„Das ist mein Freund.“
Welche Zufriedenheit aus diesen Worten spricht! Sie schließen Zuneigung, Vertrauen, Wohlwollen, Selbstlosigkeit ein. „Ein Freund liebt allezeit“ Spr. 17:17;, lesen wir in der Bibel. Mrs. Eddy sagt: „Die Erde kennt keine größeren Wunder als die der Vollkommenheit und einer ungebrochenen Freundschaft.“ Rückblick und Einblick, S. 80;
Freundschaft nimmt unter den zwischenmenschlichen Beziehungen einen besonderen Platz ein, und zwar zum Teil wegen ihrer unbegrenzten Möglichkeiten. Wir mögen nur wenige Familienangehörige haben. Gewöhnlich können wir uns unsere Klassenkameraden und Arbeitskollegen nicht aussuchen. In einer Ehe geloben die Ehepartner einander absolute Treue. Für die Freundschaft bestehen jedoch keine Schranken — weder in der Form von Rasse, Alter noch Geschlecht. Ein Freund kann jeder sein, den wir gut kennen und mit dem wir uns gut verstehen. (Ja, es kann sogar jemand aus der Verwandtschaft sein!)
Wie erweitert die Christliche Wissenschaft das Verständnis von Freundschaft?
Zuneigung, Ehrlichkeit, Vertrauen, Zufriedenheit, Mitgefühl, Treue sind einige der charakteristischen Merkmale einer Freundschaft. Sie stammen von Gott, dem göttlichen Geist. Wir müssen diese Eigenschaften zum Ausdruck bringen, wenn wir der unwirklichen sterblichen Auffassung vom Selbst entwachsen und die Demonstration unserer geistigen Identität erreichen wollen. Wenn wir diese Eigenschaften in zunehmendem Maße widerspiegeln, ist dies ein Zeichen dafür, daß wir immer mehr zum Gesit hinstreben.
Um dauerhafte Freundschaften zu schließen und zu pflegen, brauchen wir größere geistige Wahrnehmung. Gegenseitige Zuneigung deutet Gottes grenzenlose Liebe zum Menschen an. Selbstlose Liebe ist die höchste Widerspiegelung der Liebe Gottes, die wir mit anderen teilen können. Und dies hat manchmal unerwartete Folgen.
Erinnern Sie sich an all das Elend, das Hiob betroffen hatte? Inmitten seiner Schwierigkeiten besuchten ihn seine Freunde. Lange philosophische Diskussionen fanden statt; doch Hiobs Zustand änderte sich nicht, solange er nur an sich dachte. Schließlich erreichte Hiob den Punkt, wo er sich gänzlich Gott unterwerfen und über seine eigenen Bedürfnisse hinausschauen konnte. „Und der Herr wandte das Geschick Hiobs, als er für seine Freunde Fürbitte tat.“ Hiob 42:10;
Christus Jesus sagte: „Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde.“ Joh. 15:13; Er bewies dies im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne. Er ließ sich an ein Kreuz schlagen, um zu demonstrieren, daß die göttliche Liebe allerhaben, die einzige Macht ist. Sein Opfer und der spätere Sieg über den Tod, ein Beweis seiner Lehren, überzeugte schließlich seine Jünger. Sie hatten beteuert, daß sie ihm ergeben waren, doch unter Druck hatten sie mehr als einmal versagt, als es galt, ihm die Treue zu halten, die ihre Freundschaft — von ihrer Jüngerschaft ganz zu schweigen — hätte einschließen sollen. Jesus vergab ihnen und liebte sie trotzdem, und seine selbstlose Liebe half ihnen, wirksame Heiler und Lehrer zu werden.
Die Christliche Wissenschaft verlangt von uns, daß wir den falschen Glauben an Leben und Intelligenz in der Materie aufgeben. Wir lernen, den Menschen als Ebenbild Gottes zu sehen. Und wir bringen Liebe zum Ausdruck. Menschlich gesehen, ist es manchmal sehr schwer. Selbstlose Liebe ist ein spontaner, natürlicher Ausdruck, der unserem Verständnis des unsterblichen Menschen entspringt. Der Mensch kann nicht von der Liebe getrennt werden. Wenn wir dies wissen, können wir nicht aufhören, zu lieben, oder verhindern, geliebt zu werden. Wir sind uns bewußt, daß wir in der Allgegenwart der göttlichen Liebe leben und wirken.
Geistige Liebe ist voll wahrer Freude. Wir können ebensowenig von der Freude getrennt werden wie von der Liebe. Im menschlichen Bereich wächst unsere Freude im Verhältnis zu ihrer Abhängigkeit von geistigen anstatt von physischen Grundlagen. Geistigkeit ist das Gegenteil von Körperlichkeit und Irrtum.
Selbstlose Liebe kommt in Erbarmen zum Ausdruck. Bloßes Mitleid, wie es die Welt kennt, beseitigt nicht das Falsche, es könnte es jedoch noch wirklicher erscheinen lassen. Der höchste Begriff von Liebe hilft dem Leidenden, die Unwirklichkeit des Bösen zu erkennen und sich seiner gottverliehenen Gesundheit bewußt zu werden. Dies tröstet nicht nur; es heilt.
Wir erwarten u. a. von einem Freund, daß er uns nicht betrügt. Ohne Wahrhaftigkeit ist gegenseitiges Vertrauen unmöglich. In einer Freundschaft können Zuneigung und Integrität nicht voneinander getrennt werden. Es sind Eigenschaften der Wahrheit, des Prinzips.
Das Vertrauen eines Freundes wiederum schließt Treue ein. Aber wie würden wir uns verhalten, wenn uns ein Freund bäte, etwas zu tun, was gegen die Moral und das Gesetz verstößt? Wie weit geht die Treue? Würden wir uns fürchten, die Freundschaft zu verlieren, wenn wir uns weigerten, mitzumachen? „Wenn dich dein Bruder, deiner Mutter Sohn, oder dein Sohn oder deine Tochter oder deine Frau in deinen Armen oder dein Freund, der dir so lieb ist wie dein Leben, heimlich überreden würde und sagen: Laß uns hingehen und andern Göttern dienen..., so willige nicht ein und gehorche ihm nicht“ 5. Mose 13:7, 9;, sagt uns die Bibel. Es gibt keine Entschuldigung dafür, noch besteht die Notwendigkeit, das moralische, bürgerliche oder geistige Gesetz aufzugeben oder dem Prinzip untreu zu werden. Wir können nichts verlieren, was wirklich ist, wenn wir uns unsere Integrität bewahren. Ein wahrer Freund verführt uns nicht zu Gesetzlosigkeit, und wir wären besser daran, den Umgang mit einem sogenannten Freund, der so etwas tun würde, einzustellen.
Das ideale Ergebnis wäre, daß unsere Ablehnung, an einem zweifelhaften Unternehmen teilzuhaben, von solch einer selbstlosen Liebe begleitet wäre, daß der Vorschlag allen Beteiligten plötzlich uninteressant erschiene und die Situation dadurch geheilt würde. Man könnte sich zumindest ohne Bitterkeit trennen, und die scheinbare Leere würde sicherlich mit passenderen Freundschaften ausgefüllt werden.
Der persönliche Sinn weckt in uns die Befürchtung, wir könnten Freunde verlieren. Sich auf Personen anstatt auf Gott zu verlassen ist eine unsichere Sache. Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, wie unzuverlässig solch ein falsches Vertrauen ist. Mrs. Eddy stellt dem menschlichen Glauben viele bemerkenswerte Herausforderungen entgegen. Die folgende Stelle regt mich immer wieder zum Nachdenken an: „Wäre das Dasein ohne persönliche Freunde ein leeres Blatt für dich?“ Und sie fährt fort: „Dann wird die Zeit kommen, wo du einsam sein und des Mitgefühls entbehren wirst; aber diese scheinbare Leere ist bereits von der göttlichen Liebe erfüllt. Wenn diese Stunde der Entwicklung kommt, wird die geistige. Liebe dich zwingen, selbst wenn du dich an einen Sinn persönlicher Freuden klammerst, das anzunehmen, was deinem Wachstum am förderlichsten ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 266.
Nicht die Persönlichkeit ist es, was in einer Freundschaft wirklich von Bedeutung ist (und das ist der Grund, warum wir mit den verschiedenartigsten Menschen Freundschaft schließen können). Das wichtigste Element ist Geistigkeit. Sie zieht nicht woanders hin, wird nicht unbeständig, noch enttäuscht sie uns. Sie ist die Grundlage für dauerhafte Freundschaften.
In der Christlichen Wissenschaft, in unserem wahren unsterblichen Sein, sind wir geistig — wir spiegeln auf harmonische Weise die göttliche Liebe, das unendliche Gemüt, wider. Wir leben in einer Atmosphäre geistiger Seligkeit. Wir sind keine sterblichen Personen, sondern unsterbliche Ideen. Diese geistige Wirklichkeit ist hier und jetzt gegenwärtig, um gesehen und empfunden zu werden, und wahre Freundschaft läßt die unveränderliche Liebe Gottes hindurchscheinen — ein Gemüt, eine universale Liebe.
