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Öl — eine Mangelware?

[Urtext in deutscher Sprache]

Aus der Mai 1982-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das fünfundzwanzigste Kapitel des Matthäusevangeliums beginnt mit Christi Jesu Gleichnis von den zehn Jungfrauen. Liest man die Geschichte oberflächlich, könnte man meinen, Jesus habe über die Folgen eines Ölmangels gesprochen. Die fünf törichten Jungfrauen, die nicht rechtzeitig Öl gekauft hatten, wurden von der Hochzeit ausgeschlossen, während die klugen Jungfrauen hineingehen konnten.

Aber das Gleichnis endet mit den Worten: „Darum wachet! Denn ihr wisset weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen Sohn kommen wird.“ Matth. 25:13. Und legt die Aufforderung „wachet“ nicht nahe, daß wir wachsam sein müssen?

In dieser Geschichte ist das Öl ein Symbol für etwas, was für das geistige Wachstum wichtig und für das rechte Denken wesentlich ist. Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr'istjәn s'aiәns), definiert „Öl“ als „Hingabe; Nächstenliebe; Sanftheit; Gebet; himmlische Inspiration“ Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 592..

Hingabe zeigt sich im täglichen Leben auf mancherlei Weise: das kleine Kind, das ein Wasserrad baut, das tatsächlich funktioniert; der Jugendliche, der Vögel beobachtet und ihre Lebensweise studiert; der junge Künstler, der viele Stunden auf seinem Instrument ein Musikstück einübt und sich in die Komposition vertieft, bis er schließlich seine eigene Interpretation in vollendeter Technik vorspielen kann; der Denker, der in der Stille Gesetze zu ergründen sucht.

Das „Öl“, dessen wir am meisten bedürfen, müssen wir in Gott suchen. Der verlorene Sohn erlernte Hingabe durch Reue. Er wandte sich von den Verstrickungen des ichbezogenen Denkens ab, das ihn in tiefes Elend geführt hatte, kehrte demütig und reuig zu seinem Vater zurück und sagte zu ihm: „ ... ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich dein Sohn heiße.“ Luk. 15:21. Der Vater setzte ihn jedoch wieder in alle seine Rechte als Sohn ein. Aber der Sohn hatte zuerst in sich gehen müssen, um den Wert seines eigenen wahren Erbes anzuerkennen, das er ja in Wirklichkeit nie verloren hatte.

Ist eine solche Wandlung nicht der Weg zur geistigen Hingabe? Wir können unser sterbliches Denken aufgeben und unser Denken hingebungsvoll Gott zuwenden; wenn wir Ihn demütig um Hilfe und Führung bitten, wird sie uns zuteil. Auf diese Weise lernen wir unser wahres Sein immer besser verstehen, wir können unser wahres Selbst deutlicher erkennen und bewußter zum Ausdruck bringen. Mrs. Eddy ermutigt uns zu solch einer Hingabe mit folgender Aussage: „Die Hingabe des Gedankens an ein ehrliches, großes Werk macht dieses Werk möglich.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 199.

Wenn wir durch Hingabe geistige Ziele erreicht haben, sind wir in der Lage, die Hingabe eines anderen besser zu verstehen. Wir kommen unserem Nächsten näher! Wir lieben ihn mehr — wir üben wahre Nächstenliebe. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ 3. Mose 19:18., heißt es im dritten Buch Mose. Und Jesus erinnerte einen reichen Jüngling S. Matth. 19:19. und einen Schriftgelehrten S. 22:39. an dieses Gebot im Gesetz. Reichtum und Überheblichkeit versperren gar zu oft den Weg zu unserem wahren Selbst. Aber die Christliche Wissenschaft ist eine unschätzbare Hilfe in unserem Bemühen, den Menschen zu finden, den Gott erschaffen hat, das Selbst, das alles Gute in Gott hat und weiß, daß es von Gott kommt.

Welch ein Segen entspringt dieser Art des Denkens! Wenn wir unser wahres Selbst besser verstehen lernen, erkennen wir immer klarer, daß es unverändert in Gott besteht. Und je besser wir die Wahrheit über uns selbst erkennen, desto deutlicher wissen wir, daß in Wirklichkeit alle Menschen ihr Selbst in Gott haben. Die wissenschaftliche Hingabe befähigt mich, den wahren Menschen in meinem Nächsten zu lieben. Diese Tatsache verdient, betont zu werden: Je mehr ich von Gott weiß, desto mehr weiß ich von meinem eigenen wahren Sein; und je mehr ich von meinem wahren Sein weiß, desto mehr weiß ich auch von dem wahren Sein meines Nächsten.

Die Hingabe an das Gute ist der Preis für die Nächstenliebe. Je mehr Menschen die wahre Nächstenliebe erkennen und zum Ausdruck bringen, desto mehr gibt es davon. Fülle statt Mangel ist die Folge, und aus der Nächstenliebe erwächst unendlicher Segen.

Und Sanftheit ist mit der Nächstenliebe verwandt. Ein ruhiges und geläutertes menschliches Bewußtsein ist für das Schöne, das es umgibt, aufgeschlossen; das Denken erfaßt dann intuitiv die Situation des Nächsten und versteht sie; und wir sind in der Lage, inmitten von Aufruhr ruhig und sanft zu sein, und tragen so dazu bei, die Menschheit aufzurichten. Sanftheit ist vorhanden, und wenn sie zum Ausdruck gebracht wird, werden andere Menschen gesegnet.

Mrs. Eddy erklärt uns „Öl“ ferner als Gebet; und um zu beten, müssen wir in das Kämmerlein gehen und die Tür zuschließen. Für Mrs. Eddy war das rechte Gebet so wichtig, daß sie ihm im Lehrbuch, Wissenschaft und Gesundheit, ein ganzes Kapitel widmete und dieses Kapitel an den Anfang des Buches stellte. In dem Kämmerlein des Gebets empfangen wir direkt von Gott himmlische Inspiration, die uns unsere wahre Einheit mit dem himmlischen Vater zeigt und uns mit der Erkenntnis Seiner unermeßlichen Schöpfung segnet. Das heilt.

Was ist nun dieses Kämmerlein des Gebets? Ist es ein kleiner schalldichter Raum? Ja, in gewissem Sinne ist es schalldicht. Die schrillen Stimmen der materiellen Welt — Unruhe, Unterdrückung, Not, Elend, Ungerechtigkeit, Haß, Neid, Krieg — dringen in dieses Kämmerlein der heiligen Abgeschiedenheit mit Gott nicht ein. Hier schweigen auch die Stimmen, die vom sterblichen Bewußtsein zu kommen scheinen und uns oft erschrecken; Gott spricht und wird gehört. Er gibt uns Gedanken, Worte und Taten der Liebe; Segnungen, die trösten, uns Sicherheit schenken und heilen.

Wo ist dieses Kämmerlein? Überall! Ja, überall; überall dort, wo ein Mensch Gemeinschaft mit Gott sucht. Gott ist überall und läßt sich von allen finden, die Ihn suchen, ganz gleich, wo wir sind: in der Stille eines Waldes, in dem Getriebe einer Stadt, im Kriegsgetümmel, allein in einer drohenden Notlage; ganz gleich, ob wir hungern oder satt sind, frieren oder uns warm fühlen. Und wenn wir Ihn finden, haben wir Ruhe, Frieden, Stille, Heiligung und Erlösung gefunden. Im schalldichten Kämmerlein — das überall dort ist, wo ein Mensch im Gebet und tiefen Verlangen Gott sucht und findet — können wir über alles, was begrenzt und sterblich ist, erhoben werden: es enthält immer einen Segen, die heilige Einheit mit Gott. Gebet bringt himmlische Inspiration. Um uns diese Inspiration zu bewahren, müssen wir die Gebote befolgen.

Wenn also in der Welt heute das Öl eine so große Rolle spielt; wenn die Menschen meinen oder befürchten, es könnte noch knapper und teurer werden; wenn sie sehen, daß es als politisches Erpressungsmittel benutzt wird — dann können wir uns in Gedanken einer neuen geistigen Vorstellung zuwenden und erkennen, daß Hingabe, Nächstenliebe, Sanftheit, Gebet, himmlische Inspiration weder teuer noch knapp sind.

Diese Eigenschaften gibt es in reicher Fülle. Sie vermehren sich, wenn sie benutzt werden. Und ihre Anwendung führt zu Harmonie, Frieden, Reichhaltigkeit und unbeschränkter Versorgung mit allem, was wir brauchen.

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