In einer Welt, wo Grenzkonflikte und Streitigkeiten zwischen Bevölkerungsgruppen an der Tagesordnung zu sein scheinen, freut man sich, wenn man ein Gebiet findet, in dem Frieden unter den Völkern die Regel ist. Die längste, unbefestigte Grenze der Welt besteht zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika. Kooperation und gegenseitiges Interesse kommen symbolisch in einem gemeinsamen Naturschutzgebiet zum Ausdruck, dem „Waterton/Glacier International Peace Park“, dessen Gipfel und Täler sich zu beiden Seiten der Grenze zwischen der kanadischen Provinz Alberta und dem US-Bundesstaat Montana erstrecken. Der vor 57 Jahren gegründete Park liegt im Westen der fast 6500 Kilometer langen Grenze zwischen diesen beiden Ländern.
In der Informationsschrift über den Waterton/Glacier-Park werden die Besucher aufgefordert, die unberührte Schönheit seiner Seen und Berge, seiner Tier- und Pflanzenwelt zu genießen und Frieden zu finden. „Wir schmunzeln über die verschiedenen Dialekte und erfreuen uns an den Unterschieden und Ähnlichkeiten der beiden Länder“, liest man in der Broschüre. Und es wird hinzugefügt: „Unser Frieden reicht für alle. Nehmen Sie ein wenig davon mit nach Hause.“ Waterton / Glacier Guide, Juli 1988.
Die Lehren Christi Jesu sprechen von Gottes friedevollem Reich. Wenn wir diese göttliche Wirklichkeit besser kennenlernen, wird uns klar, daß sich alle Menschen durch den Christus, den Jesus verkörperte, einer gemeinsamen Verbundenheit in Gott erfreuen können. Jesus brachte die Einheit ans Licht, die jetzt zwischen Gott und Seiner Idee, dem Menschen, besteht. Wenn wir also beginnen, uns selber nicht als einander bekriegende Sterbliche, sondern als Mitglieder einer geistigen Familie zu betrachten, in der Gott unser Vater ist, dann helfen wir beim Aufbau einer Zivilisation, in der Streit und Konflikt nicht ewig andauern können. Die Tatsache, daß wir Brüder und Schwestern in Christus sind, tritt mehr und mehr in Erscheinung.
Der Apostel Paulus erklärt in seinem Brief an die Christen in Ephesus: „Jetzt aber in Christus Jesus seid ihr, die ihr einst Ferne wart, Nahe geworden durch das Blut Christi. Denn er ist unser Friede..." Eph 2:13, 14. Durch christliches Leben und echtes Mitgefühl für andere fangen wir an, umfassender zu lieben. Liebe, die gelebt wird, reißt die Schranken nieder, die einzelne Menschen und Völker voneinander trennen und gegeneinander abgrenzen, und führt zum Frieden.
Wenn wir durch Christus ein tieferes Verständnis unserer eigenen Einheit mit Gott gewinnen, wird unser Denken andere mehr einschließen anstatt ausschließen. Paulus zeigt, wie dieser Vorgang der Vergeistigung des Denkens aussieht. Durch den Christus, erklärt Paulus, haben wir alle „in einem Geist den Zugang zum Vater“. Ermutigend fährt er fort: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ Eph 2:18, 19.
Paulus verstand, daß wir alle als Bürger des Reiches Gottes durch ein gemeinsames Band miteinander verbunden sind. Er zeigt, daß es möglich ist, die von menschengemachten Systemen auferlegten Grenzen zu überschreiten, die die Menschen nach Rasse, Nationalität und Sprache einordnen. In Gottes Familie können wir einen umfassenderen geistigen Begriff von Staatsbürgerschaft Finden.
Als „Gottes Hausgenossen“ haben wir alle die gleichen Rechte als Söhne und Töchter des einen Vaters. Wenn wir unseren Platz in dieser alles umfassenden Hausgemeinschaft finden, verlieren wir genausowenig unsere Individualität, wie wir sie im Kreise unserer eigenen Familie verlieren. Vielmehr wird jedes Familienmitglied angehalten, seine ganz besonderen Fähigkeiten als Gottes Kind zu entwickeln, das immerdar von der göttlichen Liebe gehegt und gestärkt wird.
Gewöhnlich werden Grenzen errichtet, um die Interessen einer Gruppe gegen eine andere zu schützen. Allzuoft sind Furcht, Habgier und Mißtrauen die Schranken, die überwunden werden müssen. Diese mentalen Grenzen können abgebaut werden, wenn wir in uns das Selbstvertrauen finden, uns als Mitglieder einer geistigen Familie zu sehen, in der Gott unser Vater ist. Dann spüren wir die Regierung des göttlichen Gesetzes — des Gesetzes Gottes, des Prinzips —, das die Rechte jedes einzelnen schützt, und wir erfreuen uns einer größeren Freiheit.
Mrs. Eddy ermutigt die Menschen, ihre Freiheit von der Sklaverei menschengemachter Systeme zu beanspruchen. Sie schreibt: „Bürger der Welt, nehmt die herrliche, Freiheit der Kinder Gottes‘ an und seid frei! Das ist euer göttliches Recht.“ Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 227.
Eine Welt ohne Konflikte mag für viele noch ein weitentfernter Traum sein, aber Schritt für Schritt wird ein erweitertes geistiges Wahrnehmungsvermögen dazu beitragen, das gegenseitige Erfahrungen unter den Völkern zu fördern — den Austausch gemeinsamer Erfahrungen und die Achtung der Belange und Interessen des anderen. Christus — eine im menschlichen Bewußtsein wirkende Kraft — öffnet verschlossene Gemüter und Herzen für die unendlichen Möglichkeiten des Seins, wenn Lebenswandel und Denken in Übereinstimmung mit Gottes Gesetz der Harmonie und des Friedens gebracht werden.
Wir können damit rechnen, daß wir Gebiete sehen werden, wo sich die Konflikte zwischen den Völkern lösen. Zum Beispiel spricht man heute in Europa vom Jahr „1992“. Für dieses Jahr planen die zwölf Mitgliedsländer der Europäischen Gemeinschaft die Einrichtung eines einheitlichen Binnenmarktes und die Einführung eines einheitlichen Passes für alle Mitgliedsstaaten. Vor 50 Jahren wären solche Pläne unvorstellbar gewesen!
Wenn wir das Gebet des Herrn beten, lernen wir, uns täglich als geistige Söhne und Töchter Gottes zu betrachten und einander auf diese Weise anzuerkennen. Dadurch werden wir das Herannahen des Tages beschleunigen, wo alle Völker sich als freie Bürger im Reich Gottes erkennen und in einer Welt leben, in der es keine Schranken für dauernden Frieden gibt.
