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Zögern Sie zu heilen?

Aus der Juli 1989-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Zögern Sie, die Christliche Wissenschaft zum Wohle anderer auszuüben? Glauben Sie, Sie seien nicht gut genug, geistig nicht weit genug fortgeschritten, unfähig, so zu helfen, wie Ihnen selbst wahrscheinlich schon oft geholfen wurde? Oder meinen Sie, daß Sie vielleicht später einmal eher imstande sein werden zu helfen? Wenn das der Fall ist, dann weiß ich, was Sie fühlen, aber vielleicht sollten Sie die Sache noch einmal überdenken. Ich jedenfalls mußte sie noch mal überdenken, und ich möchte Ihnen davon berichten.

Als ich Erster Leser in meiner Zweigkirche Christi, Wissenschafter, war, kam in einer Woche in der Bibellektion Im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft. die goldene Regel vor. Ich wurde daran erinnert, daß ich anderen tun sollte, was ich wollte, daß sie mir tun sollten. Siehe Mt 7:12. Etwas, was andere im Laufe der Jahre zweifellos für mich getan hatten, war, daß sie mich durch Gebet unterstützten, wenn ich es brauchte.

Plötzlich dämmerte mir, daß ich, wenn ich gerecht sein wollte, für andere das gleiche tun mußte. Ja, mir kam der Gedanke, daß ich für jede Hilfe, die ich durch die hingebungsvollen Gebete anderer empfangen hatte, meinen Mitmenschen eine ebensolche Hilfe schuldete. Ich begann, die Ausübung der Christlichen Wissenschaft zum Wohle anderer nicht lediglich als eine zukünftige Möglichkeit zu sehen, sondern als eine gegenwärtige moralische und geistige Forderung. Und ich wußte, daß ich willens sein mußte, diese zu erfüllen.

Nicht lange danach fragte mich eine vielbeschäftigte Ausüberin der Christlichen Wissenschaft, ob sie gelegentlich jemandem, der sie um Hilfe bat, meinen Namen geben könne, wenn es ihr gerade nicht möglich wäre, dem Betreffenden zu helfen. Da ich mich an mein besseres Verständnis der goldenen Regel erinnerte, sagte ich, sie könne das tun.

Monate vergingen. Ich hatte die Vereinbarung beinahe vergessen. Dann kam eines Tages mitten im Sommer ein Anruf. Den ganzen Tag über war ich wegen verschiedener Enttäuschungen unglücklich gewesen, und jemandem durch Gebet zu helfen war wohl das letzte in der Welt, wozu ich mich zu dem Zeitpunkt imstande oder bereit fühlte.

Als ich jedoch den Hörer abnahm, fragte mich die Stimme am anderen Ende als erstes: „Sind Sie Ausüberin der Christlichen Wissenschaft?“ Plötzlich erinnerte ich mich an die Vereinbarung und antwortete, jedoch ohne große Überzeugung: „Ja, das bin ich — zumindest bin ich Christliche Wissenschafterin.“ Es war die Stimme einer Frau. Sie schien den Tränen nahe zu sein. Sie rief für ihren Mann an, der seit einiger Zeit eine Verengung in der Kehle hatte, die ihn am Sprechen hinderte. Sie schien Angst zu haben. Würde ich ihm helfen? Ich sagte, ich würde es tun.

Da ich die Frau nicht kannte, fragte ich sie, ob sie eine Bibel habe, was sie bejahte. So forderte ich sie auf, ihrem Mann den 23. Psalm vorzulesen und dabei das Worte Liebe, ein Synonym für Gott, überall dort einzusetzen, wo auf den Herrn Bezug genommen wird. Sie sagte, sie werde das tun. Wir vereinbarten, am nächsten Morgen wieder miteinander zu sprechen.

Als ich den Hörer auflegte, dachte ich: „Worauf habe ich mich da eingelassen? Wie kann ich denn jemand anders helfen? Ich bin schon den ganzen Tag so niedergedrückt, daß ich jemanden bitten sollte, mir zu helfen.“

Während ich still in meiner Küche saß und das Abendessen beendete, begann sich mein Denken zu ändern. Ich mußte daran denken, wie ich die Vereinbarung mit der vielbeschäftigten Ausüberin getroffen hatte. Ganz besonders erinnerte ich mich an die goldene Regel. Irgendwann kam mir dann ein guter Gedanke: „Wenn Gott verlangt, daß ich anderen Menschen helfe, muß Er mir auch die Fähigkeit dazu geben.“ Ich sah ein, daß ich diese Fähigkeit besaß, auch wenn meine Gefühle das Gegenteil behaupteten. Ich wußte, daß Gott völlig gerecht ist und nicht mehr von mir forderte, als ich tun konnte. Ferner wurde mir klar, daß Er, und nicht ich, der Heiler war.

Ich ging ins Wohnzimmer und setzte mich auf die Couch. „Ich soll also eine Ausüberin sein“, dachte ich. „Was mache ich nun?“ Ich erinnerte mich daran, daß Mrs. Eddy ein Kapitel über „die Betätigung der Christlichen Wissenschaft“ in Wissenschaft und Gesundheit mit aufgenommen hatte. Ich schlug es auf und begann zu lesen.

Es beginnt mit einer genauen Nacherzählung des Vorfalls, als Christus Jesus im Hause Simons, des Pharisäers, zu Gast war und eine Frau, bei der es sich nach späterer Überlieferung um Maria Magdalena handelte, ungeladen hereinkam. Siehe Lk 7:36-50. Sie badete Jesu Füße mit ihren Tränen und salbte sie dann mit Öl. Als ich die Geschichte las, wurde mir klar, daß sie von entscheidender Bedeutung war — daß sie eine tiefe geistige Wahrheit darstellte, die für die Ausübung der Christlichen Wissenschaft grundlegend ist.

Es schien mir, daß Mrs. Eddy in diesem Kapitel die Einstellung der Magdalena dem Christus gegenüber hervorhob. Hier war eine Frau, eine ehemalige Sünderin, die ihren Lebenswandel bereute und Vergebung suchte. Ihre gedankliche Einstellung, ihre Reue und Demut, wurden dem Ausüber der Christlichen Wissenschaft empfohlen. Selbst ein „Sünder“ kann die Christliche Wissenschaft ausüben, vorausgesetzt, daß er vollständig bereut — das schien dieser Teil des Kapitels zu besagen. Dieser Gedanke tröstete mich.

Jesus sagte, daß der Frau die Sünden vergeben waren, weil sie „viel Liebe gezeigt“ hatte. Durch ihre Liebe hatte sie Vergebung erlangt. In Wissenschaft und Gesundheit finden wir folgende Erklärung: „Besitzt der Wissenschafter christliche Liebe genug, um seine eigene Vergebung und solches Lob zu gewinnen, wie der Magdalena von Jesus zuteil wurde, dann ist er Christ genug, um sich wissenschaftlich zu betätigen und mit seinen Patienten erbarmungsvoll zu verfahren, und das Ergebnis wird mit dem geistigen Vorhaben übereinstimmen.“ Science and Health (Wissenschaft und Gesundheit), S. 365: "If the Scientist has enough Christly affection to win his own pardon, and such commendation as the Magdalen gained from Jesus, then he is Christian enough to practise scientifically and deal with his patients compassionately; and the result will correspond with the spiritual intent.”

Ich las nicht weiter. Ich sah deutlich, was ich tun mußte. Ich selbst mußte durch christliche zuneigung Vergebung finden, um mich wissenschaftlich betätigen zu können. Wie konnte ich aber meine eigene Vergebung erlangen? Indem ich genau das tat, was die Magdalena getan hatte; indem ich mich in Demut und Reue beugte und die tiefe, geistige Liebe zu Gott — die wahre Christlichkeit ist — alles Gott Unähnliche aus dem menschlichen Bewußtsein wegschwemmen ließ. Etwa eine Stunde lang hatte ich das Gefühl, geistig getauft zu werden, als legte ich alle Unreinheiten ab und beugte mich Christus, der Wahrheit. Als ich die Gegenwart Gottes zu spüren begann, sah ich meinen Patienten deutlicher — ich sah uns beide vom Geist des Christus berührt, vergeben, emporgehoben und geheilt. Als ich an jenem Abend zu Bett ging, war ich glücklicher, als ich mich seit Tagen gefühlt hatte.

Am nächsten Morgen sprach ich mit der Frau des Patienten. Sie sagte, ihr Mann habe am frühen Abend ziemlich zu kämpfen gehabt, aber später habe sich die Situation gebessert. Dann sagte sie: „Warten Sie einen Moment. Ich hole ihn. Er wird selbst mit Ihnen sprechen.“ Und er kam ans Telefon und sprach mit mir und dankte mir für alles, was ich getan hatte. Sie können sich vorstellen, wie dankbar ich dem einen guten und großen Gott war, der „heilet alle deine Gebrechen“ Ps 103:3.. Aber ich war weniger von der Heilung beeindruckt — die ich letzten Endes doch erwartet hatte — als von etwas anderem.

Da hatte ich mich zuvor den ganzen Tag niedergedrückt, unwürdig und unnütz gefühlt. Aber nicht einen Augenblick lang hatten Gott und Sein Christus mich verlassen. Ich brauchte nur für das Gute empfänglich zu sein, das schon vorhanden war. Ich glaube nicht, daß ich mich jemals wieder zu dem Gedanken verleiten lasse, ich sei nicht gut genug, um anderen zu helfen.

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