In meinem Leben gab es einmal eine Zeit, wo alles wie am Schnürchen lief, ja sogar immer besser wurde. Ich hatte allen Grund, glücklich zu sein und mich sicher zu fühlen. Statt dessen war ich deprimiert und furchterfüllt, ohne den Grund dafür zu wissen. Auf der Suche nach einer Antwort oder, besser ausgedrückt, nach einer Lösung studierte ich die Bibel und das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy. Ich wollte sehen, daß Gottes Gesetz das einzige Gesetz ist, das in meinem Leben wirksam ist, und Frieden und Freude empfinden, die, wie ich wußte, sich einstellen, wenn wir in Ihm leben. Aber ganz gleich, wie eifrig ich auch die Herrschaft des göttlichen Gemüts für mich beanspruchte, das Angstgefühl hielt an.
Eines Nachts erwachte ich aus einem unruhigen, alptraumartigen Schlaf. In diesem Augenblick war es, als ob eine innere Stimme gebieterisch sagte: „Erkläre, daß du ein Gemüt hast, Gott, und daß es kein anderes gibt.“ Ich folgte dieser Anweisung. Dann sagte die „Stimme“, die natürlich eine geistige Intuition war, wieder: „Meistere aggressive mentale Suggestion. Leugne die Existenz vieler Gemüter, die Annahme, es gebe ein sterbliches Gemüt, die Vorstellung, es existiere ein von Gott getrenntes Gemüt!“ Ich schaltete das Licht neben meinem Bett ein und studierte ungefähr eine Stunde in meinen Büchern, bis ich das Gefühl hatte, die Herrschaft über mein Denken wiedererlangt zu haben.
Am nächsten Vormittag ging ich in ein Lesezimmer der Christlichen Wissenschaft und beschäftigte mich eingehend mit den Themen tierischer Magnetismus, aggressive mentale Suggestion und Mesmerismus. Dabei fand ich eine Stelle, die mir zeigte, daß ich mich geirrt hatte, als ich glaubte, mit Mesmerismus sei etwas gemeint, was sich nur auf die hypnotische Kontrolle eines menschlichen Willens über die Mentalität eines anderen bezieht. Dieses Wort kann bedeutend mehr als nur diesen Aspekt einschließen. Im Lehrbuch verweist Mrs. Eddy auf den folgenden Unterschied: „Der große Unterschied zwischen willkürlichem und unwillkürlichem Mesmerismus ist der, daß willkürlicher Mesmerismus bewußt herbeigeführt wird und dem, der ihn ausübt, Leiden verursacht und verursachen sollte, während Selbstmesmerismus unbewußt herbeigeführt wird; und durch seinen Fehler wird der Mensch oftmals belehrt.“ Dann fährt sie fort: „Im ersten Fall versteht man, daß die Schwierigkeit eine mentale Illusion ist, während man im zweiten glaubt, das Unheil sei eine materielle Wirkung. In einem Fall wird das menschliche Gemüt dazu benutzt, die Illusion zu entfernen, während man sich in dem anderen an die Materie wendet.“ Um unser Denken zu hypnotisieren, bedarf es nicht eines Mannes im Frack, der eine goldene Uhr an einer Kette hin und her schwingen läßt. Das Denken kann durch einen Glauben an die Materie und an eine materielle Wirkung hypnotisiert werden. Mrs. Eddy beschließt den Absatz über die zwei Phasen des Mesmerismus mit der Erklärung: „In Wirklichkeit haben beide ihren Ursprung im menschlichen Gemüt und können nur durch das göttliche Gemüt geheilt werden.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 403.
Ein Glaube an die Existenz eines sterblichen, materiellen, begrenzten Gemüts ruft in dem, der daran glaubt, einem hypnotischen Zustand hervor, der seine Einheit mit Gott, Geist, vor ihm verborgen hält. Tierischer Magnetismus ist der Name, den Mrs. Eddy jener vermeintlichen Kraft gegeben hat, die das Denken in eine Richtung zerrt, die der aufwärtsführenden Anziehung des Geistes entgegengesetzt ist. Was immer uns emporhebt und von dem Glauben an einen materiellen Körper hinwegführt, ist der Christus und kommt vom Geist her. Was immer die Annahme, daß Leben oder Gemüt in der Materie sei, bildet oder uns an sie kettet, ist tierischer Magnetismus. Wenn wir vom Geist angezogen und geführt werden, spiegelt unser Leben dies in Energie, Harmonie, Zielsicherheit und Freude wider. Wenn wir von der Materie und von einem Bild der Disharmonie, Untätigkeit, Ziellosigkeit, Überkompliziertheit, Traurigkeit oder dergleichen heruntergezogen und hypnotisiert werden, haben wir uns von dem tierischen Magnetismus einfangen lassen.
Ob wir nun in unserem Leben ein vages, generelles Gefühl der Niedergeschlagenheit verspüren oder uns aufgrund ganz spezifischer Probleme unglücklich fühlen, wir werden feststellen, daß nichtausgemerzter tierischer Magnetismus in unserem Denken die eigentliche Ursache ist. Um davon frei zu werden, müssen wir zuallererst zu der Überzeugung gelangen, daß Gemüt, Geist, vollkommen und unfehlbar ist, und dann die aggressive mentale Suggestion leugnen, daß Gemüt sterblich sei und uns manipulieren könne. Machen Sie sich die Nichtsheit der scheinbaren Wirklichkeit des tierischen Magnetismus klar, der Annahme, daß Leben in der Materie und vom Geist getrennt sei, ehe Sie sich mit den spezifischen Symptomen der Disharmonie beschäftigen. Gott ist die allem Guten zugrundeliegende Ursache; die Annahme, tierischer Magnetismus genannt, liegt allem Bösen zugrunde.
Achten Sie einmal darauf, wie klar die Zehn Gebote zum Ausdruck bringen, daß die Menschheit weit mehr tun muß, als Gott zu verherrlichen — so wichtig dies auch sein mag. Das zweite Gebot lehrt uns, den Glauben an andere Götter und deren Existenz energisch zu leugnen — in der Sprache der Christlichen Wissenschaft ausgedrückt, den tierischen Magnetismus zu leugnen: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist.“ 2. Mose 20:4. Hier ist auf breiter Basis gesagt, wie der tierische Magnetismus geleugnet werden muß. Andere Gebote leugnen das Böse in den spezifischeren Formen, die es annimmt — Zorn, Eigendünkel, Wollust, Betrug, Neid usw. Keiner dieser durch Willenskraft bedingten, unmoralischen Bewußtseinszustände — allesamt falsche Begierden, ja, Symptome irriger, abwärtsgerichteter Anziehungskräfte — ist an sich der eigentliche Urheber des Bösen. Wie Krankheit und Tod sind sie das Resultat des grundlegenden Irrtums des Glaubens an eine von Gott getrennte Macht und Gegenwart. Diese Bewußtseinszustände sind lediglich das Produkt des unpersönlichen Bösen oder des tierischen Magnetismus, dem nicht Einhalt geboten wurde.
Mrs. Eddy schreibt: „Sinnenlust, Bosheit und alle Arten des Bösen sind krankhafte Annahmen, und du kannst sie nur zerstören, wenn du die schlechten Motive zerstörst, die sie hervorbringen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 404. Die Sünde, die mit der Person verknüpft zu sein scheint, die falsche Begierde, ist nur die Marionette, der „Strohmann“ des hypnotischen tierischen Magnetismus. Um den Irrtum zu zerstören, müssen wir ihn mit der Wurzel ausrotten.
Wenn wir falsche Götter anbeten, „oben im Himmel“ oder, wie man es in der heutigen Sprache ausdrücken könnte, pseudoreligiös, „unten auf Erden“ (bewußt) oder „im Wasser unter der Erde“ (im Unterbewußtsein), dann erlauben wir uns, uns vom tierischen Magnetismus versklaven zu lassen, ein falsches Bild von der Wirklichkeit zu haben und konsequenterweise zu leiden. Der Gegenstand unserer Götzenanbetung mag Ruhm, finanzielle Sicherheit, Abenteuer, ein gesunder Körper, sexuelle Befriedigung, intellektuelles Wissen oder menschliche Zuneigung sein. Diese müssen nicht alle unbedingt von Übel sein, doch ihre Anbetung ist es allemal. Götzendienerischer tierischer Magnetismus, ob es nun Liebe zum Geld ist oder zu irgend etwas anderem, was nicht geistig ist, ist die Wurzel alles Bösen.
Als mit meiner Gesundheit, meinen Verhältnissen, meiner Umgebung alles so in Ordnung zu sein schien und ich mich trotzdem andauernd unglücklich fühlte, konnte ich dies zuerst nicht begreifen. Doch als ich erkannte, daß ich die Wurzel meiner Niedergeschlagenheit nur beim tierischen Magnetismus zu suchen brauchte, erfüllte mich das Wissen, daß ich den tierischen Magnetismus besiegen konnte, mit Freude und Kraft. Und ich besiegte ihn auch durch beharrliches Verneinen und Bejahen. Die schlaflosen Nächte, die Unsicherheit, die Depressionen, sie alle verschwanden. Das wichtigste jedoch ist, daß ich jetzt, wo ich den tierischen Magnetismus durchschaut habe, ein unentbehrliches Werkzeug habe, das ich benutzen kann, wenn ich mich Krankheit irgendwelcher Art, psychischer oder physischer, gegenübergestellt sehe. Natürlich ist es nur der tierische Magnetismus, der mich einschläfern und glauben machen möchte, daß ich nie wieder seinen Suggestionen begegnen würde und sie besiegen müßte! Voller Weisheit und Liebe zu ihren Schülern schrieb Mrs. Eddy: „Es ist die Pflicht eines jeden Mitglieds dieser Kirche, sich täglich gegen aggressive mentale Suggestion zu verteidigen und sich nicht verleiten zu lassen, seine Pflicht gegen Gott, gegen seine Führerin und gegen die Menschheit zu vergessen oder zu versäumen.“ Handbuch Der Mutterkirche, Art. VIII Abschn. 6.
