„Wann werde ich in der Lage sein, aufzustehen und ein Zeugnis abzugeben?” Diese Frage war an eine Frau gerichtet, die in einer Zweigkirche Christi, Wissenschafter, auf einer Mittwochabend-Zeugnisversammlung einen inspirierenden Bericht über eine Heilung gegeben hatte. Die Zeugnisgeberin sah die andere Frau sehr erbarmungsvoll an und antwortete ohne die geringste Spur von Selbstgerechtigkeit oder Überheblichkeit: „Wenn Sie genügend lieben!”
Liebe und Dankbarkeit veranlassen uns, von der Kirchenbank aufzustehen und unsere Segnungen mit der Gemeinde zu teilen. Aber wie oft fühlten Sie sich an den Sitz „gefesselt”, obwohl Sie sich doch erheben wollten! Vielleicht sind Sie sogar mit dem Vorsatz zum Gottesdienst gegangen, von einer eigenen Erfahrung zu berichten, haben dann aber auf Einflüsterungen wie diese gelauscht: Was ich zu sagen habe, ist eigentlich gar nicht so wichtig. Ich kann nicht so frei und unbeschwert reden wie andere. Ich werde mein Zeugnis lieber später einmal abgeben — vielleicht nächste Woche.
Kommen Ihnen diese Einflüsterungen bekannt vor? Wahrscheinlich hatten die meisten von uns hier und da damit zu tun, sogar die, von denen wir bestimmt meinen, sie sprächen mit größter Leichtigkeit und Sicherheit.
Kein Zeugnis abzugeben — wenn wir etwas zu geben haben — ist mit dem Verhalten jenes Mannes vergleichbar, der seinen Zentner Silber im Boden vergrub. Siehe Mt 25:14–30. Im Matthäusevangelium wird uns berichtet, daß der Knecht, der fünf Zentner empfangen hatte, sie auf zehn anwachsen ließ; und der, der zwei entgegengenommen hatte, gewann zwei weitere hinzu. Aber der Knecht, der nur einen Zentner erhalten hatte, vergrub das Geld seines Herrn und gewann somit nichts hinzu. Sagt uns nicht Jesus mit diesem Gleichnis ganz klar, daß ein Talent (das in der englischen Bibel für Zentner gebrauchte Wort bedeutet auch Talent), wenn es genutzt wird, sich vermehrt und viele segnet, während eines, das wir für uns behalten, für andere verloren ist und für uns selbst immer unwichtiger wird? Wenn wir schildern, daß wir eine Krankheit überwunden haben, von Kummer geheilt worden sind, einen negativen Charakterzug durch einen höheren Begriff von uns selbst ersetzt haben, können wir schwer abschätzen, wie weitreichend die Auswirkungen sein werden. Zeugnisse sind niemals an einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Zeit gebunden. Sie sind Kundwerdungen der Wahrheit und sind daher von Dauer — enden niemals mit dem Guten, das sie bewirken mögen.
Lassen Sie uns einmal untersuchen, was ein Zeugnis eigentlich ist. Der Wunsch, etwas mitzuteilen, kommt von Gott, der Liebe. Aber wie können wir genug lieben? Zuerst müssen wir es wollen! Und dann erkennen, daß wir tatsächlich keine andere Wahl haben, als zu lieben. Warum? Weil Gott ja Liebe ist und uns zu Seinem Bild und Gleichnis erschaffen hat. Der geistigen Tatsache zufolge können wir also gar nicht anders, als zu lieben. Wenn wir für Gottes Liebe dankbar sind, führt unsere Dankbarkeit zwangsläufig dazu, daß wir geben. Das Herz fließt über, und wir reden. In Wissenschaft und Gesundheit sagt Mrs. Eddy: „Verlangen ist Gebet; und kein Verlust kann uns daraus erwachsen, daß wir Gott unsere Wünsche anheimstellen, damit sie gemodelt und geläutert werden möchten, ehe sie in Worten und Taten Gestalt annehmen.” Wissenschaft und Gesundheit, S. 1. Dieses Verlangen kommt von Gott. Es ist vollständig, ist mit allem ausgestattet, damit es in Erfüllung gehen kann.
Die Gedanken, die wir brauchen, um uns auszudrücken, kommen ebenfalls vom göttlichen Gemüt, dem einzigen Gemüt, Ihrem Gemüt und meinem Gemüt. In Wirklichkeit gibt es kein gesondertes sterbliches Gemüt, das etwas kritisieren, zunichte machen oder negieren könnte. Leben, Ihr Leben und mein Leben, unterstützt die Vitalität und Wirksamkeit der Ideen Gottes. Diese Ideen leben und erstrahlen. Herrschaft und Harmonie sind Eigenschaften der Seele, Ihrer Seele und meiner Seele, und so besitzen wir die Ausgeglichenheit und Zuversicht, die erforderlich sind, um sie auszudrücken. Die Wahrheit — Ihre Wahrheit und meine Wahrheit —, dieselbe Wahrheit, die Jesus lebte und praktizierte und die wir den Christus nennen, ist immer gegenwärtig, so daß wir mit Autorität sprechen können.
Christus Jesus sagte, daß die Dinge dieser Welt vergehen, seine Worte aber bleiben würden. Siehe Lk 21:33. Und sie sind geblieben, haben die Jahrhunderte überdauert, um uns zu erheben, zu führen und zu beherrschen. Wenn wir durch die Christliche Wissenschaft bis zu einem gewissen Grade entdeckt haben, wie sich die Macht der Worte unseres Wegweisers in unserem Leben auswirkt, können wir da nicht aus Liebe, aus Liebe zu Gott und dem Menschen, diese Worte Gott sozusagen „zurückgeben”? Schließlich gehören sie ja Ihm. Mrs. Eddy drückt es folgendermaßen aus: „Wenn das Herz spricht, so einfach die Worte auch sein mögen, immer ist seine Sprache denen verständlich, die ein Herz haben.” Vermischte Schriften, S. 262. Lassen Sie Ihr Herz sprechen!