechtester Spieler.“ Ich habe mich manchmal gefragt: Ist eine Kirche nur so gut wie ihr schwächstes Mitglied?
Das kommt darauf an. Wenn wir die Kirche lediglich für eine menschliche Organisation halten, die auf Sterbliche gegründet ist und sich an einem physischen Ort befindet, könnten wir vielleicht meinen, unsere Kirche sei nur so gut wie ihr schwächstes Mitglied. Was nötig ist, ist eine Änderung unseres Standpunkts.
Die Christliche Wissenschaft schreibt Gott alle Macht zu. In Wissenschaft und Gesundheit sagt Mrs. Eddy: „Die Offenbarung der Wahrheit im Verständnis kam mir nach und nach und sichtlich durch göttliche Kraft.“Wissenschaft und Gesundheit, S. 109; Und durch göttliche Kraft wurde ihr folgende Definition von „Kirche“ offenbart: „Kirche. Der Bau der Wahrheit und Liebe; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht.
Die Kirche ist diejenige Einrichtung, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt und die das Menschengeschlecht hebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zur Demonstration der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt.“ ebd., S. 583;
Christus Jesus fragte einmal seine Jünger: „Wer sagen die Leute, daß des Menschen Sohn sei?“ Da ihre Antworten ihn nicht befriedigten, fragte er sie noch einmal: „Wer saget denn ihr, daß ich sei?“ Und durch göttliche Inspiration erkannte Petrus den Christus und sagte: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“ Darauf erwiderte der Meister: „Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“ s. Matth. 16:13–18; In einem entsprechenden Abschnitt schreibt Mrs. Eddy: „Mit anderen Worten, Jesus beabsichtigte nicht, seine Gemeinde auf den persönlichen Petrus als auf einen Sterblichen zu gründen, sondern auf die Gotteskraft, die Petri Bekenntnis des wahren Messias zugrunde lag.“Wissenschaft und Gesundheit, S. 138;
Ist unsere Kirche auf den festen Felsen des Christus, der Wahrheit, gebaut? Dann werden „die Pforten der Hölle“ — wozu man Apathie, Schwäche, Gleichgültigkeit, Langweiligkeit, Erfolglosigkeit rechnen könnte — „sie nicht überwältigen“. Wenn wir verstehen, daß unsere Kirche auf das göttliche Prinzip, Liebe, gegründet ist, werden ihre Mitglieder liebevoll, gütig, freundlich und sanftmütig sein — werden sie sich nicht streiten und keine vernichtende Kritik üben. Und wenn wir es sehen möchten, daß unsere Kirche die Menschheit erfolgreich „hebt“, „das schlafende Verständnis“ erfolgreich „erweckt“, dann müssen wir von der Grundlage der Allheit Gottes ausgehen anstatt von sterblicher Begrenzung. Wir müssen Gottes uneingeschränkte Herrschaft über jeden Menschen — innerhalb oder außerhalb der Kirche — anerkennen.
Paulus spricht im ersten Brief an die Korinther von geistigen Gaben und von der Nutzung dieser Gaben. Er sagt: „Es sind mancherlei Gaben; aber es ist ein Geist... Und es sind mancherlei Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirket alles in allen.“ 1. Kor. 12:4, 6; Weiter unten im selben Kapitel stellt er folgenden Vergleich an zwischen dem Körper und seinen Gliedern: „Denn gleichwie ein Leib ist und hat doch viele Glieder, alle Glieder aber des Leibes, wiewohl ihrer viel sind, doch ein Leib sind: so auch Christus... Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.“ Paulus fährt dann fort, die Bedeutung der vielen Teile des Körpers herauszustellen, und sagt: „Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied wird herrlich gehalten, so freuen sich alle Glieder mit.“ V. 12, 14, 26. Er weist auf die vielen Gaben oder Talente hin, die wir alle bis zu einem gewissen Grad verkörpern. Keine Gabe wird herabgesetzt oder verunglimpft. An dieses lehrreiche Kapitel schließt er dann die wunderbare Abhandlung über den „köstlicheren Weg“ der Liebe an (s. 1. Kor. 13).
Ein Orchester hat viele Mitglieder, viele verschiedene Musikinstrumente. Selbst die Tonqualität jeder Geige ist verschieden; aber ein volles Orchester macht von der großen Vielfalt der Töne, der Verschiedenheit jedes Instruments Gebrauch. Ein guter Dirigent duldet keine unvollkommene Darbietung. Er beseitigt die Mängel durch sorgfältige Arbeit und unermüdliche Energie, bis die Musik richtig wiedergegeben und mit dem richtigen Ausdruck gespielt wird.
Wir müssen in unseren Kirchen die Herrschaft der Liebe über jedes Mitglied anerkennen und damit auch die unendliche Fähigkeit der Liebe, durch alle unsere Kirchentätigkeiten Heilung zu bringen. Die Liebe weiß nichts von Haß, Neid oder Apathie. Diese negativen Eigenschaften werden dadurch zerstört, daß wir die Gegenwart des Christus akzeptieren und widerspiegeln. Auf diese Weise tritt Harmonie an die Stelle der Disharmonie.
Die Liebe hat jedes Mitglied mit Talenten und Gaben gesegnet, sowie mit der Fähigkeit, diese Talente individuell zu nutzen. Sollten wir nicht zu erkennen suchen, daß wir und auch die anderen Kirchenmitglieder Gaben wie Verständnis, Weissagung, Gnade, Freude, Vollständigkeit, Heiligkeit, Aufrichtigkeit, Stärke usw. besitzen? Wenn wir verstehen, daß diese Gaben von unserem himmllischen Vater kommen, werden wir sie beständig zum Ausdruck bringen. Wir werden unsere Kirche von einem höheren Standpunkt aus betrachten. Ein einzelnes Kirchenmitglied, das an dem vollkommenen Begriff vom Menschen als dem Ebenbild Gottes festhält und in sich und anderen Gaben erkennt, die geistig und am Wirken sind, kann die ganze Kirche stärken. Anstatt so schwach zu sein wie ihr schwächstes Mitglied, wird die Kirche dann stark werden und die Kraft des Christus, die jedem Mitglied innewohnende Natur, zum Ausdruck bringen.
