Interessiert das Thema der Auferstehung jemanden, der mit dem Leben vollauf beschäftigt ist? Wenn wir auf die Qualität unseres Lebens und auf das, was wir in unserem Leben zum Ausdruck bringen, Wert legen, ja — die Auferstehung ist gerade jetzt für jeden von uns äußerst wichtig!
In der ganzen Geschichte der Menschheit gibt es kein Ereignis, das von größerer Bedeutung ist als Christi Jesu Triumph über den Tod und das Grab. Was zwischen der Ankunft Jesu auf dem menschlichen Schauplatz und seinem persönlichen Abgang von dieser Ebene geschah, gibt uns den Schlüssel zu unserem eigenen Heil, unserer eigenen Auferstehung.
Was ist Auferstehung? Auferstehung wovon und zu was? Auferstehung wird im allgemeinen als das Erwachen vom Tode definiert. Aber was kann das Auferstehen von den Toten mit dem Leben und unserem jetzigen Dasein zu tun haben? Der Apostel Paulus deutet in seiner kurzen, herausfordernden Definition von Leben und Tod die Antwort an: „Fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede.“ Röm. 8:6. Er sagt damit deutlich, daß sowohl das Leben als auch der Tod ein Gedankenzustand sind. „Fleischlich gesinnt sein“ ist hier und jetzt der Tod ebenso wie nach der Erfahrung, die allgemein als Tod bezeichnet wird. Die Auferstehung von den Toten hat also nicht den Tod zum Mittelpunkt, sondern legt das Schwergewicht auf die „Vergeistigung des Denkens“, nämlich darauf, wie wir ein erfülltes und sinnvolles Leben führen können — etwas, woran wir alle in höchstem Maße interessiert sind.
Mary Baker Eddy, die die Christliche WissenschaftChristian Science (kr’istjən s’aiəns) entdeckte und gründete, definiert „Auferstehung“ folgendermaßen: „Vergeistigung des Denkens; eine neue und höhere Idee von der Unsterblichkeit oder dem geistigen Dasein; die materielle Annahme, die dem geistigen Verständnis weicht.“ Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 593. Folglich wird von der Auferstehung in erster Linie nicht unser Körper betroffen, vielmehr geht sie in unserem Denken vor sich. Durch Vergeistigung und Entmaterialisierung unseres Denkens erwachen wir vom Tode oder überwinden ihn. Diese Vergeistigung bringt uns in Einklang mit der Wahrheit, daß Gott Leben ist, der Ursprung und Erhalter allen wahren Seins, wie Jesus lehrte und in seinem Leben bewies.
Jesus ist unser Wegweiser. Kurz bevor er Lazarus von den Toten auferweckte, sagte er: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben.“ Joh. 11:25, 26. Deutet dies nicht klar darauf hin, daß nicht Jesu scheinbarer Tod, sondern sein Leben uns den Weg zu unserer individuellen Auferstehung weist? Seine Lehre legt die Wahrheit des Lebens dar, und sein Beispiel zeigt uns, wie wir diese Wahrheit in unser Leben aufnehmen können.
Immer wieder erklärt Jesus, daß Gott sowohl sein wie auch unser Vater ist. Von unserem großen Beispielgeber lernen wir, wie wichtig es ist, diese grundlegende Beziehung zwischen Gott und dem Menschen immer besser zu verstehen, um unsere individuelle Auferstehung demonstrieren zu können. Der Jünger Johannes hat die Lehre von dieser Beziehung zwischen Vater und Sohn getreulich festgehalten. Über Christus Jesus berichtet er uns: „Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben, welche nicht von dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches noch von dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.“ 1:12, 13.
Akzeptieren oder erkennen wir, daß Geist der göttliche Vater eines jeden Menschen ist und daß die Natur und das Erbe des Menschen als Kind des göttlichen Vaters unzerstörbar und unkörperlich ist, tun wir den ersten Schritt zu unserer Auferstehung. Wenn wir täglich furchtsame, schwache, sündige, selbstsüchtige, kranke Gedanken und Neigungen mit der Tatsache überwinden, daß das wahre Selbst des Menschen das Ebenbild Gottes ist, werden wir allmählich von der fleischlichen oder sterblichen Gesinnung frei, die den Tod bedeutet. Jede Heilung, die sich auf das Verständnis von Gott als dem Vater, dem ewigen Lebens-Prinzip des Menschen, gründet, beschleunigt unsere fortlaufende Auferstehung.
Ein guter Bekannter von mir erlebte solch eine Heilung, als ein aggressiver, völlig unerwarteter Anfall einer Krankheit ihn fast völlig lähmte. Er konnte gerade noch einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft in einer anderen Stadt anrufen und um metaphysische Behandlung bitten. Als er am Boden lag und zwischen Bewußtsein und Bewußtlosigkeit schwebte, erklärte er mit aller Kraft, daß der Mensch die unversehrte Kundwerdung Gottes, des Lebens, ist, und er hielt, so gut er konnte, an dieser Tatsache fest. Plötzlich wurder er sich bewußt, wie hinterlistig der mentale Dialog war, der sich vollzog. „Es ist doch völlig gleich, ob du hier bleibst oder weitergehst“, behauptete etwas in seinem Denken. „Du fürchtest dich nicht vor dem Tod, weil du weißt, daß es hiernach, ebenso wie hier, nur Leben gibt. Du weißt, daß nichts dich von deinem Ursprung, deinem Erzeuger, trennen kann, und Ihm wirst du immer dienen.“
Meinem Bekannten wurde klar, daß es nicht einerlei war. Er hatte die Arbeit, die Gott ihm hier zu tun gegeben hatte, noch nicht beendet. Was er über Gott gelernt hatte, wurde sehr gebraucht. Er entschied sich bewußt fürs Leben und erklärte zuversichtlich mit den Worten des Psalmisten: „Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen.“ Ps. 118:17.
Innerhalb von vierundzwanzig Stunden hatte er die aggressiven Symptome von Bewußtlosigkeit, Schmerz und Lähmung überwunden, und bald war er wieder ganz bei Kräften. Der Bekannte lernte, daß wir uns der sterblichen Annahme vom Tode nicht unterwerfen dürfen; wir müssen uns im Denken erheben, um sie zu überwinden, indem wir am Christus, an der geistigen Kindschaft des Menschen, oder seiner Beziehung zu Gott, festhalten.
Könnten wir hier die Schlußfolgerung ziehen, daß die Auferstehung, Jesu bedeutsame Überwindung der Annahme vom Tode nach seiner Kreuzigung, allein stattfand, als er im Grabe lag und aus dem Grabe hervorkam? Angesichts der mentalen Beschaffenheit von Tod, Leben und Auferstehung können wir die ganze menschliche Geschichte Jesu als eine Folge von Auferstehungen betrachten, die er erfahren hat, als ein stufenweises Überwinden der fleischlichen Gesinnung, die den Tod bedeutet. Und da Jesus sowohl unser Lehrer wie auch unser Beispielgeber ist, müssen wir ihm nachfolgen und selbst täglich den Tod überwinden.
Jesu Bergpredigt ist eine Zusammenfassung seiner grundlegenden Lehre des Christentums. Sein ganzes Wirken bewies, was er in dieser erhabenen Darlegung des göttlichen Gesetzes lehrte, die uns den Weg zur Auferstehung weist. Er legt besonderen Nachdruck auf moralische und geistige Reinheit. Jesu Lehre macht es deutlich, wie individuell unsere Lebensbahn ist, wie sehr wir selbst für unsere eigenen Entscheidungen und Normen — für die Qualität unseres Lebens — verantwortlich sind.
Unser Meister lehrte durch Gleichnisse ebenso wie durch Regeln. Wer vermag sich nicht in einer Welt, die so damit beschäftigt ist, sich in der Sinnlichkeit und Sünde eines vergötterten Materialismus zu vergraben, in den verlorenen Sohn einzufühlen? Jeder von uns kann eine Fülle aus der Auferstehung lernen, die der verlorene Sohn erlebte und durch die er „vor neuem geboren“ wurde. Wie anschaulich lehrt doch Jesus, daß Sinnlichkeit (fleischliche Gesinnung) lebendiger Tod ist! Wie deutlich zeigt er, daß wir jeden Augenblick umkehren und aus der Sackgasse herauskommen können, in die der Weg des verlorenen Sohnes führt, indem wir demütig unsere Blickrichtung ändern und uns zum himmlischen Vater hinwenden. Durch Vergeistigung können wir immer bewußt zu der wahren Größe des Menschen erwachen oder wiedererwachen, der das geliebte Kind Gottes ist.
Wie können wir die lebenspendenden, lebenerhaltenden Wahrheiten, die Jesus lehrte, in unser tägliches Leben aufnehmen? In den Evangelien wird berichtet, daß Jesus sich oftmals von den Schauplätzen des Verfalls, der Not, des Leidens und des Todes zurückzog und in eine Wüste, eine Wildnis, einen Garten oder auf einen Berg ging, um zu beten. Solche besonderen Zeiten der Gemeinschaft mit seinem himmlischen Vater befähigten Jesus zweifellos, sich in seinem eigenen menschlichen Bewußtsein mit den Elementen der Sterblichkeit auseinanderzusetzen, die Gott und Seinen Christus — Gott und die unverletzte ewige Kindschaft des Menschen — leugnen wollten. Durch sein Beispiel lehrt uns Jesus, daß wir unser Leben vergeistigen können, indem wir uns regelmäßig in unser eigenes Heiligtum des Denkens zurückziehen, um unser Einssein mit Gott und unsere daraus folgende Gottähnlichkeit zu beanspruchen; um die unerwünschten, gottunähnlichen Eigenschaften, die uns dazu bringen möchten, uns als Sterbliche zu sehen, zurückzuweisen, weil sie nicht zu unserem wahren Selbst gehören; um uns durch die Gewißheit der Allmacht Gottes zu festigen und alles, was Seine Allmacht leugnen möchte, als unwirklich abzulehnen.
Jesus lehrte uns, was in seinem Gebet vor sich ging, durch die Ergebnisse seines Gebets. Der Kampf, den unser Meister im Gebet in Gethsemane mit der Anziehungskraft des Sterblichen ausfocht, ist ein klassisches Beispiel. Ohne Gethsemane hätte es keine endgültige Auferstehung und keine Himmelfahrt gegeben. Jesu Kampf in dem Garten stellte sein letztes Ringen mit den Elementen einer persönlichen, sterblichen Anschauung vom Selbst dar — einem Selbst, das durch die Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten, den Haß, den Neid und die Bosheit des sterblichen Gemüts verletzt oder zerstört werden konnte. Jesu Vergeistigung und Entmaterialisierung — als er sich in Gethsemane vom Sterblichen dem Göttlichen zuwandte — waren so vollständig, daß, ungeachtet der Provokation von außen, nur das Göttliche in ihm zum Vorschein kam.
Unser Wegweiser demonstrierte das sündlose Menschentum, weil nichts ihn davon überzeugen konnte, daß es Sünde und Sünder gibt. Im Laufe der Jahre befassen wir uns vielleicht gelegentlich damit, was in den Evangelien über Jesu Erfahrung in Gethsemane berichtet wird, und werden in großem Maße bereichert, aber wir brauchen unser ganzes Leben, um die darin enthaltenen Lektionen zu lernen. In jedem menschlichen Leben gibt es „Gethsemane-Erfahrungen“. Und jedesmal, wenn wir Eigenliebe durch selbstlose Liebe überwinden, erringen wir einen Sieg, erleben wir eine Auferstehung.
In seiner endgültigen Auferstehung bewies Jesus, daß der Mensch nicht materiell und für Sünde, Krankheit und Tod anfällig, sondern geistig und daher unantastbar ist. Leben befindet sich nicht in der Materie, um dort zerstört zu werden. Jesus bewies, daß das, was er über seine geistige Individualität wußte, seinen physischen Körper so lange erhielt, wie er ihn brauchte. Der Stein, der ihn in das Grab der Sterblichkeit einsperren sollte, versinnbildlicht den unnachgiebigen, hartnäckigen Glauben an die Sterblichkeit; er wurde dadurch weggerollt, daß Jesus, was für menschliche Begriff unverständlich war, den sterblichen Sinn vom Selbst aufgab, die Wahrheiten des Lebens und der Liebe selbstlos lebte, die zu lehren seine Mission war.
Jesu Botschaft an jeden von uns ist klar: Niemand ist ein Sterblicher, in die Materie eingeschlossen, anfällig für Krankheit, verletzbar, zur Zerstörung verurteilt, vielmehr sind alle in Wahrheit die geliebten, immerdar geborgenen Söhne und Töchter Gottes. Jesus lehrt uns durch seine Auferstehung, daß wir jetzt unsere Auferstehung demonstrieren sollten. In dem Maße, wie die sterbliche Gesinnung einer geistigen Gesinnung weicht, erwachen wir zum Leben — in unserem menschlichen Leben wird uns Freiheit, Erfüllung und Erfolg zuteil. Wir bringen in unserem Leben das zum Ausdruck, was wir wirklich ausdrücken möchten. Obgleich sich Mrs. Eddy mit den folgenden Worten auf die unmittelbaren Jünger Jesu bezog, gelten sie doch zweifellos ebenso für seine Jünger in allen Zeiten: „Seine Auferstehung war auch ihre Auferstehung. Sie half ihnen, sich und andere aus geistiger Stumpfheit und aus dem blinden Glauben an Gott zu der Erkenntnis unendlicher Möglichkeiten zu erwecken.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 34.
In unserem zwanzigsten Jahrhundert mit all seinen Herausforderungen, in dem alle Menschen so großen emotionalen Belastungen ausgesetzt sind, gibt es wohl kaum einen Suchenden, für den die Botschaft der Ostern, die Botschaft von der unzerstörbaren Identität des Menschen und des beweisbaren, ewigen Lebens und der Liebe, nicht tief bedeutsam wäre — tröstlich, erhaltend und lebenswichtig!
