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Warum scheint aber das Böse zu existieren?

Aus der Februar 1986-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Bibel, die über das fortschreitende Verständnis der Menschheit von Gott berichtet, versichert uns, daß Er Liebe ist, der einzige Schöpfer, und daß Er nur Gutes erschafft. Auf diese Weise macht sich die göttliche Wahrheit die ganze Bibel hindurch geltend. Als der Prophet Habakuk Gott um sichtbare Beweise Seiner Gerechtigkeit anflehte, sagte er: „Deine Augen sind zu rein, als daß du Böses ansehen könntest, und dem Jammer kannst du nicht zusehen!“ Hab. 1:13. Und im Neuen Testament wird in einem Brief des Johannes verkündet, „daß Gott Licht ist und in ihm ist keine Finsternis“ 1. Joh. 1:5..

Es war für mich als junge Christliche Wissenschafterin ganz eindeutig, daß solche Wahrheiten absolut keinen Platz für etwas ließen, was Gott unähnlich war, und folglich das Böse, die Materie und Krankheit auf keinen Fall wirklich sein konnten. Es wurde mir auch immer klarer, daß die Erkenntnis der Wahrheit heilt. Und doch wie sehr zerbrach ich mir den Kopf über die Frage: „Warum scheinen aber die Gott unähnlichen Eigenschaften und Zustände wirklich zu sein?“ Und wie enttäuscht war ich, wenn mir erfahrenere Christliche Wissenschafter Erklärungen gaben, die dieses Problem offensichtlich für sie lösten, mir aber wenig bedeuteten!

Da ich hörte, wie andere diese Frage für sich gelöst hatten, gab mir das Denkanstöße. Doch allmählich erkannte ich, daß das Verständnis und der Frieden, die ich suchte, notwendigerweise Schritt für Schritt durch göttlich geleitetes Folgern und Inspiration kommen mußten, durch ein wachsendes Verständnis von der Allheit Gottes — nicht bloß durch das Lauschen auf Worte. Daher ließ ich meine Frage ruhen, und in den darauffolgenden Jahren, während mein geistiges Verständnis zunahm, beschäftigte mich diese Frage nicht mehr. Ich fühlte mich ebensowenig dazu veranlaßt, zu erklären, warum Materialität dem menschlichen Denken wirklich zu sein scheint, wie mir der Gedanke gekommen wäre, zu erklären, warum jemand, der das Einmaleins lernt, glauben mag, zwei mal zwei sei drei. Als ich gewissenhaft begann, bei meinen Überlegungen von der Wahrheit über Gott und den Menschen auszugehen, erschien mir der Irrtum immer unwirklicher. Wer möchte wissen, warum etwas zu sein „scheint“, wenn es gar nicht zu existieren scheint! Es war eine herrliche Befreiung.

Es kam jedoch der Tag, an dem es genau umgekehrt war und mir diese Frage gestellt wurde. Wie sollte ich meine Erkenntnis in Worte fassen! Ich unterrichtete zu der Zeit eine Sonntagsschulklasse, und neugierige Gesichter blickten mich erwartungsvoll an, um „die“ Antwort zu hören. Als neue Lehrerin in der Sonntagsschule fühlte ich mich wie Hiob, als er sagte: „Was ich gefürchtet habe, ist über mich gekommen.“ Hiob 3:25. Ich wußte, ich konnte der Klasse ebensowenig die benötigte Erkenntnis „geben“, wie andere sie mir hatten geben können. Aber ich wandte mich an den Vater, um diese Kinder mit geistiger Nahrung zu stärken und um sie auf den Weg zu bringen, auf dem sie ihre Probleme selbst lösen könnten. Plötzlich kam mir ein Gedanke, der ihnen den Anfang zeigen konnte — ein Gedanke, der mir seitdem immer klarer wurde. Es war der Gedanke an Tatsachen und deren mutmaßliches Gegenteil.

Man kann sich beispielsweise für jede auf weltlicher Ebene bestehende Tatsache ein Gegenteil ausdenken. Der Tatsache, daß Eis kalt ist, würde widersprechen, daß Eis heiß sei. Da aber das Eis kalt ist, kommt die Behauptung, daß es heiß sei, zu spät, um wahr zu sein. Warum? Weil die beweisbare Tatsache schon bestehen muß, ehe es ein Gegenteil geben kann; daher kann der Widerspruch nie mehr sein als bloße Mutmaßung — ohne wirkliche Ursache oder Wirkung.

Lassen Sie uns diese Argumentation auf einer höheren Ebene weiterführen. Es ist eindeutig, daß Gott, Alles, Wahrheit ist; daß das sterbliche Gemüt (auch Teufel genannt) sein Gegenteil ist — folglich nur eine Mutmaßung. Der zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffene geistige Mensch ist eine Tatsache; der sterbliche Mensch, der der Sünde, Krankheit und dem Tod unterliegt, ist ein Widerspruch, sonst nichts. Und so weiter. Aber während der materielle Mensch in seinem Denken an einer zeitlichen Tatsache und deren Widerspruch festhalten kann, kann sich der wahre Mensch nur der geistigen Tatsachen bewußt sein. Er kann unter keinen Umständen mutmaßliche Gedanken hegen. Geistige Tatsachen sind das, was Gott, Gemüt, weiß (und durch den Menschen zum Ausdruck bringt), und deren mutmaßliches Gegenteil ist einfach alles, was Gemüt und sein Ausdruck nicht wissen! Wahrheiten und Widersprüche können in Wirklichkeit nicht zusammen bestehen.

Dem unerleuchteten menschlichen Denken scheinen jedoch geistige Wahrheiten und deren mutmaßliches Gegenteil in einem prinzipienlosen Gemisch nebeneinander zu existieren. Und da falsche Erziehung, falsche Theologie, ärztliche Vorstellungen und andere falsche Einflüsse den Anspruch erheben, sie erzwängen und unterstützten die Umkehrung der Wahrheit, erscheint der Menschheit der materielle Sinn äußerst aggressiv und sehr wirklich.

Es ist die Mission des Christus, der Wahrheit, das menschliche Bewußtsein aus seinen uninformierten falschen Vorstellungen herauszuheben, damit es die Wirklichkeit mit dem geistigen Sinn sehen kann. Christi Jesu Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen Siehe Matth. 13:24–30. weist darauf hin, wie notwendig es ist, die Wahrheit vom Irrtum zu trennen, und wie man dabei vorgeht. Mrs. Eddy erklärt in Wissenschaft und Gesundheit: „Der Same der Wahrheit und der Same des Irrtums, der Annahme und des Verständnisses — ja der Same des Geistes und der Same der Materie — sind der Weizen und das Unkraut, die die Zeit voneinander scheiden wird, das eine, damit es verbrannt, das andere, damit es in himmlischen Stätten gesammelt werde.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 535.

Als Johannes der Täufer auf Jesus Bezug nahm, sagte er nicht nur, daß er „die Spreu ... verbrennen [wird] mit unauslöschlichem Feuer“, sondern daß er auch „seine Worfschaufel in der Hand“ Matth. 3:12. hat. Worfschaufel wird im Glossarium des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit, u. a. wie folgt definiert: „Worfschaufel. Das, was die Fabel von der Tatsache trennt.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 586. Der Unterschied zwischen Fabel und Tatsache war für Jesu erleuchtetes Denken so klar und greifbar, daß er in den Disharmonien, die sich ihm als hartnäckige Wirklichkeiten zeigten, nichts anderes sah als unbegründete falsche Vorstellungen. Sein christliches Verständnis gab ihm göttliche Autorität, jeden Anspruch der Materialität als machtlos und unwirklich abzuwerfen, und er lehrte seine Nachfolger aller Zeiten, seinem Beispiel zu folgen.

Das Buch der Offenbarung zeigt, daß Johannes, der Jesu Lehren und Demonstrationen klar verstand, einen himmlischen Bewußtseinszustand erreichen konnte, der die Mutmaßungen der Materialität vertrieb. Er schrieb: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde vergingen, und das Meer ist nicht mehr.“ Offenb. 21:1.

Mrs. Eddy erklärt diesen Vers wie folgt: „... des Johannes körperlicher Begriff von Himmel und Erde [war] vergangen ... und an die Stelle dieses falschen Begriffes [war] der geistige Begriff getreten ..., der subjektive Zustand, durch den er den neuen Himmel und die neue Erde sehen konnte, die die geistige Idee und das Bewußtsein der Wirklichkeit in sich fassen.“ Sie fährt fort: „Dies ist die biblische Gewähr für den Schluß, daß eine solche Erkenntnis des Seins in diesem gegenwärtigen Daseinszustand für die Menschen möglich ist und möglich gewesen ist — daß wir uns hier und jetzt des Aufhörens von Tod, Sorge und Schmerz bewußt werden können.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 573.

Wenn wir sehen, daß das sterbliche Gemüt und seine Ansprüche bloße gemütlose Mutmaßungen sind, befreit uns das von der Furcht, daß es irgendwo einen persönlichen Teufel gebe, der uns zum Narren halte und sich unseren guten Bemühungen in den Weg stelle. Daß das sterbliche Gemüt uns zu kennen und die Intelligenz zu haben scheint, uns genau die falschen Suggestionen einzuflüstern, liegt einfach daran, daß wir unwissend statt der Tatsachen die Widersprüche akzeptieren! Da aber der Widerspruch offensichtlich ist, können wir gewiß sein, daß auch die Tatsache da ist. Die Lösung besteht darin, daß wir prüfen, ob ein Gedanke seinen Ursprung in unserem liebevollen Vater-Mutter Gott hat — ob er geistig wahr ist. Kommt er nicht von Gott, müssen wir uns nur der spezifischen Tatsache zuwenden, der widersprochen wird, und unser Denken statt dessen auf die Tatsache ausrichten. Mrs. Eddy schreibt in den Vermischten Schriften: „Jede materielle Annahme deutet auf die Existenz der geistigen Wirklichkeit hin, und wenn die Sterblichen über geistige Dinge belehrt worden sind, wird sich zeigen, daß die materielle Annahme in all ihren Kundwerdungen, wenn umgekehrt, Urbild und Darstellung unschätzbarer, ewiger Wahrheiten ist, die unmittelbar gegenwärtig sind.“ Verm., S. 60.

Diese Stelle half mir vor einigen Jahren, den Mesmerismus und die Furcht zu brechen, die mich übermannten, als ich meine kleine Tochter im Arm wiegte, die hohes Fieber hatte. Als ich über das Zitat nachdachte, konnte ich mich tatsächlich freuen! Richtig, dachte ich, dieses Bild einer furchterfüllten, sterblichen Mutter, die ein krankes Kind wiegt, ist ja das gerade Gegenteil dessen, was in Wirklichkeit vor sich geht, und die Wahrheit über die Situation ist unmittelbar gegenwärtig!

Ich nahm alles, was der Tatsache widersprach, und betrachtete es gegen das Licht des Christus. Anstelle eines materiellen Kindes, das durch die Furcht seiner materiellen Eltern, durch mutmaßliche Gesetze und ärztliche Vorstellungen in Fesseln gehalten wurde, war da das geistige Kind Gottes — Seine Widerspiegelung —, das niemals der Materie wegen den Geist verlassen hatte. Wo eine furchtsame menschliche Mutter zu sein schien, befand sich der furchtlose geistige Ausdruck des einen wahren Vater-Mutter Gottes, und dieser Ausdruck verstand die Beziehung des Menschen zu Gott und all Seiner Schöpfung vollkommen. Anstatt hinter dieser Krankheit eine Verschwörung des Teufels zu sehen, der mich von einer rechten Tätigkeit abhalten wollte, erkannte ich, daß sie einfach das trügerische Ergebnis von Widersprüchen war, die ich anstatt der Tatsachen aus Furcht und Unwissenheit akzeptiert hatte. Mir wurde klar, daß Gott die Gesundheit Seines eigenen Ausdrucks dadurch aufrechterhält, daß Er ist, was Er ist — der Ich bin, der Ich bin, der auf keinen Widerstand trifft! Ich spürte, wie das Fieber das Kind augenblicklich verließ, und die Heilung war vollständig!

Für mich war das ein Beweis, daß es nicht zwei Schöpfungen gibt — eine materielle und eine geistige —, sondern nur eine einzige; und diese ist geistig. Es zeigte mir auch, daß unsere menschliche Erfahrung in dem Maße harmonisch ist, wie wir wachsam sind und die Mythe von der Tatsache trennen und an der Tatsache festhalten.

Wenn der Irrtum aber arrogant oder hartnäckig zu sein scheint, genügt es dann, nur Gottes Allheit zu bestätigen und das Böse zu ignorieren? Wollen wir den Irrtum in solch einem Fall zerstören, sollten wir da nicht verständnisvoll jede spezifische Lüge verneinen, die uns herausfordert, und bewußt die spezifische Wahrheit akzeptieren, die im Widerspruch zu ihr steht? Obgleich wir nicht mit der Nichtsheit als einer Wirklichkeit zu kämpfen brauchen, müssen wir uns vielleicht doch mit jeder spezifischen falschen Vorstellung, die wir durch falsche Erziehung angenommen haben, so lange auseinandersetzen, bis wir nicht mehr an sie glauben und für ihren Anspruch nicht mehr anfällig sind.

Wie wunderbar und befreiend ist es doch, das trügerische, gemütlose Wesen des Bösen und der Materie und all ihrer sogenannten Wirkungen zu erkennen; zu verstehen, daß Widersprüche keine tatsächliche Macht oder Existenz haben und man sie nicht zu fürchten oder zu befolgen braucht! In dem Maße, wie die Menschheit allmählich ein volles Verständnis von der Allgegenwart und Allmacht Gottes, des Guten, erlangt, und zwar dadurch, daß der Christus sich geltend macht, wird jede Vorstellung von Unwirklichkeit verschwinden, und wie es prophezeit wurde, werden wir das Ende der materiellen Welt sehen.

Jeder von uns kann schon hier und jetzt die Wahrheit des Seins als gegenwärtige Tatsache erkennen und demonstrieren! Wir können die Glaubwürdigkeit eines jeden Widerspruchs der Wahrheit (und das Leiden, das jeder Widerspruch verursacht) verneinen und uns des christusgleichen Verständnisses erfreuen, daß das Böse — obgleich es zu existieren scheint, nicht existieren kann.

Der Herr ist mir erschienen von ferne:
Ich habe dich je und je geliebt,
darum habe ich dich
zu mir gezogen
aus lauter Güte.

Jeremia 31:3

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