Meine Freundin und ich sprachen über den wundervollen Glauben, den man oft bei Kindern antrifft. Häufig zeigen sie ein absolutes Vertrauen durch solche einfachen, kindlichen Folgerungen wie: „Gott ist gut, und Er machte alles gut. Wenn also etwas nicht gut ist, kann man es nicht haben. Gott läßt das nicht zu.“
„Ach ja, man müßte wieder drei sein!“ meinte meine Freundin. Sie erklärte dann, daß diese Art des reinen, geistigen Denkens sie befähigt habe, mit dem Heilen anzufangen, als sie etwa drei Jahre alt war. Eines Tages sagte sie ihrer Tante, daß ihre Mutter krank sei. Diese Tante, eine Christliche Wissenschafterin, hatte es ihrer Nichte ermöglicht, die christlich-wissenschaftliche Sonntagsschule zu besuchen. Sie sagte zu ihr: „Du weißt, wie du beten mußt. Geh nach Hause zu deiner Mutter und heile sie!“
Die Kleine war sofort losgegangen. Nachdem sie nur einige wenige Augenblicke am Bett ihrer Mutter gebetet hatte, sagte sie: „Gut, ich bin nun fertig. Du bist gesund. Steh jetzt auf!“ Kurze Zeit darauf kam ihre Tante und traf die Mutter beim Bügeln in der Küche an.
Sehnen auch wir uns danach, wieder drei Jahre zu sein, wenn wir von solchen einfachen, natürlichen Heilungen hören? Das brauchen wir nicht, denn die Reinheit und das Vertrauen des heilenden kindlichen Denkens kennen keine Altersgrenzen. Sie bezeugen Eigenschaften, die ebensoewig sind wie das Leben, das Gott ist, und ebensoewig wie das Gemüt, das Gott ist — des Menschen Leben und Gemüt.
Christus Jesus liebte kleine Kinder, weil sie von Natur aus gut und gehorsam sind und einen unverfälschten Glauben haben. Als die Jünger einmal Leute zurechtwiesen, die ihre Kleinen zum Meister brachten, rügte er seinerseits seine Jünger. „Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht...“, erklärte er und fügte hinzu: „Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ Luk. 18:16, 17.
Wie empfängt ein Kind das Reich Gottes? Ganz natürlich, denn die kindliche Natur oder das kindliche Bewußtsein akzeptiert mit uneingeschränktem Vertrauen Gottes Allheit und Güte sowie die natürliche Folge des Göttlichen: das völlige Gutsein des Menschen als Bild, als Gottes Gleichnis. Christus Jesus sagte: „Solcher ist das Reich Gottes.“ Luk. 18:16.
Und zu diesen kommt in der Tat die Heilkraft des Christus auf ganz natürliche Weise, wie in jenem Fall, als das dreijährige Kind seine Mutter heilte. Es war kein dreijähriges Phänomen. Vielmehr verkörperte es jene einfache, zeitlose Kindlichkeit oder jene geistige Empfänglichkeit, die heilt.
Es war für die Kleine etwas ganz Natürliches, sich um Heilung sofort im Gebet an Gott zu wenden. Es war für sie etwas ganz Natürliches, zu glauben, ihr Gebet werde etwas bewirken. Es war etwas ganz Natürliches für sie, zu glauben, Ihre Mutter werde auf ein solches Gebet ansprechen. Sie hatte nicht das Gefühl, daß irgend etwas Wundersames vor sich ginge. Sie vergeudete keine Zeit in der Hoffnung, daß sie heilen könne. In ihrem Denken war kein Platz für Furcht und die sie begleitende Versuchung, daß sie vielleicht nicht genug wisse. Das Kind war zuversichtlich, daß Gottes Güte da ist, weil Er überall ist. Was gab es dann noch zu tun? Alles übrige war Gottes Sache.
Selbstverständlich kann nicht nur ein Kind dieses Wissen ausdrükken, daß Gott mit uns ist. Vielmehr ist dieses unverfälschte Denken unser natürlicher Zustand, dem wir niemals entwachsen, den wir niemals verlieren und vergessen können und der niemals zerstört werden kann.
„Das Gute“, sagt uns Mrs. Eddy, „ist göttlich natürlich. Das Böse ist unnatürlich; es hat keinen Ursprung im Wesen Gottes, und Er ist der Vater von allem.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 288.
Daher können wir zu jedem Irrtum, der uns beeinflussen oder beherrschen möchte oder der sich in unserem Bewußtsein als unser eigener Gedanke melden will, wissenschaftlich, geistig sagen: „Wenn es nicht gut ist, kommt es nicht von Gott. Und wenn es nicht von Gott stammt, kann ich nichts darüber wissen; ich kann es nicht haben. Und wenn mich solch ein „Es“ belastet, kann ich es auf ganz natürliche Weise loswerden, indem ich auf Gottes Macht vertraue. Denn es ist göttlich natürlich, gut zu sein und das Gute zu empfinden.“
Ein derartiges Folgern läßt uns erkennen, daß Furcht, Schmerzen, Altersschwäche, Vergeßlichkeit, Mißerfolg, Entmutigung, Traurigkeit geistig unmöglich und unnatürlich sind. Sich stark und urteilsfähig, gesund, harmonisch, zeitlos, sündlos, todlos, heilig oder geistig unversehrt zu fühlen und es auch zu sein heißt, christusähnlich zu sein, heißt, wirklich natürlich zu sein!
Stellt sich hier die Suggestion ein, daß es schon eines großen Wunders bedürfe, wollte man bloß einen Bruchteil dieser göttlichen Natürlichkeit erleben? Zu Jesu Zeiten gab es Leute, die Christi Jesu Heilungen als Wunder bezeichneten — und auch heute betrachtet manch einer sie als Wunder. Gewiß ist sein wunderbares Werk bislang unerreicht. Doch er verhieß seinen Nachfolgern, daß auch sie heilen könnten. Er erklärte: „Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue.“ Joh. 14:12. Diese Verheißung gilt für Sie und mich — für jeden, der danach trachtet, dem Christus zu folgen.
Mrs. Eddy definiert „Wunder“ in Wissenschaft und Gesundheit u.a. als „das, was göttlich natürlich ist, aber menschlich erfaßt werden muß“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 591.. Hier haben wir die Antwort auf die Frage: Wenn es natürlich ist, liebevoll, rein, gesund zu sein, warum fällt es dann den meisten von uns so schwer, das auch auszudrücken?
Für ein Kind — d. h. für das kindliche Denken — scheint das leichter zu sein. Warum? In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Kinder sind leichter zu lenken als Erwachsene und lernen bereitwilliger die einfachen Wahrheiten lieben, die sie glücklich und gut machen.“ Ebd., S. 236. Mit anderen Worten: Wenn man wahrhaft kindlich ist, denkt man nicht bloß, daß man Gottes Gleichnis ist, sondern man handelt auch danach.
Wir müssen lernen, daß wir keine leidenden Sterblichen sind, der Welt überdrüssig und von der Sünde in Versuchung geführt, sondern daß wir Gottes göttliche Widerspiegelung sind — und zwar jetzt! Christlich-wissenschaftliches Heilen entfaltet im Bewußtsein die Wirklichkeit von des Menschen gegenwärtiger und ewiger geistiger Identität, Individualität und seines Ausdrucks.
Betrachten wir z. B. Naëmans Erfahrung. Er war der Feldherr eines siegreichen Heeres, aber er war auch aussätzig. Er machte sich auf den Weg zu Elisa, um geheilt zu werden. Wie begrüßte ihn der Prophet? Er sandte einen Boten zu ihm und ließ ihm sagen, er solle siebenmal im Jordan untertauchen. Wütend stürmte Naëman davon. Dann, auf Drängen seiner Diener, gab er nach und gehorchte dem Propheten. Die Bibel berichtet: „Sein Fleisch wurde wieder heil wie das Fleisch eines jungen Knaben, und er wurde rein.“ 2. Kön. 5:14.
Was war geschehen? Wir könnten vielleicht sagen, daß jene Reinheit und Demut, die er annahm und die für Kindlichkeit typisch sind, zur Läuterung seines Denkens und seines Körpers führten. Dieser Wandel vollzog sich, als er sich wehrte, den zersetzenden Eigenschaften wie Stolz, Halsstarrigkeit und Eigenwille zum Opfer zu fallen. Das Untertauchen im Jordan symbolisierte die geistige Reinigung, die Elisa offensichtlich als die wahre Notwendigkeit für das Heilen der Krankheit erkannte. Was forderte Elisa von dem Mann? Waren es nicht selbstloser Gehorsam, Demut, Vertrauen auf Gott?
Das Kind, das seine Mutter heilte, wie auch die Mutter, die geheilt wurde, der aussätzige Naëman wie auch der Prophet Elisa bezeugten die Natürlichkeit, mit der sich geistiges Heilen vollzieht, wenn Eigenschaften wie Glaube, Erbarmen, selbstlose Gesinnung, christusgleiche Standfestigkeit gelebt und geliebt werden.
Für das kindliche Denken heißt das tun, was ganz natürlich ist.
